Dax-Vorschau Schuldenkrise setzt Anlegern zu
16.07.2011, 15:36 UhrInvestoren am deutschen Aktienmarkt brauchen starke Nerven. Solange keine Lösung für die Schuldenkrise gefunden wird, dürfte der Dax seine Berg- und Talfahrt auch in der kommenden Handelswoche fortsetzen.
Die Staatsverschuldung in den USA und Europa könnte nach Einschätzung von Börsianern in den kommenden Handelstagen für negative Überraschungen sorgen. Positive Nachrichten zur Konjunktur in Amerika könnten durch die Schuldenkrise überschattet und zur Randnotiz werden. Mit Spannung schauen die Märkte daher auch auf den Euro-Schuldengipfel am Donnerstag, bei dem sich die Euro-Staatenlenker auf ein neues Hilfspaket für Griechenland einigen wollen.
"Die nervöse Schaukelbörse dürfte sich zunächst fortsetzen", heißt es bei Experten der LBB. Andreas Hürkamp von der Commerzbank rechnet mit Schwankungen des Dax zwischen 7000 und 7500 Punkten. "Einen neuen Aufwärtstrend am deutschen Aktienmarkt wird es wohl nur geben, wenn für die Schuldenkrise in der Eurozone eine überzeugende, nachhaltige Lösung gefunden wird". Am Freitag ging der Dax mit 7220 Punkten aus dem Handel und verlor damit auf Wochensicht 2,5 Prozent.
Zum Wochenauftakt haben die Märkte dann erstmals die Möglichkeit, auf die Ergebnisse des europäischen Bankenstresstests zu reagieren. Angesichts vergleichsweise weniger Wackelkandidaten, gerade am deutschen Finanzmarkt, und ohnehin schwelender Zweifel an der Aussagekraft der Ergebnisse könnten die Auswirkungen jedoch übersichtlich bleiben.
In den USA werden Immobiliendaten den Trend setzen - am Dienstag die Statistik zu den Wohnbaubeginnen, am Mittwoch der Absatz bestehender Eigenheime. Neben der hohen Arbeitslosigkeit bremst vor allem der schwache Häusermarkt die US-Konjunktur. Sollte die Belebung weiter auf sich warten lassen, könnte die US-Notenbank nach Einschätzung von Börsianern ein drittes Mal seit der Lehman-Pleite ein Anleihen-Rückkaufprogramm auflegen, um damit der Konjunktur unter die Arme zu greifen.
Für Gesprächsstoff dürfte am Donnerstag aber auch der sogenannte Philly-Fed-Index sorgen, das Industrie-Barometer der Federal Reserve Bank of Philadelphia. Als Frühindikator könnte er die Hoffnung nähren, dass es den USA im zweiten Halbjahr besser ergehe, so Tobias Basse von der NordLB. Im Juni hatte der Index für Enttäuschung gesorgt: Er war wider Erwarten ins Minus gerutscht.
Auch in Deutschland rücken Konjunkturdaten in den Blick: Nach dem ZEW-Konjunkturindex für Juli am Dienstag steht am Mittwoch der Ifo-Geschäftsklimaindex an. Sollten die Daten die positive Konjunkturentwicklung der größten Volkswirtschaft der Euro-Zone bestätigen, könnte Experten zufolge das an den Märkten auch negativ aufstoßen. Denn dies würde zeigen, dass die Schere in Europa immer weiter auseinandergeht. Commerzbank-Experte Ralph Solveen erwartet allerdings, dass die Frühindikatoren im Juli gefallen sind. Am deutlichsten dürfte seiner Meinung nach das Minus des ZEW ausfallen angesichts der Ängste um die Staatsfinanzen Italiens.
Bilanzsaison startet durch
Zugleich nimmt die US-Bilanzsaison Fahrt auf: Unter anderem legen IBM am Montag, Goldman Sachs und Bank of America sowie Apple und Coca Cola am Dienstag, Ebay und Intel am Mittwoch, Microsoft am Donnerstag und General Electeric (GE) am Freitag ihre Zwischenergebnisse vor. Für die deutsche Unternehmenswelt sind vermutlich die Zahlen von Goldman Sachs am wichtigsten. Sie könnten Börsianern zufolge vor allem bei der Bewertung der Geschäfte der Deutschen Bank helfen.
Auch in Europa berichten die ersten größeren Unternehmen über ihre Geschäftsentwicklung. Die Zahlen von Philips könnten - ähnlich wie die von GE - den Siemens-Kurs bewegen. Am Donnerstag wird dann für Nokia erneut die Stunde schlagen. Der Handyhersteller dürfte nach Einschätzung von Analysten einen Quartalsverlust ausweisen. Hauptgrund für die Schwierigkeiten der Finnen ist der fallende Marktanteil.
An den Devisenmärkten dürfte die Schuldenkrise in der neuen Woche für anhaltenden Druck auf Dollar und Euro sorgen. Gewinner werden dann nach Einschätzung von Commerzbank-Expertin Antje Praefcke weiter der Schweizer Franken und der japanische Yen sein. Auch die am Freitagabend veröffentlichten Stresstests der europäischen Banken könnten dem Euro zusetzen. Bereits vor Veröffentlichung der Daten herrschte Nervosität. Anleger machten einen Bogen um die Gemeinschaftswährung, die zum britischen Pfund auf ein Ein-Monats-Tief sackte.
Quelle: ntv.de, nne/rts