Inside Wall Street Schwierige Woche
05.01.2009, 15:45 UhrProst Neujahr doch jetzt droht der Kater. Die amerikanischen Börsen haben das neue Jahr mit einer tollen Rally begonnen: Um satte 3 Prozent verbesserten sich die Indizes am ersten Handelstag. Doch schon in der ersten vollen Handelswoche könnten die jüngsten Gewinne wieder kippen. Eine Datenflut in den nächsten Tagen dürfte Anleger auf den Boden der Realität zurückholen.
Gleich zu Wochenstart dürfte es den ersten Dämpfer geben: Am Montag melden die Autobauer ihre Dezember-Umsätze. Wer da irgendwelche guten Nachrichten erwartet, ist naiv. Branchen-Experten gehen davon aus, dass GM und Ford auf Umsatzeinbrüche von rund 35 Prozent blicken, Chrysler auf ein Minus von 46 Prozent.
Die Aussichten für die "großen Drei" sind nicht besser. Vor allem nicht für General Motors, wo doch Anleger so viel Hoffnung in die Aktie hatten. Zuerst gab es eine Milliardenspritze für den Konzern, danach eine weitere für die Finanztochter GMAC - bis auffiel, dass die wahrscheinlich gar nichts bringt. GM kann seinen Kunden nun zwar wieder Finanzierungen anbieten, doch fehlt es zunächst einmal an Kunden keiner will GM-Wagen kaufen, auch auf Kredit nicht. Überhaupt: Inmitten einer historischen Kreditkrise hat auch der dümmste Amerikaner begriffen, dass "auf Pump" nicht mehr geht. Der neue zinsfreie 5-Jahres-Kredit für Neukunden dürfte daher kaum Erfolg haben.
Abgesehen vom Automobilsektor stehen in den nächsten Tagen weitere unschöne Unternehmenszahlen bevor. Ein ganzer Schwung kommt aus dem Einzelhandel. Wer vor, um und nach Weihnachten in den Malls unterwegs war, weiß bereits, wie diese ausfallen werden. Die Geschäfte waren weitgehend leer; Passanten in den Einkaufsstraßen waren meistens nur zum Schaufensterbummeln gekommen - schwer gefüllte Tragetaschen sah man kaum.
Dass dies ein lange anhaltendes Phänomen sein dürfte, liegt am Arbeitsmarkt, der sich zunehmend verschlechtert. Auch dazu gibt es in dieser Woche Zahlen. Wer sich zuletzt über einen - von Experten umstrittenen - Rückgang bei den Erstanträgen gefreut hat, dürfte am Freitag wieder zusammenzucken, wenn die Arbeitslosenquote bekannt wird. Zumindest hier kündigt sich Abhilfe an: Barack Obama dürfte ein Milliarden schweres Investment-Paket für die US-Infrastruktur schon in den ersten Wochen seiner Amtszeit auf den Weg bringen; das könnte zigtausende von Arbeitsplätzen schaffen.
Selbst diese Maßnahme dürfte aber frühestens im zweiten Halbjahr zu spüren sein; im ersten Halbjahr wird es die Börse weiter schwer haben. Von einer ansehnlichen Rally an Neujahr dürfen sich Anleger also nicht täuschen lassen. Die nächsten Wochen und Monate werden für die Wall Street ein harter Kampf. Und dass zur Zeit nur 6 Prozent der befragten Experten an weitere Kurseinbrüche im laufenden Jahr glauben, heißt nicht, dass sich diese nicht einstellen können. An der Börse hat nicht immer die Mehrheit recht.
Quelle: ntv.de