"Wir wissen es einfach nicht" US-Börsen bangen um Rom
06.11.2011, 12:00 Uhr
(Foto: REUTERS)
Die Unwägbarkeiten der Schuldenkrise sind auch mit zunehmender Entfernung nicht einfacher zu überblicken: An der New Yorker Wall Street gestehen Beobachter offen ihre Ratlosigkeit ein. Wie stark belasten die Probleme der Europäer die US-Aktienmärkte? Oder kommt Amerika doch besser weg als bislang befürchtet?
Griechenland und die europäische Schuldenkrise lassen die Wall Street einfach nicht los. Auch in der kommenden Woche bestimmt Europa nicht nur den Handel auf dem heimischen Kontinent sondern auch in den USA.
Anlegern bleibt wohl nur, sich auf Chaos einzustellen und so gut wie möglich durch die turbulenten Zeiten zu manövrieren. Sicher ist nur, dass nichts sicher ist, lautet das Motto. Eine bestimmte Richtung vorauszusehen ist nicht mehr möglich. "Es geht die ganze Zeit nur um Europa, es sei denn man hört mal etwas anderes", sagte Risikomanager Steve Sosnick von Timber Hill/Interactive Brokers Group.
Von der überstandenen Vertrauensabstimmung des griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou sind nur wenige Impulse zu erwarten. Es bleibe dennoch unklar, von wem das Land künftig geleitet wird. Er sei zu Gesprächen über eine neue Regierung und zum Abgang bereit, hatte Papandreou erklärt.
Zudem hat Europa nicht nur die Griechenland-Krise zu bewältigen. Es muss vermieden werden, dass andere Länder wie Italien in den Strudel geraten. Analysten fällt eine Richtungsbestimmung für den Markt daher noch schwerer als sonst. "Es gibt noch sehr viele Risiken. Wir wissen es einfach nicht", sagte Thomas Roth von Mitsubishi UFJ Securities USA.
Risikofaktor Italien
Italien wird künftig seine Reformbemühungen zum Abbau der immensen Schuldenlast zusätzlich zur EU auch vom Internationalen Währungsfonds (IWF) kontrollieren lassen. Diese Zusagen von Ministerpräsident Silvio Berlusconi könnten angesichts der zunehmenden Revolte im eigenen Lager für sein politisches Überleben womöglich irrelevant werden.
In dem europäischen Chaos klammern sich US-Anleger inzwischen an Strohhalme. Obwohl der nicht recht in Schwung kommt, zogen sie aus dem Bericht am Freitag auch positives. Ein Lichtblick war die leicht auf 9,0 Prozent gesunkene Arbeitslosenquote. Das Tempo des Jobaufbaus ist bislang aber immer noch viel zu niedrig.
Solide Quartalsergebnisse
"Ich beobachte derzeit, dass sich bei den Investoren die Ansicht zu festigen scheint, dass sich die US-Wirtschaft trotz der Schwierigkeiten in Europa ganz gut halten könnte", sagte Natalie Trunow, Chef-Investmentstrategin bei Calvert Investment Management.
Auch von Unternehmensseite kam ein bißchen Unterstützung für den Markt. Bislang haben 433 der 500 im S&P-Index gelisteten Unternehmen ihre vorgelegt. 70 Prozent von ihnen haben besser abgeschnitten als von Marktexperten gerechnet.
Die Hoffnung liegt jetzt darauf, das auch die restlichen - darunter einige große Einzelhändler wie das Kaufhaus Macy's am kommenden Mittwoch - dem Trend folgen. Vor allem erste Einschätzung des wichtigen Weihnachtsgeschäfts sind von Interesse.
Quelle: ntv.de, rts