Wall-Street-Vorschau US-Börsen erwarten hartes Jahr
31.12.2011, 18:01 Uhr
Kehraus an der Börse: Der S&P-500 schließt das Jahr mit einer Punktlandung ab.
(Foto: dpa)
Nach einem außergewöhnlich ereignisreichen Börsenjahr kommt es an der New Yorker Wall Street zu einem seltenen Ereignis: Der breit angelegte S&P-500 schließt auf Zwölfmonatssicht nahezu unverändert. Mit flackernden Blicken schauen US-Börsianer in die Zukunft: 2012 stehen Wahlen an. Die alten Probleme bleiben.
Ein neues Jahr - alte Themen: Die Wall Street wird sich auch 2012 mit altbekanntem Problemen beschäftigen müssen. Die Schuldenkrisen in Europa, die desolaten Staatsfinanzen der Vereinigten Staaten, politische Unruhen in der Welt und die sinkende Kreditwürdigkeit großer Industrienationen hielten die US-Börsen 2011 in Atem. Im neuen Jahr wird es Investoren zufolge nicht viel anders. "Es wird zunehmend realisiert, dass die Weltwirtschaft in Gefahr ist", meint zum Beispiel Bruce Bittles, Chef-Investmentstratege bei Robert W. Baird. "In jedem Winkel dieser Erde gibt es Unsicherheiten."
Sollten sich beispielsweise Italien und Spanien im kommenden Jahr weiterhin nur zu extrem hohen Zinsen frisches Kapital am Markt besorgen können, könnte das Ansicht mancher Marktteilnehmer die Krise in Europa weiter verschärfen. Zudem steht die Entscheidung der Ratingagentur Standard & Poor's ( ) zur Kreditwürdigkeit der Euro-Staaten noch aus. S&P hatte damit gedroht, 15 Länder der Währungsunion herabzustufen und im Zuge dessen auch Deutschland und Frankreich ihre Bestnote zu entziehen.
Wahlen, Schulden und Blanzen
Selten hat Europa so viel Einfluss auf die Leitbörsen der USA und damit der Welt gehabt wie 2011. Dabei läuft es im eigenen Land auch nicht rund. Im August bereits verloren die USA bei S&P ihre Bestnote von "AAA". Grund war die eigene . Dreimal wurde in diesem Jahr eine drohende Pleite der US-Regierung nur knapp abgewendet. Die festgefahrene Situation im US-Kongress - im Repräsentantenhaus haben die Republikaner die Oberhand - wird sich Investoren zufolge wohl nicht lösen, sondern vor den im November 2012 eher weiter verkeilen.
Steuer- und Regulierungsfragen seien weiter offen und verhinderten somit die Neugründung von Unternehmen und Wirtschaftswachstum, sagt Brian Battle, Händler bei Performance Trust Capital. Weitere Aufschlüsse über die Lage der US-Wirtschaft sind gleich in der ersten Januarwoche zu erwarten. Am Freitag steht der Bericht zum für Dezember an. Im Vorfeld befragte Analysten rechnen mit 150.000 neuen Stellen. Im November wurden 120.000 Arbeitsplätze neu geschaffen. Mit Spannung erwarten Anleger auch die neuen Quartalsberichte, deren Veröffentlichung noch im Januar ansteht. Zuletzt haben weitaus mehr Firmen ihre Prognosen gesenkt als erhöht.
Seltenes Phänomen an der Wall Street
Da der Dow-Jones-Index der Standardwerte das von Euro-Krise und schwächelnder US-Konjunktur gezeichnete Jahr im Gegensatz zum Dax immerhin 5,5 Prozent besser als 2010 beendete, haben die Anleger eine Hoffnung: Die USA könnten immer noch als sicherer Hafen gelten. Allerdings schnitt die Nasdaq um knapp zwei Prozent schlechter ab und der breit angelegte S&P-500 bewegte sich im Vergleich zum Vorjahr praktisch nicht. Eine solche Jahresbilanz hatte es seit 1970 so nicht mehr gegeben.
Am letzten Handelstag 2011 hatte die Wall Street bei äußerst dünnen Umsätzen Verluste verbucht; Der Dow-Jonds-Index gab knapp 0,6 Prozent auf 12.217 Punkte ab. Der breiter gefasste S&P-500 verlor 0,4 Prozent auf 1257 Zähler, der Index der Technologiebörse Nasdaq wich 0,3 Prozent auf 2605 Stellen zurück. Der Dax schloss mit einem Plus von 0,9 Prozent bei 5898 Punkten.
Händler sagten, da es zwischen den Jahren so gut wie keine marktbewegenden Nachrichten gegeben habe, hielten sich die Anleger zurück. Zahlreiche Marktteilnehmer waren zwischen Weihnachten und Neujahr im Urlaub, weshalb das Handelsvolumen gerade einmal etwa die Hälfte dessen erreichte, was im Schnitt üblich ist. Erst kommende Woche sei wieder mit mehr Aktivität zu rechnen, sagte Tom Donino von First New York Securities.
Auch dann dürften die Anleger weiter von einer ähnlichen Themenpalette umgetrieben werden, die bereits 2011 zu solch einem turbulenten Börsenjahr gemacht hatte. Neben Euro-Krise und der schwachen US-Konjunktur hatten unter anderem die Debatte um die amerikanische Schuldenkrise, Bedenken wegen der wirtschaftlichen Entwicklung in China, die Unruhen in der arabischen Welt sowie folgenschwere Naturkatastrophen wie das Erdbeben und der Tsunami in Japan für Aufregung gesorgt.
Fast Food rentiert sich
Viele Anleger zogen es deshalb vor, auf die Papiere von Großkonzernen zu setzen, bei denen sie sich sicherer wähnten. Davon profitierte vor allem der Dow, wo McDonald's mit einem Jahresplus von etwa 30 Prozent als bester Einzelwert abschnitt. Der S&P-500 verlor auf das Jahr gesehen 0,003 Prozent. Rein statistisch lässt das für 2012 hoffen, wie Jason Goepfert von SentimenTrader.com erläuterte: "Alles in allem, lief es gut in den Jahren nach solchen Jahren mit geringen Änderungen". Der Dax hatte eines der schlechtesten Jahre seiner Geschichte mit einem Minus von rund 15 Prozent abgeschlossen.
Zu den auffälligeren Werten des letzten Handelstages 2011 zählten vorübergehend die Papiere von Ford, die 0,7 Prozent zulegten. Der US-Autobauer hatte erklärt, in diesem Jahr in den USA erstmals wieder seit 2007 mehr als zwei Millionen Fahrzeuge verkauft zu haben. 2010 waren es 1,9 Millionen gewesen.
An der New York Stock Exchange wechselten rund 590 Mio. Aktien den Besitzer. 1418 Werte legten zu, 1566 gaben nach und 110 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,09 Mrd. Aktien 1191 im Plus, 1389 im Minus und 126 unverändert.
Nach dem letzten Handelstag konnten sich die Händler an der Wall Street auf ein verlängertes Wochenende zum Jahreswechsel freuen: Weil der Neujahrstag auf einen Sonntag fällt, wird der Feiertag am Montag nachgeholt und der US-Handel erst am Dienstag wieder aufgenommen.
Quelle: ntv.de, mmo/rts