Marktberichte

"Der Rally muss man sich wohl beugen" Dax-Futures deuten Allzeithoch an

Fünf Jahre nach dem Lehman-Crash: Der Dax steht bei 8509 Punkten.

Fünf Jahre nach dem Lehman-Crash: Der Dax steht bei 8509 Punkten.

(Foto: dpa)

Am deutschen Aktienmarkt steht Anlegern ein starker Wochenstart bevor: Spekulationen um die künftige Fed-Spitze und das deutlich gesunkene Syrien-Risiko dürften die Kurse Börsianern zufolge beflügeln.

Der Dax dürfte nach Einschätzung von Beobachtern in Banken und Brokerhäusern mit deutlichen Kursgewinnen in den Handel starten: Die Dax-Futures markierten am Morgen bereits ein neues Allzeithoch. Der September-Dax gewinnt eine gute Stunde vor Börsenstart 102 Zähler auf 8619,5 Punkte. Damit hat er das bisherige Hoch von 8561 Punkten deutlich hinter sich gelassen und die Konsolidierung der vergangenen Monate beendet.

In einer Blitzumfrage am Morgen rechneten zehn befragte Marktteilnehmer fest mit einem neuen Rekordhoch im Leitindex: Im Schnitt prognostizieren die befragten Beobachter einen Dax-Stand von 8588 Punkten zum Xetra-Schluss. Das entspricht einem Plus von 0,9 Prozent und wären 30 Punkte mehr als das bisherige Dax-Hoch vom 22. Mai. Bis auf einen Händler, der den Dax am Ende des Tages unverändert sieht, sagen alle Befragten Kursgewinne voraus. Die Spanne der Prognosen reicht von 8509 bis zu 8700 Punkten.

Verwunderung äußerten einzelne Händlern angesichts von Schätzungen, die den deutschen Leitindex über der Marke von 8600 Punkten sehen. "Das erscheint mir etwas zu bullish, aber der Rally muss man sich heute wohl beugen", sagte ein Händler. Sollten sich die Indikationen bewahrheiten und nicht nur der Dax, sondern auch der S&P-500 auf neue Höchstkurse steigen, dann werde bei einigen Marktteilnehmern "Kaufdruck" aufkommen.

Wer zuletzt auf eine Konsolidierung oder gar eine Korrektur gesetzt habe, sehe sich nun einem davonlaufenden Markt gegenüber und gerate unter Handlungsdruck. "Das dürfte die Rally zu einem Selbstläufer machen", meinte ein anderer Broker. An der Eurex hätten sich Anleger am Freitag abgesichert, auch das spreche für steigende Kurse am Kassamarkt. Das Put-Call-Ratio der Dax- und der Eurostoxx50-Optionen lag jeweils bei 1,7.

Lufthansa braucht neuen Chef

Auf Unternehmensebene dürften am Morgen die Aktien der Deutschen Lufthansa im Vordergrund stehen: Bei der größten deutschen Fluggesellschaft steht kurzfristig ein Fürhungswechsel an. Lufthansa-Chef Christoph Franz wechselt an die Spitze des Verwaltungsrats des Schweizer Pharmakonzerns Roche, wie die Lufthansa am Morgen bestätigt.

Das wichtigste außenpolitische Thema kommt aus Washington: Der frühere US-Finanzminister Lawrence "Larry" Summers hat überraschend seine Kandidatur für die Nachfolge von US-Notenbankchef Ben Bernanke zurückgezogen. Das Rennen um den Chefposten bei der US-Notenbank ist damit wieder offen. Summers sei "widerwillig zu dem Schluss gekommen", dass seine mögliche Ernennung eine "erbitterte" innenpolitische Debatte nach sich gezogen hätte "und nicht im Interesse der Federal Reserve, der Regierung oder letztlich im Interesse der laufenden wirtschaftlichen Erholung der Nation gewesen wäre", schrieb der frühere Finanzminister in einem Brief an US-Präsident Obama. Der wird sich nach anderen Nachfolger für Ben Bernanke umsehen müssen.

Zum Kreis der möglichen Kandidaten gehören die gegenwärtige Vize-Chefin der Fed, Janet Yellen und Donald Kohn, ein ehemaliger Vize-Chef der Fed. Der frühere Finanzminister Timothy Geithner hat indes offenbar kein Interesse. Für die Kritiker ist Summers ein Symbol für die verfehlte Finanzmarktregulierung geworden, die in ihren Augen zur verheerenden Finanzkrise geführt hat.

Viele Analysten rechnen nun Yellen die größten Chancen aus, Anfang nächsten Jahres Nachfolgerin von Bernanke zu werden. Investoren erwarten, dass unter Yellen die Fed ihre lockerere Geldpolitik länger verfolgen würde als unter Summers. Diese Hoffnung sorgte in Asien bereits für deutliche Kursgewinne in Seoul, Sydney und Hongkong.

Feiertag in Japan

Der Shanghai-Composite in China notiert dagegen nahezu unverändert. Die Börse in Tokio bleibt zu Wochenbeginn wegen eines Feiertages ("Tag der Ehrerbietung vor dem Alter") geschlossen. Optimistisch stimmten die Anleger zudem die Fortschritte in der Syrien-Krise: Kurz nach der Einigung zwischen den USA und Russland strebt Frankreich bereits bis zum Ende dieser Woche eine neue Syrien-Resolution des UN-Sicherheitsrats an.

Mit Blick auf den Wochenstart an den europäischen Börsen hieß es, die Spekulation um eine weiter lockere Geldpolitik in den USA könnte die Indizes auf neue Jahreshochs treiben. Der Eurostoxx50 dürfte das bisherige Jahreshoch bei 2856 Punkten nun auch nachhaltig und deutlich hinter sich lassen, der Dax könnte sogar sein Rekordhoch bei 8558 Punkten angreifen.

Auf die Sitzung der US-Notenbank dürfte die Nachfolge-Debatte zwar keinen Einfluss haben, erklärten Beobachter. Die Fed-Notenbanker dürften bei ihrem September-Treffen den Ausstieg aus den Anleihekäufen einleiten. Mittel- und längerfristig dürfte Yellen aber einen lockereren Kurs einschlagen als ein Notenbankpräsident Summers. "Der Markt erwartet nun, dass die Notenbankpolitik unter der nächsten Fed-Präsidentschaft mindestens so locker bleiben wird wie bisher", sagte Gregg Gibbs, Devisenstratege der RBS.

Hauptnutznießer ist am Morgen der Euro, der auf 1,3368 Dollar steigt. Auch die Feinunze Gold verteuert sich wieder und steht bei 1324 Dollar. Am Aktienmarkt dürften zinssensitive Branchen wie die Bankenaktien besonders profitieren.

Vor der Bundestagswahl könnte der deutsche Aktienmarkt unterdessen relative Schwäche zeigen. Nach der Landtagswahl in Bayern gilt es als noch unsicherer, ob die FDP den Wiedereinzug in den Bundestag schafft. Die Unsicherheit bezüglich der künftige Regierung könnte den Dax bremsen, hieß es am Markt.

Fraglich ist laut Händlern auch, ob der S&P-500 das Jahreshoch bei 1709 Punkten herausnehmen kann. Sollte er hängen bleiben, könnte schon bald die nächste Konsolidierungsschleife drohen. Neue Impulse werden am Nachmittag vom Empire State Manufacturing Index erwartet und von der Industrieproduktion in den USA.

Die Wall Street war am Freitag mit Gewinnen aus dem Handel gegangen. Der Dow-Jones-Index legte 0,5 Prozent, der S&P-500 0,3 Prozent und der Nasdaq-Composite 0,2 Prozent zu. Der Dax hatte sich 0,2 Prozent fester bei 8509 Punkten ins Wochenende verabschiedet.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts

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