Inside Wall Street Wal-Mart buhlt
17.03.2009, 15:33 UhrGute Ideen werden oft in der Krise geboren, und in der laufenden ist das nicht anders. Nicht dass man den Tag vor dem Abend loben wollte, doch vor allem im amerikanischen Einzelhandel zeichnet sich ab, dass die Unternehmen dem Kunden immer mehr entgegen kommen wollen. Vorreiter der neuen Welle ist - wie immer - Wal-Mart, wo Läden jetzt zielgruppengerecht werden.
Dabei war Wal-Mart bisher gerade der Einzelhändler, der am wenigsten zielgruppengerecht war. Von Küste zu Küste glichen sich die Läden wie ein Aldi dem nächsten, und das sparte der Konzernleitung bares Geld. Die selben Regale, die selben Produkte - die Masse machts. Und zahlt dafür einen geringeren Preis.
Diese Niedrigpreis-Politik hat sich ausbezahlt. Vor allem in den letzten Monaten, als immer mehr amerikanische Familien beim Einkaufen zurückfahren mussten. Einst spendable Käufer organischer Ware fanden sich bei Target - und ehemalige Target-Kunden bei Wal-Mart. Darunter gibt es preislich nicht viel. Einige Kunden fielen aber durch das Raster des US-Einzelhandels. Unter anderem die Einwanderer aus Süd- und Mittelamerika, obwohl die größtenteils im Niedrigpreissektor einkaufen und folglich bei Wal-Mart zuhause sein sollten.
Neues Konzept
Um diese schnellst wachsende demographische Gruppe buhlt Wal-Mart jetzt mit einem neuen Konzept und zwei Test-Läden in den Latino-Vierteln von Phoenix und Houston. Dort sollen noch im ersten Halbjahr zwei "Supermercado de Wal-Mart" eröffnen, die auf 4000 Quadratmetern spanisch ausgeschildert sein und hispanische Produkte führen sollen. Erfahrung mit dem Markt hat man: Mexiko und Lateinamerika sind die beiden erfolgreichsten Wachstumsmärkte für Wal-Mart außerhalb den USA.
Doch hier endet die neue Kunden-orientierte Strategie nicht. In Ohio und Pennsylvania, wo viele Amische wohnen, werden einige Läden innen und außen umgerüstet. Vor der Türe gibt es Anbindeplätze für die Pferdegespanne der Kunden, und im Sortiment sind einfache Stoffe und massive Eisblöcke - die Amischen nähen ihre Kleidung selbst und brauchen das Eis für ihre Boxen, die den elektrisch betriebenen Kühlschrank ersetzen.
Radfahrer willkommen
Eine weitere Zielgruppen-Initiative findet man in Highland Village im Bundesstaat Texas. Die Stadt hat einen außergewöhnlich hohen Anteil von Radfahrern - selten in den USA! - und auch auf deren Bedürfnisse stellt sich Wal-Mart ein. Mit Fahrradständern und dem bisher einzigen kompletten Fahrrad- und Reparaturgeschäft, das die Kette landesweit betreibt.
Auf große Fahrzeuge richtet man sich hingegen in Florida ein. Der Wal-Mart nahe Disney World in Orlando schafft auf dem Parkplatz Raum für Campingbusse und führt verstärkt britische Produkte. Briten stellen den größten Teil der Touristen, die jedes Jahr über die Micky-Maus-Welt einfallen und die man verstärkt für die Einkaufsmarke gewinnen will.
So sehr die Finanzkrise die Amerikaner belastet, so ist doch klar: Wenn einige Unternehmen die Krise nutzen um innovative Maßnahmen zu testen, dann hat zumindest das eine gute Seite.
Quelle: ntv.de