Wohin steuert Europa? Wall Street stellt sich der Angst
08.05.2012, 22:35 Uhr
(Foto: AP)
Investoren an der Wall Street sehen die Zukunft Griechenlands immer trüber und greifen statt zu Aktien lieber zu vermeintlich sicheren Staatsanleihen. Der Chef der radikalen Linken, der nun bei der Regierungsbildung am Ruder sitzt, gießt mit einer klaren Absage an Sparbemühungen neues Öl ins Feuer. Aber es gibt auch US-Quartalszahlen - und die eine oder andere Überraschung.
Die unklaren politischen Verhältnisse in Griechenland haben US-Anleger am Dienstag leicht verschreckt. Für zusätzlichen Unmut an den Märkten sorgte der Chef der radikalen Linken, Alexis Tsipras. Nachdem die Konservativen ihr Mandat zur Regierungsbildung zurückgegeben hatten, war er damit beauftragt worden und erklärte umgehend, dass die Zusagen seines Landes zum milliardenschweren Rettungspaket null und nichtig seien. "Griechenland ist momentan ein Zombie-Staat", sagte Rick Fier, Handelsmanager bei Conifer Securities. Es werde sehr schwierig für das Land, seine Schulden abzuzahlen - egal ob es in der Euro-Zone bliebe oder nicht.
Wegen der Angst vor einem Wiederaufflammen der Euro-Schuldenkrise gerieten besonders Werte unter Druck, die stark von der Konjunktur abhängig sind. Der S&P-Index für Konsumgüter verlor knapp zwei Prozent. Investoren wendeten sich verstärkt krisenfesteren Titeln aus dem Versorger- und Telekommunikationssektor zu.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss mit einem Abschlag von 0,6 Prozent bei 12.932 Punkten. Im Tagesverlauf pendelte er zwischen 12.810 und 13.000 Stellen. Der breiter gefasste S&P-500-Index schloss 0,4 Prozent schwächer bei 1363 Zählern. Der Index der Technologiebörse Nasdaq gab ebenfalls 0,4 Prozent auf 2946 Punkte ab. In Frankfurt ging der Dax mit einem Minus von 1,9 Prozent bei 6444 Punkten aus dem Handel.
Auch das drohende Auseinanderbrechen der Achse Paris-Berlin beim Kampf gegen die Überschuldung in Europa bereitete den Händlern Sorgen. Der neue französische Präsident Francois Hollande fordert, ein stärkeres Gewicht auf die Wachstumsförderung zu legen. Bundeskanzlerin Angela Merkel trat bisher vor allem für Haushaltsdisziplin als Mittel gegen die Schuldenkrise ein. "Das zieht das Ganze noch weiter in die Länge", sagte Mark Foster von Kirr Marbach & Co. "Damit sinken die Chancen, dass sich die Fortschritte, die es bisher gegeben hat, fortsetzen werden."
Schwache Bankenwerte
Zu den Verlierern gehörten Finanztitel, die in der Regel empfindlich auf Nachrichten zur Schuldenkrise reagieren. Bank of America gab 2,1 Prozent, Goldman Sachs 0,6 Prozent, Citigroup 1,1 Prozent und JP Morgan ein Prozent nach.
Die Anteilsscheine des Taschen- und Uhren-Herstellers Fossil brachen knapp 38 Prozent ein. Der Konzern kürzte seine Ergebnisprognose für 2012. Als Gründe nannte Fossil Schwächen im Europa-Geschäft und Kosten im Zusammenhang mit der Übernahme des dänischen Uhrmachers Skagen.
Mit Verkäufen reagierten die Händler auch auf einen Zwischenbericht der Fastfood-Kette McDonald's. Die Umsätze fielen im April nicht so aus wie gewünscht, die Aktie ließ über 2 Prozent Federn.
Electronic Arts verzeichneten einen Abschlag von 4,3 Prozent. Zwar lieferte der digitale Spieleanbieter überzeugende Viertquartalszahlen, allerdings verschreckte das Unternehmen die Anleger mit einem schwachen Ausblick.
Wendy's verloren 4,1 Prozent. Der Schnellrestaurant-Betreiber verfehlte im 1. Quartal die Erwartungen.
Walt Disney legten um 1,1 Prozent zu. Der Medien-Konzern wird nach dem Ende der Sitzung die Ergebnisse für das 2. Quartal bekannt geben. Es wird von Analysten hier mit einem Gewinn je Aktie von 0,55 Dollar gerechnet.
Quelle: ntv.de, rts/DJ