Autokrise trifft Chemieriesen BASF vergrätzt Optimisten
19.11.2008, 17:42 UhrDer Chemiekonzern BASF muss wegen des weltweiten Konjunktureinbruchs innerhalb von drei Wochen zum zweiten Mal seine Ergebnisziele senken. Zudem fährt der weltgrößte Chemiehersteller seine Produktion herunter und schließt auch Kurzarbeit nicht mehr aus. "Die BASF richtet sich auf harte Zeiten ein", räumte Konzernchef Jürgen Hambrecht ein.
Dem Nachfrageschwund will Hambrecht durch die vorübergehende Stilllegung von weltweit rund 80 Anlagen begegnen. Zudem soll die Produktion in gut 100 Anlagen gedrosselt und geplante Wartungsarbeiten vorgezogen werden. Weltweit seien 20.000 der rund 95.000 BASF-Beschäftigen von den Maßnahmen betroffen. Im Stammwerk Ludwigshafen sollen die Kürzungen gemäß einer Betriebsvereinbarung über Arbeitszeitinstrumente und Urlaub erfolgen. 5000 Beschäftigte seien hier betroffen.
An der Börse schockierte die erneute Gewinnwarnung die Anleger: Die BASF-Aktie brach zeitweise mehr als 18 Prozent ein und war damit streckenweise größter Verlierer im Dax. Am Ende des Tages ging das Papier mit einem Abschlag von 13,6 Prozent aus dem Handel.
Analysten erwarten keine rasche Besserung der Geschäftslage für BASF. "Wir rechnen wegen der geringeren Anlagenauslastung und Überkapazitäten im Markt mit erheblichem Druck auf die Gewinnmargen", kommentierte das Bankhaus Merck Finck.
Autobauer stornieren Aufträge
Nach Aussage von BASF-Chef Hambrecht hat sich seit Ende Oktober die Nachfrage in wichtigen Märkten nochmals deutlich verschlechtert. "Besonders Kunden aus der Automobilindustrie haben bereits erteilte Aufträge kurzfristig storniert", erklärte er die neuerliche Korrektur der Planung. Zudem hätten Abnehmer verstärkt ihre Vorräte abgebaut.
Daher werde es BASF nicht schaffen, im Gesamtjahr 2008 vor Sondereinflüssen den Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) des Vorjahres von 7,61 Mrd. Euro zu erreichen. Am Ziel, dieses Jahr mehr Umsatz zu erwirtschaften als die 57,95 Mrd. Euro 2007 hielt BASF dagegen fest.
Erneute Korrektur
Hambrecht hatte erst Ende Oktober die Ergebnisplanung nach unten gesetzt und angekündigt, es bedürfe erheblicher Anstrengungen um das Vorjahresergebnis zu erreichen. Dabei hatte der Manager wie zuvor schon US-Konkurrent Dow Chemical vor einer heraufziehenden Rezession gewarnt. Ursprünglich hatte BASF ein leichtes Ergebnisplus in diesem Jahr angepeilt.
Eine konkrete Prognose für 2009 wagte die BASF-Führung nicht. "Die Entwicklung im nächsten Jahr ist schwer einschätzbar", erklärte Hambrecht. Chemiefirmen spiegeln in ihren Geschäften wie kein anderer Industriezweig Konjunkturschwankungen wider, da sie sämtliche Branchen mit ihren Produkten beliefern. Auch die US-Konzerne DuPont und Celanese sowie das niederländische Chemieunternehmen DSM hatten wegen der deutlichen Konjunkturabkühlung ihren Geschäftsausblick für 2008 revidiert.
BASF kündigte an, jetzt noch stärker auf Kosten achten zu wollen. Die Produktion soll vor allem in Betrieben heruntergefahren werden, die für die Automobilindustrie, den Bau und die Textilbranche produzieren. Betroffen sind etwa Vorprodukte für Kunststoffe, Lacke und Fasern. Größtenteils seien die Schritte bereits eingeleitet worden. BASF weist darauf hin, sollten die Möglichkeiten flexibler Arbeitszeitgestaltung ausgereizt sein, sei an einzelnen Standorten Kurzarbeit nicht auszuschließen.
Die geplante Milliardenübernahme des Schweizer Spezialchemiekonzerns Ciba sieht BASF trotz der eingetrübten Geschäftsaussichten nicht gefährdet. Die Übernahme und Integration des Baseler Konzerns soll zügig vorangetrieben werden. Die rund 3,8 Milliarden Euro teure Übernahme ist neben dem 2006 erworbenen US-Katalysatorhersteller Engelhard die größte der BASF-Firmengeschichte.
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Der Chemiekonzern BASF will wegen einer stark gesunkenen Nachfrage weltweit kürzer treten. Es würden rund 80 Anlagen vorübergehend außer Betrieb genommen, teilte BASF am Mittwoch in Ludwigshafen mit.
In rund 100 Anlagen werde die Produktion gedrosselt. Weltweit seien 20.000 Mitarbeiter von den Maßnahmen betroffen. Wo es möglich sei, werde auf flexible Arbeitszeitinstrumente gesetzt, um den Ausfall zu kompensieren. Grund für die Drosselung sei ein massiver Nachfragerückgang. Das Unternehmen korrigierte außerdem die Gewinnprognose für das laufende Geschäftsjahr nach unten.
Vor allem Kunden aus der Autoindustrie hätten Aufträge kurzfristig storniert, erklärte Vorstandschef Jürgen Hambrecht. Unter diesen Bedingungen sei das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen des Vorjahres nicht zu erreichen. Seit Ende Oktober habe sich die Nachfrage der BASF-Kunden in wichtigen Märkten "nochmals deutlich verschlechtert". BASF richte sich auf harte Zeiten ein.
600-Millionen-Projekt abgesagt
Zuvor hatte der Konzern den Bau einer 500 Kilometer langen Gasleitung durch Süddeutschland abgesagt. Als Grund nannte der Konzern staatliche Regulierungen. Die Vorbereitungen für das rund 600 Millionen Euro teure Projekt seien eingestellt, sagte der Chef des Fernleitungsnetzbetreibers Wingas Transport, Ingo Neubert, der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Wegen der staatlichen Preisregulierung sei ein wirtschaftlicher Betrieb der Gasleitung nicht mehr möglich.
Ein weiterer Grund für den Bauverzicht sei die Entscheidung der Bundesnetzagentur auch Ferngasleitungen in die Regulierung einzubeziehen. Die BASF-Tochter Wintershall wollte die Leitung zusammen mit Eon-Ruhrgas bauen.
Quelle: ntv.de