Schaeffler-Conti-Schlacht BaFin kann nichts machen
17.07.2008, 12:03 UhrDie vom Autozulieferer Continental zur Hilfe gerufene Bundesfinanzaufsicht (BaFin) kann eine Übernahme durch das fränkische Familienunternehmen Schaeffler weder aufschieben noch verhindern. Selbst wenn Schaeffler die Meldepflichten verletzt hätte, als sie sich Zugriff auf 28 Prozent der Aktien des Hannoveraner Automobilzulieferers gesichert hatten, drohe maximal ein Bußgeld von 200.000 Euro, sagte eine Behördensprecherin. Eine Übernahme könne dadurch aber nicht verhindert oder hinausgezögert werden.
Die BaFin prüfe derzeit, ob ein Verstoß gegen die Meldepflichten vorliegt, sagte sie weiter. Dazu habe die Behörde auch Unterlagen von Schaeffler und den beteiligten Banken angefordert.
Im Abwehrkampf gegen Schaeffler hatte Conti die Behörde um Hilfe gebeten. Der fünftgrößte Automobilzulieferer wollte erreichen, dass die Abwicklung der Swap-Geschäfte blockiert wird. Das Familienunternehmen, das Motor-, Getriebe-, Fahrwerksysteme und Lager für die Automobilbranche, Industrie sowie die Luft- und Raumfahrt herstellt, hat sich nach eigenen Angaben rund 28 Prozent der Conti-Aktien über diese nicht meldepflichtigen Finanzgeschäfte gesichert. Conti wollte verhindern, dass Schaeffler daraus tatsächlich Conti-Aktien erhält.
Schaeffler hatte am Dienstag eine 11 Mrd. Euro schwere Offerte für Conti vorgelegt und erklärt, sich über mehrere Banken legal bereits 36 Prozent der Anteile gesichert zu haben. Meldepflichtig sind Aktienkäufe ab 3 Prozent.
Hilfe für Schaeffler
Unterdessen erfährt die Schaeffler-Gruppe Unterstützung aus der bayerischen Landespolitik. Ministerpräsident Günther Beckstein stellte klar, dass er das Engagement des Herzogenauracher Familienunternehmens "für wohlüberlegt und ambitioniert" halte. Es seien zwei fortschrittliche Unternehmen, die sich nach seiner Meinung gut ergänzen würden, sagte der CSU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung". Schaeffler behaupte sich seit Jahren erfolgreich am Weltmarkt. Stärke des fränkischen Familienunternehmens sei es, "sich nicht wie viele börsennotierte Unternehmen allzu stark an der kurzfristigen Kursentwicklung orientieren zu müssen", sagte Beckstein.
Nach Angaben von Wirtschaftsministerin Emilia Müller (CSU) will sich der Freistaat in die Übernahmeschlacht einschalten. Sie will in den nächsten Tagen mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulff (CDU) sowie dem Schaeffler-Management Gespräche führen. Müller berezichnete es als oberstes Ziel, die Arbeitsplätze in Bayern zu erhalten. Conti hatte Siemens die Autoelektroniksparte VDO abgekauf und will tausende Stellen streichen.
Landes-Gewerkschaften uneins
Bayerns IG-Metall-Chef Werner Neugebauer äußerte sich positiv über ein Schaeffler-Engagement bei Continental. "Mir ist es lieber, wenn nicht irgendein Auslandsinvestor 30 Prozent von Conti übernimmt, sondern ein finanzstarkes deutsches Unternehmen, das ein Stück Sicherheit gegen Finanzinvestoren bieten kann", sagte er.
Im Gegensatz zu Neugebauer hat der niedersächsische IG-Metall-Bezirksleiter Hartmut Meine harten Widerstand der Gewerkschaft gegen eine Conti-Übernahme durch Schaeffler angekündigt. Während er die Zerschlagung des Konzerns fürchtet, riet Neugebauer, "jenseits aller Aufgeregtheiten des Tages sachlich zu überlegen, ob eine Vernetzung zweier solch kompetenter Unternehmen nicht doch etwas bringen könnte".
Handlungsbedarf auf Bundesebene
Das Vorgehen von Schaeffler gegen Continental hat die Bundespolitik alarmiert. Der finanzpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Otto Bernhardt, forderte strengere Meldepflichten beim Kauf größerer Anteile an einem Konzern. "Offensichtlich gibt es hier eine Gesetzeslücke, und wir müssen prüfen, wie wir sie schließen können", sagte Bernhardt der "Welt".
Schaeffler hatte sich die Kontrolle über 36 Prozent der Conti-Aktien gesichert, ohne diese Beteiligung wie gesetzlich vorgesehen offen zu legen. Bernhardt sprach von einer "legalen Umgehungsmöglichkeit". Die Parlamentarier müssten sich nach der Sommerpause damit befassen. Auch die Grünen-Finanzexpertin Christine Scheel forderte eine Korrektur: "Das Vorgehen von Schaeffler widerspricht eindeutig dem Geist unserer Gesetze", sagte sie.
"Trickreich, aber legal"
Schaeffler hält bisher nach eigenen Angaben 2,97 Prozent der Conti-Anteile. Der Familienkonzern hatte jedoch mehr als ein halbes Dutzend Banken damit beauftragt, weitere Aktienpakete zu kaufen und sich den Zugriff über Kaufoptionen gesichert.
"Das Vorgehen von Schaeffler war zwar trickreich, scheint aber legal", sagte ein Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger der Zeitung. Solange es nur ein Gentlemens Agreement zwischen Schaeffler und den Banken gegeben habe, die Aktien weiterzureichen, sei rechtlich wohl nichts zu machen, betonte auch Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Anlegerschutzverbands DSW. Gleichzeitig warnte er vor einer Überregulierung. "Wenn irgendwann bloße Gespräche von Vorständen meldepflichtig werden, haben wir pausenlos Übernahmegerüchte."
Quelle: ntv.de