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Entlassene Vorstandsriege Bahn prüft Strafanzeigen

Die im Zuge der Datenaffäre entlassenen Vorstandsmitglieder der Deutschen Bahn müssen möglicherweise doch mit juristischen Konsequenzen und Schadenersatz-Forderungen rechnen. Der Aufsichtsrat habe seinen Vorsitzenden Werner Müller beauftragt, Strafanzeigen prüfen zu lassen, sagte der Vorsitzende der Bahn- Gewerkschaft Transnet, Alexander Kirchner, der "Welt am Sonntag". Er forderte zudem eine "moralische und wirtschaftliche Wiedergutmachung" für Bahn-Mitarbeiter, die nach der Überprüfung von E-Mails und Daten versetzt oder entlassen worden seien.

"Nach den Verträgen für die Bahn-Vorstände ist es möglich, dass Schadenersatzforderungen gestellt werden können. Das heißt, es gibt nicht wie so oft einen Freibrief nach dem Motto: 'Sie gehen, und wir verzichten auf alle Rechtsansprüche'", sagte Kirchner. "Sollte sich bei den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft herausstellen, dass da noch was offen ist, kann es sehr wohl zu Schadenersatzansprüchen kommen."

Auch die Sonderermittler Gerhard Baum und Herta Däubler-Gmelin raten zu zivilrechtlichen Schritten gegen den ehemaligen Konzernvorstand. Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet, empfehlen sie in der Langfassung ihres Abschlussberichts, "die mögliche aktienrechtliche Verantwortlichkeit der Geschäftsführungsorgane (...) zu prüfen".

Nach dem früheren Bahnchef Hartmut Mehdorn trennt sich das Unternehmen wegen der Datenaffäre auch von seinen Vorstandsmitgliedern Otto Wiesheu, Margret Suckale und Norbert Bensel. Noch am Mittwoch hatte Aufsichtsratschef Werner Müller allerdings betont, es gebe keine Grundlage für eventuelle Schadenersatzansprüche.

Abfindung unmoralisch?

Unterdessen äußerte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Peter Struck skeptisch über eventuelle Abfindungen für die scheidenden Vorstände. "Wer sich strafbar gemacht hat, darf nicht mit einer dicken Abfindung entschädigt werden", sagte Struck der "Bild am Sonntag". "Aber ich schätze Herrn Mehdorn als redlichen Mann und gehe davon aus, dass er seine Ansprüche nicht bis zur letzten Instanz durchpauken wird."

Laut Vertrag steht Wiesheu, Bensel und Suckale eine Abfindung in Höhe zweier Jahresgehälter zu. Suckale hatte allerdings vor wenigen Tagen mitgeteilt, dass sie den Konzern ohne Abfindung verlässt. Mehdorn hingegen soll darauf bestehen, dass die finanziellen Regelungen seines eigentlich noch bis Mai 2011 laufenden Vertrags voll erfüllt werden.

Weiterer Datenmissbrauch

Einem Bericht des "Spiegel" zufolge hat die Bahn in den Jahren 1994 und 1998 auch für Transnet Datenabgleiche durchgeführt. Die Gewerkschaft habe damit herausfinden wollen, ob ihre Mitglieder ihre Beiträge satzungsgemäß in der vom Einkommen abhängigen Höhe gezahlt hätten, meldete das Nachrichtenmagazin unter Berufung auf Insider. Transnet habe die Datenabgleiche bestätigt. Die Gewerkschaft bestreite aber Angaben, dass Gewerkschaftsfunktionäre noch Ende 2008 Druck für eine erneute Überprüfung dieser Art gemacht hätten, obwohl Personalabteilung und Datenschutzbeauftragter der Bahn dies wegen neuer rechtlicher Bestimmungen abgelehnt hätten.

Das Unternehmen hat drei Massenabgleiche von Daten fast aller Mitarbeiter sowie weitere Überwachungen von Führungskräften eingeräumt. Damit habe man Verbindungen zu Lieferanten aufdecken wollen, um Hinweise auf Verdachtsfälle von Korruption zu erhalten.

Ende März hatte Vorstandschef Hartmut Mehdorn wegen der Affäre nach fast zehn Jahren an der Konzernspitze seinen Rückzug verkündet. Sein Nachfolger Rüdiger Grube kündigte am Mittwoch außerdem den Abgang einer ganzen Reihe von Führungskräften an, darunter auch die drei genannten Vorstandsmitglieder. Mehdorn wie auch seine Vorstandskollegen haben stets beteuert, nicht über die Vorgänge informiert gewesen zu sein.

Quelle: ntv.de, dpa, rts

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