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"Fürchterliches Chaos" Bahn will Streik abwenden

Die Bahn will am Wochenende mit einem neuen Vorstoß doch noch den für Montag angekündigten Streik der Lokführergewerkschaft GDL abwenden. Man wolle einen Lösungsvorschlag machen, "der das künftige Miteinander der Gewerkschaften regeln soll", kündigte Bahn-Personalvorstand Margret Suckale am Freitagabend an.

Sie bekräftigte, Voraussetzung für den unstrittigen und bereits ausgehandelten Tarifvertrag für Lokführer sei ein Kooperationsabkommen zwischen den Gewerkschaften GDL, Transnet und GDBA. Alle drei Gewerkschaften hatten aber zuvor erklärt, sie hätten sich nicht auf einen Kooperationsvertrag einigen können.

"Wir wollen das Wochenende noch einmal intensiv nutzen, um hier für unser Unternehmen einen letzten Versuch zu unternehmen, diesen sinnlosen Streik zu vermeiden", sagte Suckale. Würden die Lokführer wie geplant streiken, drohe ein "fürchterliches Chaos".

"Wir können Arbeitskämpfe länger durchhalten, als Deutschland sie vertragen kann", hatte GDL-Chef Manfred Schell zuvor gedroht. Die Gewerkschaft hält an ihren Plänen fest, im Nah-, Fern- und Güterverkehr ab Montag 00.00 Uhr unbefristet zu streiken. Bahnkunden müssen zum Wochenbeginn mit erheblichen Einschränkungen rechnen (siehe Link "Bahn-Chaos am Montag").

Die GDL lehnt ab

Die Lokführergewerkschaft GDL äußerte sich skeptisch zu den Plänen der Deutschen Bahn, den Streik durch neue Verhandlungen noch abwenden zu können. "Es ist merkwürdig, dass Bahn-Personalvorstand Margret Suckale noch auf ein Pferd setzt, das schon tot am Boden liegt", sagte GDL-Vizechef Claus Weselsky laut "Tagesspiegel" vom Samstag.

Die GDL sei zu einer Zusammenarbeit mit Transnet und GDBA zwar bereit, "aber nur unter gleichberechtigten Partnern". Dies wolle die Transnet aber nicht, "die glauben sich derzeit in einer Position, in der sie uns die Bedingungen diktieren können", kritisierte Weselsky. Es könne keine Kooperation geben, bei der die Eigenständigkeit der GDL verloren gehe. Das Treffen der drei Organisationen am Freitag, bei dem die Gewerkschaftsspitzen eine Lösung suchen wollten, sei daher nach 20 Minuten bereits beendet gewesen.

Gerichtlicher Streikstopp möglich

Die Deutsche Bahn hat beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eine Klage gegen den Streik der Lokführergewerkschaft GDL eingereicht. Ein Sprecher des Gerichts sagte, über die Klage werde am Montag ab 10.00 Uhr verhandelt. Ein Zeitpunkt für eine Entscheidung sei noch nicht absehbar.

Die Bundesregierung hatte zuvor an die Bahn und die Lokführergewerkschaft GDL appelliert, einen Streik in letzter Minute abzuwenden und den Tarifstreit beizulegen. "Die erneute Eskalation ist aus Sicht der Bundesregierung schwer verständlich", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Im Interesse von Beschäftigten, Bahnkunden und der Volkswirtschaft sollten beide Seiten bei den wenigen noch strittigen Punkten versuchen, eine Einigung zu finden. Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) warnte vor drastischen Folgen. Ein Streik wäre "immens schlecht", sagte ein Sprecher.

Gei ßler kritisiert Mehdorn

Der ehemalige Vermittler im Bahn-Tarifkonflikt, Heiner Geißler, machte den Bahnvorstand für die drohenden neuen Streiks verantwortlich. Er sei verwundert, dass die Bahn nicht bereit sei, den ausgehandelten Tarifvertrag zu realisieren, sondern Bedingungen nachschiebe, kritisierte der CDU-Politiker. Den zusätzlichen Grundlagenvertrag könne die Lokführergewerkschaft GDL nicht akzeptieren, ohne ihre Eigenständigkeit zu verlieren. Über Gerichte Streiks zu verhindern, sei keine Lösung, betonte Geißler. Falls es zum befürchteten Arbeitskampf komme, trage der Bahnvorstand dafür "die volle Verantwortung".

Tiefensee spricht mit Schell


Ende Januar hatten sich GDL und Bahn im Grundsatz geeinigt. Der formale Abschluss scheiterte vor einigen Tagen jedoch daran, dass sich beide Seiten nicht über den von der Bahn geforderten Grundlagentarifvertrag einigen konnten. Die GDL wirft dem Konzern vor, damit den eigenständigen Tarifvertrag ad absurdum zu führen. Sollte die Bahn den Tarifvertrag nicht unterzeichnen, will die GDL streiken. Schell sagte, es liege jetzt ausschließlich beim Bahnvorstand, Streiks noch zu verhindern. "Ich habe darauf keinen Einfluss mehr."

Offenbar besteht aber immer noch die Chance, dass der GDL-Streik in letzter Minute abgewendet werden kann. Zu einem Gespräch von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee mit Schell wollte Weselsky nichts sagen. "Sicherlich gibt es Gespräche mit verschiedenen Personen. Aber über die Inhalte ist im Moment nichts zu verlauten."

Sommer attackiert GDL

DGB-Chef Michael Sommer hat die Lokführergewerkschaft GDL erneut scharf angegriffen. Das Vorgehen der GDL sei der "Versuch einer Mini-Gewerkschaft, ihre egoistischen Organisationsinteressen auf Kosten anderer durchzusetzen", sagte Sommer der "Passauer Neuen Presse" zur Streikankündigung der GDL.

Gegen diese Solo-Nummer stehe das gemeinsame Vorgehen von ver.di, GEW, Gewerkschaft der Polizei und Beamtenbund in der Tarifrunde des Öffentlichen Dienstes, fügte Sommer hinzu. Dies sei der erfolgreiche Gegenentwurf zur GDL. "Herr Schell und seine Mitstreiter sollten sich einreihen in die Solidarität mit den übrigen Bahn-Gewerkschaften", forderte der DGB-Chef.

Quelle: ntv.de

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