Insiderhandel EADS im Visier
03.10.2007, 09:21 UhrNach Ermittlungen der französischen Börsenaufsicht haben sich zahlreiche Topmanager des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns EADS durch massiven Insiderhandel bereichert. Dies steht in einem vorläufigen Bericht, den die AMF vor kurzem einem Pariser Ermittlungsrichter übergeben hat, wie ein Justizsprecher bestätigte. In den kommenden Monaten könnten formelle Verfahren gegen die Verdächtigen eingeleitet werden.
Ins Visier der Börsenaufsicht ist laut der Zeitung "Le Figaro" auch der neue Airbus-Chef Thomas Enders geraten. Der Deutsche soll wie 20 weitere Topmanager und Hauptaktionäre von EADS und Airbus im Wissen um Produktionsschwierigkeiten beim Großraumflugzeug A380 massiv Aktien verkauft haben, bevor die Öffentlichkeit informiert wurde. Sogar der französische Staat sei im Bilde gewesen.
Konzernchef Louis Gallois betonte, es handele sich um ein vorläufiges Ermittlungsergebnis der Börsenaufsicht. Einen weiteren Kommentar lehnte er ab. Für EADS und Airbus ist der Bericht ein weiterer herber Rückschlag nach zwei von Krisen und Turbulenzen geprägten Jahren. Die AMF könnte unabhängig von der Justiz bis zu zwei Jahre Haft für die Manager fordern.
Der Verdacht des Insiderhandels ist nicht neu, auch die deutsche Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ermittelt seit Monaten. Erstmals heißt es jetzt aber, dass die Konzernspitze schon seit dem Sommer 2005 über Probleme bei den Langstreckenfliegern A380 und A350 informiert war. "Le Figaro" schrieb unter Berufung auf den AMF-Bericht, EADS-Finanzvorstand Hans Peter Ring habe auf einer Verwaltungsratssitzung am 7. Juni 2005 vor einem Kurssturz um drei bis fünf Euro pro Aktie gewarnt, sollten die höheren Forschungs- und Entwicklungskosten bekannt werden. Im Oktober sei die Bilanzbuchhaltung umgestellt worden, um die erwarteten Verluste zu strecken.
Wenn sich die Ermittlungen der AMF bestätigen, könnte sich auch Enders des Insiderhandels schuldig gemacht haben. Als EADS-Co-Chef verkaufte er am 24. November 2005 50.000 Aktien zum Kurs von 30,54 Euro mit einem Gewinn von 700.000 Euro, wie auf der EADS-Homepage nachzulesen ist. Bislang galt Enders als Saubermann des Konzerns. An der zweiten Verkaufswelle im März 2006 beteiligte er sich nicht. Diese folgte auf eine weitere Aufsichtsratssitzung, bei der abermals auf Lieferverzögerungen hingewiesen worden sein soll.
"Symbol für die Beraubung nicht eingeweihter Anleger"
Auch die industriellen Hauptaktionäre DaimlerChrysler und Lagardre gaben im April des Jahres bekannt, sich von jeweils 7,5 Prozent ihrer Anteile zu trennen; zwar erst 2007, aber zum Kurs vom Frühjahr 2006. Laut AMF gibt es dafür nur einen Grund: Die Erwartung eines Wertverlustes der Aktien. Lagardre erklärte, es handele sich um "unbegründete Vorwürfe".
Bis EADS schließlich am 13. Juni 2006 die A380-Lieferverzögerungen bekannt gab und einen Kurssturz von 26 Prozent auslöste, hatten insgesamt 1.200 "eingeweihte" Konzernmitarbeiter 10 Mio. Aktien verkauft, schrieb "Le Figaro" unter Berufung auf die AMF. Mehrere Kleinaktionäre erhoben Klage und brachten die Ermittlungen in Gang.
Die Organisation SOS Petits Porteurs bezeichnete die EADS-Affäre als "Symbol für die wiederholte Beraubung nicht eingeweihter Anleger". Auch für die Börsenaufsicht besteht kein Zweifel am Insiderhandel: "Das Bewusstsein der bevorstehenden Verschlechterungen der Ergebnisse war für die Manager und Aktionäre von Airbus und EADS der entscheidende Beweggrund für die Verkäufe", so das Resümee.
Auch der damalige Wirtschaftsminister Thierry Breton war laut "Le Figaro" ein halbes Jahr vor der Bekanntgabe über Produktionsprobleme im Bilde. Wegen bevorstehender Turbulenzen sei ihm von der EADS-Spitze geraten worden, sich von einem Teil der staatlichen Aktien zu trennen, was er nicht tat. "Der Staat hat sich nichts vorzuwerfen", sagte er.
Quelle: ntv.de