Vor dem Zinsentscheid EZB geht ihren Weg
08.05.2008, 06:00 UhrDie EZB wird bald Bauherr. Frankfurts Bürgermeisterin Petra Roth überreichte dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, Jean Claude Trichet, persönlich die Baugenehmigung. Zehn Jahre nach ihrer Gründung wird Europas oberste Notenbank also einen adäquaten Rahmen bekommen. Doch das ist auch schon alles, was sich vorerst ändern wird. Die anstehende Zinsentscheidung dürfte dagegen wenig Neues bringen. Experten erwarten keinen Zinsschritt der Euro-Hüter. Doch lässt sich diese Politik angesichts einer abflauenden Konjunktur noch lange durchhalten?
Begrenzter Einfluss
Die oberste Maxime der Europäischen Zentralbank ist die Preisstabilität. Das ist nicht etwa eine interne Richtlinie, sondern ergibt sich aus dem EG-Vertrag. Die Ziele der Notenbank sind langfristig gedacht. Eine nachhaltige Gewährleistung von Preisstabilität trage zur Verbesserung der Wirtschaftsaussichten und zur Hebung des Lebensstandards der Bürger bei, heißt es von Seiten der EZB. Dazu benutzt man das Zwei-Säulen-Modell, die Beobachtung der Inflationsentwicklung und der Geldmenge M3. Dort ist man ohnehin der Ansicht, dass die Geldpolitik am Ende nur das Preisniveau beeinflussen kann. Eine echte Einflussnahme auf die wirtschaftliche Entwicklung sehen die europäischen Notenbanker nicht.
Ganz anders die US-Notenbank Fed. Ihr wird innerhalb der US-amerikanischen Wirtschaft eine ganz andere Rolle zugedacht. Sie soll die konjunkturelle Entwicklung der Binnenwirtschaft stützen und lenken. Deshalb fährt sie eine wesentlich aktivere Geldpolitik. Während bei der EZB eher seltener der Leitzins gehoben oder gesenkt wird, ist es bei der Fed fast die Regel. Seit Beginn der Finanzkrise hat die Fed ihren Leitzins um drei Prozent gesenkt. In der gleichen Zeit hingegen führte die EZB keine einzige Zinssenkung durch.
"Hyperaktive" Fed
Doch an diesem Stil der obersten Hüter des Dollars regt sich zunehmend Widerstand. In "Old Europe" schaute man ja schon länger etwas verstört auf die US-Kollegen. Auch Analysten der angesehenen Investmentbank Morgan Stanley haben die Fed nun als "hyperaktiv" bezeichnet. Von anderer Seite kommen Einwände, dass man die Party hätte "früher beenden müssen". Jetzt hat man den Salat mit Inflation und einem sich in einer rapiden Abwertung befindlichen Dollar. Die Schwäche der einstigen Leitwährung ist bereits Gegenstand von Hohn und Spott in den Staaten. McDonalds drehte einen Werbespot, in dem sich Banker über den Verfall lustig machen. Weniger witzig findet das mittlerweile die Politik, wo sich manch ein Senator in seinem Nationalstolz persönlich verletzt fühlt. Keine guten Umstände für den Notenbankchef Ben Bernanke, der als kühler, kluger Kopf gilt.
Welcher Kurs der richtige ist, ist schwer zu sagen. Lange galt die zurückhaltende Politik der EZB und der japanischen Notenbank als altmodisch und flügellahm. Doch derzeit dreht sich das Blatt. Während die Konjunktur sich in Europa und Asien als recht robust beweist, wird in den USA nur noch gerätselt, wie lange die Rezession dauert. Plötzlich gilt die EZB als Vorzeigemodell. So schnell kann die Weltwirtschaft Hochmut bestrafen.
Quelle: ntv.de