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Gas-Streit erreicht Europa Erste Lieferprobleme

Entgegen den Beteuerungen zum Jahreswechsel ist es im Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine nun doch zu ersten Liefer-Einschränkungen in Europa gekommen. Ungarn berichtete am Freitagabend ebenso von einem verringerten Gasdruck wie Polen und Rumänien. Der russische Energiekonzern Gazprom räumte ein, einige Balkan-Länder litten bereits unter verringerten Lieferungen.

Zuvor bereits hatte Gazprom vor möglichen Problemen gewarnt und erklärt, die Ukraine wolle nicht die von Russland geforderte Gasmenge für Samstag durchleiten. Zudem habe die Ukraine für Europa bestimmtes Gas abgezweigt. Der ukrainische Energiekonzern Naftogaz wies den Vorwurf zurück. Die EU-Ratspräsidentschaft Tschechien kündigte an, in den nächsten Tagen ein Treffen mit Russland zu planen, um über den Gasstreit zu sprechen.

Deutschland gut versorgt

In Deutschland waren zunächst keine Probleme zu spüren. Nach den Neuigkeiten aus Ungarn und Polen sagte ein Sprecher von E.ON Ruhrgas, bislang gebe es hier keine Einschränkungen. Der Konzern habe die letzten Tage und auch am Freitag die Gasmenge bekommen, die er bestellt habe. "Derzeit erhalten wir alle vertraglich vereinbarten Mengen", sagte auch ein Sprecher der BASF-Tochter Wintershall, deren Gashandelsgesellschaft Wingas im Erdgasgeschäft mit Russland aktiv ist.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte erneut, selbst im Falle von Störungen bei der Lieferung durch die Ukraine sei die Gasversorgung für längere Zeit gesichert. In den gut gefüllten deutschen Speichern befinde sich Gas für etwa ein Viertel des Jahresbedarfs. Zudem kämen fast zwei Drittel des Gases für Deutschland aus westeuropäischen Quellen. Die Bundesregierung drang aber erneut auf eine schnelle Einigung zwischen der Ukraine und Russland. Beide Seiten stünden in der Pflicht, den eskalierenden Konflikt zu lösen, sagte Regierungssprecher Thomas Steg.

Neuauflage des Streits

Russland hatte am Neujahrsmorgen wegen des Streits um Lieferbedingungen und Preise seine Gaslieferung an die Ukraine eingestellt. Beide Länder hatten aber zugesichert, weiter Gas für die europäischen Länder einzuspeisen beziehungsweise durch die Pipelines nach Westen weiterzuleiten. Europa bezieht etwa ein Fünftel seines Gases über Leitungen durch die Ukraine. Vor drei Jahren war bei einem ähnlichen Streit zwischen Russland und der Ukraine zeitweise weniger Gas nach Deutschland gelangt.

Der ungarische Energiekonzern MOL berichtete am Freitagabend, der Druck in den aus der Ukraine kommenden Leitungen habe sich verringert. Allerdings sei die Lage noch nicht kritisch. Der Druck betrage noch 45 statt der üblichen 47 Bar. Erst wenn er unter 40 Bar falle, müsse mit Einschränkungen gerechnet werden.

Der polnische Gaskonzern PGNiG teilte fast zeitgleich mit, es komme sechs Prozent weniger Gas durch die Leitungen aus der Ukraine. Dies werde aber durch zusätzliches Gas aus Russland aufgefangen, das Polen über Weißrussland erreiche. Gazprom erklärte ohne Bekanntgabe von Details, einige Balkan-Länder litten bereits unter verringerten Gaslieferungen.

Aktuell komme aufgrund des Gas-Streits 30 bis 40 Prozent weniger russisches Gas als üblich in Rumänien an, sagte der Chef des staatlichen Pipeline-Betreibers Transgaz, Ioan Rusu. Man habe derzeit aber genügend Lagerbestände, um dies aufzufangen. Rumänien produziert etwa 65 Prozent seines Erdgas-Bedarfs selbst. Der Rest wird zum überwiegenden Teil aus Russland eingeführt.

Alternativ-Strecken

Vor Bekanntwerden der ersten Einschränkungen hatte Gazprom mitgeteilt, wegen der ukrainischen Haltung die Gasexporte nach Europa über Alternativ-Strecken wie Weißrussland zu erhöhen. In dem Streit um die Durchleitung für Samstag geht es um relativ geringe Mengen. Während Russland 303 Millionen Kubikmeter nach Europa transportieren wolle, habe die Ukraine der Weiterleitung von nur 296 Millionen Kubikmeter zugestimmt. Da die Ukraine wegen des Streits auch Transitverträge für ungültig hält, verhandeln beide Seite täglich neu über die Durchleitung an die übrigen Gazprom-Kunden in Europa.

In Prag berieten Vertreter der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft mit einer Delegation unter der Führung des ukrainischen Energieministers Juri Prodan über den Gasstreit. Solange die Versorgung Europas nicht beeinträchtigt sei, betrachte die Europäische Union den Streit als bilaterale Angelegenheit zwischen Russland und der Ukraine, sagte ein Sprecher der tschechischen Regierung zunächst. Am Abend hieß es aber dann, man suche binnen Tagen ein Gespräch mit Russland.

Die Verträge zwischen Russland und der Ukraine waren zum Jahreswechsel ausgelaufen. Gazprom wollte in einem neuen Vertrag die Preise ursprünglich um rund 40 Prozent auf 250 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas erhöhen. Das akzeptierte die Ukraine nicht. Nach dem Lieferstopp am 1. Januar deutete die Ukraine an, 235 Dollar zu akzeptieren, wenn Kiew zugleich von Russland mehr Geld für die Durchleitung von russischem Gas bekommt, das über Leitungen durch die Ukraine nach Westeuropa gelangt. Gazprom erklärte dann aber, nun 418 Dollar zu fordern. Von seinen westeuropäischen Kunden verlangt der Konzern rund 500 Dollar.

Quelle: ntv.de

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