US-Notenbank senkt Leitzins Fed macht Lust auf mehr
30.01.2008, 20:46 UhrDie US-Notenbank hat die Forderungen der Finanzmärkte erfüllt: Sie senkte am Mittwoch den Leitzins für die USA wie erwartet um weitere 50 Basispunkte auf drei Prozent und ließ zudem die Tür für abermalige Zinsschritte nach unten offen. Wie die Federal Reserve (Fed) mitteilte, wird auch der Diskontsatz, zu dem sich die Banken bei der Fed über Nacht Geld besorgen können, im gleichen Umfang auf 3,5 Prozent gekappt. Der Zielsatz für Tagesgeld, den die Fed als Leitzins benutzt, liegt nun so niedrig wie seit Juni 2005 nicht mehr. Mit neun zu eins Stimmen fiel die Entscheidung des Offenmarktausschusses allerdings nicht einmütig.
Zur Begründung für die neuerliche Zinssenkung hieß, die Risiken für eine weitere Abschwächung des Wachstums in den Vereinigten Staaten blieben wegen der Hypotheken- und Finanzkrise hoch. Die Märkte seien nach wie vor nennenswerten Belastungen ausgesetzt. Die Entscheidung solle das Wachstum stimulieren. Sinkende Zinsen verbilligen Kredite für Unternehmen und Haushalte und kurbeln so die Konjunktur in der Regel an. Die Fed stellte klar, dass sie im Bedarfsfall zu einer weiteren Lockerung der Geldpolitik bereit ist. "Der Ausschuss wird (...) zeitnah reagieren um Risiken entgegen zu treten."
Dollar schmiert ab
An den Börsen sorgte die zweite Zinssenkung der Notenbank innerhalb von nur acht Tagen für Aufatmen. An der New Yorker Wall Street drehten die wichtigsten Indizes ins Plus. An den Terminmärkten signalisierten die Futures eine weitere Zinssenkung Mitte März. Die Wahrscheinlichkeit einer Senkung um dann 25 Basispunkte auf 2,75 Prozent wurde mit 62 Prozent taxiert. Einen herben Dämpfer musste deshalb der Dollar hinnehmen. Er fiel zum Euro um rund einen Cent. Der Leitzins in den USA liegt nun 100 Basispunkte unter dem der Euro-Zone (4,0 Prozent). Dadurch werden Finanzanlagen im Dollar-Raum unattraktiver als in der Euro-Zone.
US-Analysten lobten den Schritt der Währungshüter um Fed-Chef Ben Bernanke: "Sie sind nicht im Panik-Modus. Sie schauen auf die Realwirtschaft, und was die braucht sind niedrigere Zinsen", sagte Währungsstratege Ken Landon von JP Morgan Chase in New York. Jeff Kleintop, Stratege bei LPL Financial in Boston meinte: "Die Fed demonstriert, dass sie das Heft des Handelns wieder in der Hand hat. Sie versucht mit dem wichtigsten Hebel die Folgen der Immobilienkrise abzumildern. Es sieht so aus, dass Bernanke glaubt, mit dieser Aktion ist die Gefahr einer tiefen Rezession zumindest erst einmal vom Tisch."
Deutsche Bank-Chefvolkswirt Norbert Walter kritisierte dagegen die Geldpolitik der US-Notenbank. "Die jüngsten Konjunkturdaten (...) signalisieren keine Rezession in den USA", sagte er der Berliner Zeitung. Gerechtfertigt wären Zinssenkungen aus seiner Sicht nur, wenn "die Rezession da und die Inflation weg ist", sagte Walter. Dies sei aber nicht der Fall. Die Zinssenkung der Fed sei riskant, denn sie habe große Nebenwirkungen. Die Europäische Zentralbank (EZB) werde der Fed nicht schnell folgen, erwartet Walter. "Für die EZB werden Zinssenkungen erst gegen Ende dieses Jahres ein Thema."
Angst vor Rezession bleibt
Der Zinsschritt der Fed war an den Börsen erwartet worden, nachdem die Notenbank vergangene Woche bereits überraschend eine außerplanmäßige Lockerung ihrer Geldpolitik beschlossen hatte. Sie hatte vorigen Dienstag den Leitzins ungewöhnlich stark um 75 Basispunkte auf 3,5 Prozent gesenkt. Den Schritt hatte sie mit düsteren Konjunkturaussichten für die USA begründet. Außerdem wollte die Fed nach dem Aktiencrash in Asien und Europa zu Beginn der vergangenen Woche den Märkten unter die Arme greifen.
Wie stark die Krise mittlerweile die Konjunktur in den USA beeinträchtigt, hatten bereits am Nachmittag veröffentlichte Konjunkturdaten gezeigt. Demnach wuchs das Bruttoinlandsprodukt in den USA im vierten Quartal nur noch mit einer Jahresrate von 0,6 Prozent nach 4,9 Prozent im Quartal zuvor. Der frühere Chef der Federal Reserve, Alan Greenspan, hält ein Abrutschen in die Rezession inzwischen für sehr wahrscheinlich. Er sagte in einem Zeitungsinterview, seiner Ansicht nach betrage das Risiko für eine Rezession mehr als 50 Prozent. Die US-Regierung will mit einem milliardenschweren Konjunkturprogramm gegensteuern. Auslöser der Wachstumsschwäche in den USA ist die weltweite Finanzkrise, die ausgehend vom US-Immobilienmarkt seit vergangenen Sommer die Welt in Atem hält.
Quelle: ntv.de