Deutliche Bremsspuren Finanzkrise belastet China
20.10.2008, 11:51 UhrDie Finanzkrise hat das Wirtschaftswachstum in China unerwartet deutlich abgebremst. Zwischen Juli und September nahm die Wirtschaftsleistung nach offiziellen Angaben vom Montag nur noch um 9,0 Prozent zu. Seit Anfang des Jahres summiert sich das Wachstum auf lediglich 9,9 Prozent. Damit steuert die Wirtschaft der Volksrepublik auf das schwächste Jahr seit 2002 zu, als die Wirtschaft zuletzt weniger als zehn Prozent zulegte. Experten gehen nun davon aus, dass die Regierung in Peking das Wachstum mit einem Konjunkturprogramm ankurbelt.
"Trübe Aussichten liegen nach den Daten zum dritten Quartal vor uns, und die Sorgen wegen des schwächeren Wachstums wiegen nun die Inflationsängste auf", sagte Chen Jinren von Hatai Securities. Von Reuters befragte Analysten hatten lediglich mit einer Wachstumsabschwächung auf 9,7 Prozent im Sommerquartal gerechnet. Im ersten Halbjahr hatte das Wachstum noch bei mehr als zehn Prozent gelegen. Doch nun mache sich die weltweite Konjunkturflaute bemerkbar, sagte ein Sprecher des Statistikamtes. Besonders Spielzeughersteller bekommen dies zu spüren; seit Jahresbeginn haben offiziellen Angaben zufolge etwa die Hälfte aller Spielwaren-Exporteure ihr Geschäft eingestellt.
Andererseits sind die Zahlen für das dritte Quartal durch die Olympischen Spiele verzerrt: Um die Luftverschmutzung in Peking in den Griff zu bekommen, mussten im August viele Unternehmen vorübergehend ihre Fabriken schließen. Allerdings setzte sich die Schwäche bei der Industrieproduktion im September fort; mit 11,4 Prozent fiel der Zuwachs so schwach aus wie seit 2002 nicht.
Zugleich zogen aber die Einzelhandelsumsätze stärker an als erwartet. Das dürfte bei all denjenigen für Erleichterung sorgen, die auf eine höhere Nachfrage aus dem Inland setzen. Regierungsvertreter hatten zuletzt wiederholt ein Konjunkturprogramm in Aussicht gestellt, das unter anderem Steuerkürzungen und Investitionen in die Infrastruktur wie Eisenbahnen enthält.
Angesichts der geringeren Inflation erwarten Volkswirte auch weitere Zinssenkungen. Auf Jahressicht verteuerte sich die Lebenshaltung im September um 4,6 Prozent, nach 4,9 Prozent im August. Im Februar hatte die Teuerung noch ein Zwölf-Jahres-Hoch von 8,7 Prozent erreicht. Seit Mitte September wurde die Geldpolitik bereits zweimal gelockert. Der China-Experte Andy Rothman verweist jedoch darauf, dass die Regierung seit vergangenem Jahr ein langsameres und nachhaltigeres Wachstum anstrebt. "Wir gehen weiter davon aus, dass China kein größeres Konjunkturprogramm braucht, weil sich das Wachstum nicht stärker abschwächt als es die Regierung für akzeptabel hält", sagte er.
Für 2008 erwartet China ein Wachstum von 9,5 Prozent, das sich 2009 auf über acht Prozent weiter reduzieren dürfte. 2007 lag der Zuwachs noch bei 11,9 Prozent. Experten gehen davon aus, dass die Wirtschaftsleistung Chinas in diesem Jahr erstmals das deutsche Bruttoinlandsprodukt übertreffen wird.
Quelle: ntv.de