United Internet legt nach Freenet unter Druck
27.04.2008, 13:39 UhrDer Streit zwischen United Internet und Freenet um die Debitel-Übernahme steuert auf seinen Höhepunkt zu. Während Freenet den Kauf Kreisen zufolge noch am Sonntag besiegeln wollte, versuchte United Internet mit aller Macht, den Deal in letzter Minute noch zu verhindern. United-Internet-Chef Ralf Dommermuth verfügte nach eigenen Angaben über einen Zugriff auf die Mehrheit an Freenet. In einem Brief schrieb Dommermuth an Freenet-Chef Eckhard Spoerr, acht institutionelle Investoren hätten Interesse bekundet, ihre Anteile an Freenet an das Internetunternehmen aus Montabaur zu verkaufen. Diese Anleger hielten 32,6 Prozent an Freenet.
"Zusammen mit den von uns und von der Drillisch AG gehaltenen Aktien wären dies über 58 Prozent des Grundkapitals der Freenet AG." Unter den Verkaufswilligen seien auch die Schweizer Bank Credit Suisse und der britische Fonds Hermes, erfuhr Reuters von einem Insider. Der Freenet-Aufsichtsrat wollte noch am Sonntag zusammenkommen, um das Thema Debitel zu beraten, erfuhr Reuters aus dem Umfeld des Aufsichtsrates. Das Kontrollgremium sollte den Kauf beschließen, sagte eine weitere mit den Vorgängen vertraute Person.
Ein Zusammenschluss wäre ein Rückschlag für United Internet, das Freenet selbst übernehmen will. Dommermuth hat deutlich gemacht, dass er kein Interesse an einer um Debitel gestärkten Freenet hat. "Die Abgabe eines Übernahmeangebotes würde selbstverständlich voraussetzen, dass die Debitel Transaktion nicht durchgeführt wird", schrieb Dommermuth.
Mehr Geld in Aussicht
United Internet habe verstärktes Interesse an einer Übernahme von Freenet, erklärte Dommermuth. Sobald Freenet mehr Informationen zur Geschäftslage vorgelegt habe, werde United Internet innerhalb von fünf Arbeitstagen entscheiden, ob es eine Offerte vorlege. Dann sei es möglich, dass United Internet 16 Euro je Freenet-Aktie biete. Zuletzt hatte Dommermuth zwei Euro weniger in Aussicht gestellt. Ein neues Gebot würde Freenet insgesamt mit 1,5 Milliarden Euro bewerten. An der Börse schloss die Freenet-Aktie am Freitag mit 11,26 Euro. Ein United-Internet-Sprecher wollte keine Stellung zu dem Brief nehmen, bestätigt aber dessen Existenz. Eine Freenet-Sprecherin wollte sich ebenfalls nicht äußern.
Schon letzte Woche hatten Drillisch und United Internet versucht, Spoerr umzustimmen. Die Hauptversammlung müsse über den Kauf des Stuttgarter Mobilfunkanbieters vom Finanzinvestor Permira abstimmen, schrieb die MSP Holding, die die Freenet-Anteile von United Internet und Drillisch verwaltet, an den Freenet-Vorstand. Freenet habe bislang nicht zu einem Aktionärstreffen eingeladen, obwohl das Unternehmen gemäß Gesetz und eigener Satzung dazu verpflichtet sei.
Parallel zu den Verhandlungen mit Permira hatte Spoerr Gespräche mit United Internet und Drillisch wieder aufgenommen. United Internet hat Interesse am DSL- und Webhosting-Geschäfts von Freenet, während Drillisch gerne Zugriff auf das Mobilfunkgeschäft hätte. Spoerr hatte aber gesagt, solange kein Übernahmeangebot vorliege, sehe er keine Alternative zu einem Zusammenschluss mit Debitel. Dieser würde vorsehen, dass Permira im Zuge einer Kapitalerhöhung mit 24,9 Prozent an Freenet beteiligt wird. Der Kaufpreis solle teils in bar und teils in Aktien fließen. Bei der Übernahme würde Debitel mit 1,5 bis 1,8 Milliarden Euro bewertet.
Quelle: ntv.de