Bahn-Tarifkonflikt GDL droht mit Eskalation
10.11.2007, 09:31 UhrNach dem Ende der Streiks im Güterverkehr hat die Lokführergewerkschaft GDL erneut mit einer Eskalation des Arbeitskampfes in der nächsten Woche gedroht. "Sollten die Fronten so bleiben wie sie sind, werden wir uns am Montag zusammensetzen und über weitere Streiks beraten. Dann könnte es schon ab Dienstag neue Streiks geben", sagte der Vorsitzende der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL), Manfred Schell. Er bekräftigte, dann werde die Gewerkschaft zum Ausstand in allen drei Bereichen der Bahn - also im Nah-, Fern- und Güterverkehr - aufrufen. Bis einschließlich Montag werde es aber keine Streiks geben. So lange habe die Konzernführung Zeit, ein neues Angebot vorzulegen.
Am Samstagmorgen hatte die GDL die Streiks im Güterverkehr der Bahn beendet. Seit Donnerstag um 12.00 Uhr hatte die GDL für 42 Stunden den Güterverkehr lahmgelegt, um im festgefahrenen Tarifstreit mit der Deutschen Bahn Druck zu machen. Nach Angaben der Bahn stand am Freitag der Güterverkehr in Ostdeutschland fast komplett still. Auch in Westdeutschland fuhr nur noch jeder dritte Güterzug.
Nachdem die Bahn weiterhin kein neues Angebot vorgelegt hat, droht in der nächsten Woche eine Eskalation des Arbeitskampfes. GDL-Chef Manfred Schell hatte mehrfach betont, es werde dann nicht nur im Güterverkehr, sondern auch im Personennah- und Fernverkehr der Bahn gestreikt. Es werde allerdings frühestens am Dienstag neue Streiks geben.
Struck unterstützt Mehdorn
SPD-Fraktionschef Peter Struck forderte die Bahn auf, in dem Konflikt hart zu bleiben. "Ich stehe klar auf der Seite von Bahnchef Hartmut Mehdorn und dem Transnet-Vorsitzenden Norbert Hansen, dass es keinen eigenständigen Tarifvertrag für die Lokführer geben kann", sagte Struck der "Bild am Sonntag". "Es muss gelten: ein Betrieb, ein Tarif." Auch bei der Höhe der Tarife sei die Bahn der Gewerkschaft schon weit entgegengekommen. GDL-Vize Claus Weselsky wies Äußerung Strucks zurück. Er sei von der Politik enttäuscht, sagte er gegenüber n-tv.
In dem seit Monaten festgefahrenen Tarifkonflikt fordert die GDL einen eigenständigen Tarifvertrag für das Fahrpersonal und bis zu 31 Prozent mehr Geld. Die Bahn hatte in den vergangenen Tagen wiederholt zur Wiederaufnahme von Verhandlungen aufgefordert, ohne dabei das von der GDL geforderte neue Angebot zu machen.
Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Dirk Fischer, forderte Bahn-Chef Hartmut Mehdorn aufgefordert, den Tarifkonflikt mit der GDL zur Chefsache zu machen. Personalvorstand Margret Suckale sei "mit der Angelegenheit überfordert und hat nicht immer eine glückliche Rolle gespielt", sagte Fischer dem Magazin "Cicero". "Herr Mehdorn muss sich jetzt unmittelbar um die Angelegenheit kümmern." Der Konflikt mit der Lokführergewerkschaft habe sich über Jahre aufgestaut, kritisierte Fischer. "Hätte man in den vergangenen Jahren Wünsche und Forderungen der GDL besser kommuniziert und berücksichtigt, wäre es zu dieser Eskalation nicht gekommen."
Die Bundesregierung hat sich nach Angaben von Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) in den Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn eingeschaltet. "Wir arbeiten hinter den Kulissen daran, die Verhandlungspartner wieder zusammenzubringen, ohne dabei die Tarifautonomie zu verletzten", sagte Tiefensee bei dem Unternehmertag des Deutschen Speditions- und Logistikverbandes. Er kritisierte die in seinen Augen hohen volkswirtschaftlichen Schäden durch den Streik. "Die Tarifparteien haben die Bürde der Verantwortung", sagte Tiefensee.
Verh ärtete Fronten
Die Bahn richtet sich auf eine Ausweitung des Arbeitskampfes ein. "Auf uns kommt eine schwierige Woche zu. Ich gehe davon aus, dass die Streiks ausgeweitet werden", sagte Bahn-Aufsichtsrat Georg Brunnhuber der "Bild am Sonntag". Der "Rheinischen Post" sagte er, der Aufsichtsrat werde sich am Donnerstag in einer außerordentlichen Sitzung mit dem Vorschlag beschäftigen, die Lokführer in eine eigene Service-GmbH auszugliedern. "Die Ausgliederung ist eine Variante, mit der die Bahn versucht, aus der vertrackten Situation herauszukommen", sagte Brunnhuber.
Im Tarifkonflikt kommen sich beide Seiten nicht näher. Die Deutsche Bahn hat die Lokführergewerkschaft GDL nochmals zu Tarifverhandlungen aufgefordert. "Wir sind kompromissbereit", sagte Bahn-Personalvorstand Margret Suckale. Die GDL habe jedoch bislang streiken und nicht verhandeln wollen.
Grundlage für die Verhandlungen mit der GDL sei das Angebot vom 15. Oktober, so die Bahn-Personalchefin. Darin offerierte die Bahn 4,5 Prozent mehr Geld, eine Einmalzahlung von 600 Euro, Zusatzverdienstmöglichkeiten durch Mehrarbeit und bezahlte Überstunden sowie arbeitnehmerfreundlichere Dienstpläne. Ein neues Angebot werde nicht vorgelegt. Nach Worten Suckales wäre es gut, wenn sich Bahn und GDL noch einmal über die Interpretation des Vermittlungsergebnisses von Ende August unterhalten würden.
Transnet lässt Muskeln spielen
Ärger droht der Bahn nun auch von anderer Seite. Im Streit um die geplante Privatisierung der Bahn droht die Gewerkschaft Transnet mit Streiks. Die Gewerkschaft wolle notfalls alles tun, um den Beschäftigungssicherungstarifvertrag zu erhalten, sagte Transnet-Sprecher Michael Klein und bestätigte damit einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung". Diese hatte gemeldet, Transnet wolle zum Streik aufrufen, falls die Bundesregierung das neue Privatisierungsmodell ohne Rücksicht auf die Beschäftigten vorantreibe.
Quelle: ntv.de