US-Autobauer reumütig Obama sieht Fortschritt
03.12.2008, 20:15 UhrDie Krise der US-Autobauer ist noch viel schlimmer als bislang bekannt. Die Opel-Mutter General Motors sowie Ford und Chrysler fordern vom US-Kongress neue Kredite von insgesamt 34 Milliarden Dollar. Die Lage ist akut: GM will vier Milliarden Dollar noch im Dezember haben. Auch Chrysler braucht die angefragten sieben Milliarden Dollar bis Jahresende. Der US-Automarkt liegt weiter am Boden: Im November fiel der Absatz nach Branchenzahlen um 37 Prozent. Die Verkäufe von GM brachen um 41 Prozent ein, der Ford-Absatz um gut 30 Prozent.
Der größte US-Autobauer GM ersuchte den US-Kongress am Dienstag insgesamt um neue Kredite von bis zu 18 Milliarden Dollar bis Ende 2009. Der Konkurrent Ford braucht bis zu neun Milliarden, hofft aber, auf das Geld nicht unbedingt zugreifen zu müssen. Die US-Abgeordneten hatten bisher nur über neue Kredite von insgesamt 25 Milliarden Dollar für die drei großen Autobauer beraten. Die demokratische Präsidentin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, betonte am Dienstag nochmals, die Gewährung der Kredite hänge davon ab, ob die Abgeordneten die am Dienstag vorgelegten Sanierungspläne überzeugend finden.
Obama noch zurückhaltend
Der designierte US-Präsident Barack Obama sieht in den jüngsten Sanierungsplänen der führenden amerikanischen Autobauer einen Fortschritt. Vor einer konkreten Bewertung will er aber erst die für Donnerstag und Freitag angesetzten Kongressanhörungen zu diesem Thema abwarten. "Wir sollten eine lebensfähige Autoindustrie aufrechterhalten, aber wir sollten auch sicherstellen, dass jegliche staatliche Hilfe auf einer realistischen Einschätzung dessen basiert, wie diese Industrie aussehen wird", sagte Obama in Chicago. Obama nannte die am Dienstag vorlegten Programme "vollständiger". Der Kongress habe richtig gehandelt, als er die Autobauer abgewiesen und in die Pflicht genommen habe. "Der Kongress hatte Recht zu sagen, dass die amerikanischen Steuerzahler Besseres erwarten und verdienen."
Angesichts der Krise der US-Autobauer sind die Arbeitnehmer zu deutlichen Einschnitten bereit. Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) werde auf Arbeitsplatzgarantien verzichten und verspätete Zahlungen an den Krankversicherungsfonds für Rentner akzeptieren, sagte UAW-Chef Ron Gettelfinger am Mittwoch. So würden die Chancen der Hersteller auf Regierungshilfen steigen, erklärte Gettelfinger. Er zeigte sich auch bereit, die 2007 mit General Motors, Ford und Chrysler vereinbarten Tarifverträge neu zu verhandeln.
Gewerkschaften in Angst
Die GM-Ankündigung löste sofort neue Spekulationen über eine drohende Pleite aus. Das "Wall Street Journal" berichtete, die ranghohe Funktionäre der Autoarbeiter-Gewerkschaft UAW befürchteten eine Insolvenz von General Motors noch vor Weihnachten, falls die Milliarden vom Staat nicht kämen. Das Unternehmen selbst betonte am Dienstag, es wolle eine Insolvenz unbedingt verhindern und setzte alles daran, die Hilfen aus Washington zu bekommen.
In Deutschland bereitet sich Opel allerdings schon seit Mitte November auf eine Insolvenz der Konzernmutter vor und bat für diesen Fall um staatliche Bürgschaften von mehr als einer Milliarde Euro. Die Bundesregierung will bis Weihnachten darüber entscheiden.
Nach Zahlen des Marktforschungsunternehmens Autodata schrumpfte der US-Autoabsatz im November um 37 Prozent auf knapp 747.000 Fahrzeuge. Es sei das erste Mal seit Jahrzehnten, dass in einem Monat weniger als 800.000 Fahrzeuge verkauft wurden, hieß es.
GM mit dem Rücken zur Wand
GM will bis Ende kommenden Jahres Kredite von zwölf Milliarden Dollar, um die Liquidität aufrecht zu erhalten. Sollte die Krise am US-Automarkt weiter andauern, würden noch einmal sechs Milliarden Dollar fällig, hieß es. Mit Rückzahlungen der Kredite will GM erst im Jahr 2011 beginnen.
Dafür verspricht die Opel-Mutter, verstärkt in umweltfreundliche Modelle wie den Elektrowagen Chevy Volt zu investieren sowie die Kostensenkungen zu beschleunigen. Konzernchef Richard Wagoner will für ein symbolisches Gehalt von einem Dollar arbeiten.
GM befürchtet, dass im kommenden Jahr im US-Markt nur noch 10,5 Millionen Autos verkauft werden können. Das wäre ein dramatischer Rückgang von den zuletzt üblichen mehr als 15 Millionen. GM glaubt, schon bei einem Marktvolumen von 12,5 bis 13 Millionen Fahrzeuge profitabel sein zu können.
Ford verkauft Firmenjets
Ford legte dem US-Kongress ein Konzept vor, nachdem das Unternehmen durch ein Staatsdarlehen über neun Milliarden Dollar bis 2011 wieder profitabel werden soll. Über die nächsten sieben Jahre sollen 14 Milliarden Dollar investiert werden, um den Benzinverbrauch der Ford-Flotte zu senken. Außerdem will das Unternehmen seine fünf Firmenjets verkaufen.
Ford erlitt im November in den USA im Vergleich zum Vorjahresmonat einen Absatzeinbruch von 30,6 Prozent auf gut 123 000 Fahrzeuge. Bei GM betrug das Minus 41 Prozent auf knapp 155 000 Fahrzeuge. Auch den erfolgsverwöhnten japanischen Autobauer Toyota traf es in Amerika hart: Der Absatz fiel um 34 Prozent auf gut 130 300 Autos. Deutsche Autobauer erwischte es auch. Daimler verbuchte ein Minus von 30 Prozent, BMW von 26,8 Prozent und VW von 19,2 Prozent. Die Verkäufe der Deutschen machen nur einen kleinen Teil des US-Marktes aus.
Quelle: ntv.de