Vielleicht ganz vernünftig Prognosestopp gefordert
15.12.2008, 21:58 UhrAngesichts der immer schlechter werdenden Vorhersagen für die Wirtschaftsentwicklung in Deutschland hat der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Klaus Zimmermann, beim Krisengipfel im Kanzleramt für einen vorübergehenden Prognose-Stopp plädiert. "Wir haben im Kanzleramt darüber gesprochen, dass Ökonomen alle verwirren, wenn sie ständig neue Zahlen in die Welt setzen. Ich habe gesagt, man könnte sich vorstellen, eine Zeit lang keine Prognosen vorzulegen. Das ist eine Frage der intellektuellen Redlichkeit", sagte Zimmermann der "Financial Times Deutschland".
"In den meisten Modellen, die wir für unsere Vorhersagen nutzen, kommen keine Finanzkrisen vor. Und wenn sie vorkommen, dann ist diese Krise so spezifisch, dass wir sie nicht erfassen können. Wir können sagen, da passiert was Schlimmes, aber wie schlimm es wird, können wir nicht sagen", sagte Zimmermann weiter.
Es könne kein Bankenvolkswirt oder Institutsforscher gezwungen werden, auf Prognose zu verzichten. "Das wäre eine Art Selbstverpflichtung der Beteiligten", sagte Zimmermann. Es würde natürlich Sinn ergeben, wenn alle aufhörten. "In einer Mediengesellschaft wird das aber nicht durchzuhalten sein. Wir haben den Vorschlag auch nicht ernsthaft zu Ende diskutiert."
Minus drei Prozent Wachstum?
Unterdessen könnte die Bundesregierung einem Zeitungsbericht zufolge ihre Konjunkturprognose für das kommende Jahr drastisch senken. In internen Berechnungen gehe das Bundeswirtschaftsministerium davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um drei Prozent oder mehr schrumpfen werde, meldete die "Frankfurter Allgemeine Zeitung". Dies wäre noch pessimistischer als die jüngsten Prognosen der Wirtschaftsinstitute. Die Regierung geht für 2009 offiziell bislang noch von 0,2 Prozent Wachstum aus.
In einem Vermerk werde zur Begründung für die neue Schätzung des Ministeriums auf Prognosen der Institute verwiesen, die bis zu drei Prozent Schrumpfung statt bisher erwarteten zwei Prozent Minus vorhersagen könnten, hieß es in dem Bericht. "Aus heutiger Sicht sind solche noch ungünstigeren Prognosen nicht unrealistisch", zitierte das Blatt aus dem Papier. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums sagte dazu, an der Regierungsprognose für das kommende Jahr werde derzeit gearbeitet. Minister Michael Glos (CSU) werde sie am 28. Januar vorstellen.
Für das laufende vierte Quartal hält das Ministeriumspapier der "FAZ" zufolge einen BIP-Rückgang von 1,25 bis 1,75 Prozent für möglich. Wegen angekündigter Produktionseinschränkungen vieler Unternehmen sei zudem ein weiterer deutlicher Rückgang der gesamtwirtschaftlichen Aktivität im ersten Quartal 2009 sehr wahrscheinlich. "Dadurch wären Prognosen von weniger als minus drei Prozent rechnerisch kaum noch zu vermeiden, wenn man nicht im weiteren Jahresverlauf 2009 einen deutlichen Aufschwung in der Berechnung unterstellen würde", zitierte die Zeitung.
Vergangene Woche hatten mehrere Forschungsinstitute einen Konjunkturausbruch von historischem Ausmaß vorhergesagt. Das Ifo-Institut setzte sich mit einer Schätzung von 2,2 Prozent Minus an die Spitze der Skeptiker, das Essener RWI sagte zwei Prozent Schrumpfung voraus. Ein Glos-Sprecher hatte dagegen erklärt, im Moment gebe es keine Pläne, die Regierungsprognose zu ändern.
Quelle: ntv.de