"Geordnete Abwicklung" Rettungspaket für HRE
29.09.2008, 18:55 UhrBundesfinanzminister Peer Steinbrück hat das Rettungspaket und die Milliardenbürgschaft des Staates für den Immobilien-Finanzierer Hypo Real Estate (HRE) als "richtige und erforderliche" Entscheidung verteidigt. Es sei darum gegangen, eine "geordnete Abwicklung" des Instituts in den nächsten Jahren zu ermöglichen und den "freien Fall" zu verhindern, sagte der SPD-Politiker.
Eine "ungeordnete Abwicklung" oder eine Insolvenz hätten erheblichen Schaden für den deutschen Finanzmarkt und die deutsche Wirtschaft bedeutet. Forderungen aus dem Bankensektor nach einer raschen Verstaatlichung wies Steinbrück zurück. Die Verantwortung für die Probleme müssten klar zugeordnet werden. "Die Bundesregierung hat nie daran gedacht, die Bank zu verstaatlichen."
Steinbrück sprach von der größten Rettungsaktion, die es je gegeben habe in der Bundesrepublik. Die Bürgschaft von 35 Mrd. Euro falle dem Bund schwer. Sie könne aber aufgebracht werden, da der Ermächtigungsrahmen für inländische Bürgschaften in Höhe von 95 Mrd. Euro noch nicht ausgeschöpft sei. Bisher seien erst gut 53 Mrd. Euro genutzt. Haushaltsrechtlich stehe er daher auf einer "sehr sicheren Basis". Das Rettungspaket war am Wochenende hastig zusammengeschnürt worden, um die Bank vor der Pleite zu retten.
Garantiefall wird nicht erwartet
Insgesamt geht es laut Steinbrück um Liquiditätshilfen von 50 Mrd. Euro für die HRE. Davon trage die Bank selbst 15 Mrd. Euro, die Privatbanken weitere 15 Mrd. Euro und die Bundesbank 20 Mrd. Euro. Diese Finanzspritzen würden abgesichert durch entsprechende Wertpapiere. Der Bund stelle eine Bürgschaft von 35 Mrd. Euro. Es sei zwar theoretisch möglich, dass der Garantiefall eintrete. Dies werde aber nicht erwartet.
Steinbrück zufolge geht es um die "geordnete Abwicklung" und Vermarktung von Vermögenswerten und Tochtergesellschaften der Gruppe über eine Zweckgesellschaft. Dem Vernehmen nach hat der Bankensektor auf ein solches Vorgehen gedrungen. Dies sei nicht Bedingung des Bundes. Auch müsse "geordnete Abwicklung" nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Hypo Real Estate verschwinde.
Zur möglichen Nutzung der Bundesbürgschaft sagte Steinbrück: "Die Eintrittswahrscheinlichkeit geht gegen Null. Aber niemand könne dies ausschließen." Die Auswirkungen auf den Bundeshaushalt seien offen, auch wegen des Zeitrahmens für die Hilfen.
Derzeit keine andere Bank in Gefahr
Steinbr ück hatte noch am Donnerstag in einer Regierungserklärung im Bundestag die vergleichsweise hohe Stabilität des deutschen Bankensystems unterstrichen. Nach Angaben aus seinem Ministerium waren zu diesem Zeitpunkt die Probleme bei der HRE in ihrem wahren Ausmaß noch nicht klar. Bei einem Bankengipfel am Donnerstagnachmittag mit Steinbrück kam das Thema zur Sprache. Danach setzten die Rettungsgespräche ein.
Steinbrücks Sprecher Torsten Albig sagte, zurzeit sei keine andere Realkreditbank betroffen. Regierung und Bankenbranche stünden bereit, um das Funktionieren des Finanzplatzes zu sichern. Am Dienstag beraten die Bundestagsfraktionen in Sondersitzungen über die Hilfe, danach der Haushaltsausschuss. Die Regierung braucht für die Garantieerklärung keine Erlaubnis des Parlamentes. Sie schöpft ihren Bürgschaftsrahmen von 300 Mrd. Euro damit aber nahezu aus.
Ausgeglichener Etat fraglich
Unklar bleibt vorerst, welche Folgen die HRE-Rettung für den Bundeshaushalt und damit letztlich für die Steuerzahler haben wird. Haushaltsexperten sagten, sollte der Bund haften müssen, könne das Ziel, 2011 einen Etat ohne neue Schulden aufzulegen, nur noch schwer gehalten werden. Ohnehin drohten Belastungen durch die schwächer werdende Konjunktur. "Wenn der Himmel runter fällt, sind alle Spatzen tot", sagte Albig mit Blick auf die neuen Risiken für die Finanzplanung.
Steinbrück wollte in allen Fraktionen des Bundestages für die Bürgschaft werben, also auch bei Linken, Grünen und FDP. Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn sagte: "Jetzt ist die Stunde der Offenheit, der Aufklärung". FDP-Chef Guido Westerwelle, man frage sich, wo die Bankenaufsicht geblieben sei. "Jetzt ist die Frage: Was kommt noch?" Der Haushaltsexperte der CDU/CSU, Steffen Kampeter unterstrich, die Bürgschaft werde helfen, das Vertrauen in die HRE wiederherzustellen. Wegen der Beinahepleite räumten zwei HRE-Spitzemanager ihren Sessel.
Quelle: ntv.de