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Brüssel gibt grünes Licht Slowakei ist im Euro-Boot

Als erstes Land des früheren Ostblocks steht die Slowakei vor der Einführung des Euro. EU-Kommission und Europäische Zentralbank (EZB) attestierten dem noch jungen EU-Mitgliedstaat, die Maastrichter Beitrittskriterien zu erfüllen. Die EZB äußerte jedoch wegen der erwarteten Inflationsentwicklung "beträchtliche Bedenken". In Bratislava sprach Ministerpräsident Robert Fico von einem "Vertrauensbeweis für die Slowakei und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit".

Die EU-Staaten müssen der Beitritts-Empfehlung der EU-Kommission im Juni noch zustimmen. "Die Slowakei ... ist für die Einführung des Euro am 1. Januar 2009 bereit", sagte EU-Währungskommissar Joaqun Almunia. Bratislava habe Staatsschulden, Defizit und Inflation im Griff. Almunia schloss das noch laufende Defizit-Strafverfahren wegen überhöhter Neuverschuldung 2006. Die Aufwertung der slowakischen Krone wirft für Brüssel keine Probleme auf. Die Slowakei wäre das 16. Land im Euro-Club mit dann gut 325 Mio. Menschen. Weitere Kandidaten sind in den kommenden Jahren zunächst nicht in Sicht.

Almunia mahnte, die Inflation müsse niedrig gehalten und der Sparkurs ehrgeiziger verfolgt werden. Deutlicher drückte sich die Frankfurter Zentralbank aus. "Es gibt Aufwärtsrisiken bei der Inflationsentwicklung." In den vergangenen Jahren sei die Teuerung durch die Aufwertung der Krone gedämpft worden - dieser Effekt werde beim Euro-Eintritt wegfallen. In einigen Wirtschaftsbereichen drohten beschleunigte Lohnsteigerungen. Der jüngste Anstieg der Energiepreise sei noch nicht voll auf die Verbraucherpreise umgewälzt worden.

Kein Champagner in Bratislava

In Bratislava wurde die Beitrittsempfehlung mit Genugtuung, aber ohne Euphorie aufgenommen. "Wie Sie sehen, haben wir heute keinen Champagner zum Feiern vorbereitet, sondern wollen uns auf die Arbeit konzentrieren, die auf uns zukommt", sagte Regierungschef Fico. Notenbankchef Ivan Sramko fügte hinzu: "Der Euro wird uns zusätzliche Stabilität bringen." Finanzminister Jan Pociatek sagte, es sei keine einfache Aufgabe gewesen, die EU-Institutionen von der Euro-Reife zu überzeugen. Es müssten nun die Ängste in der Bevölkerung zerstreut werden. Die Slowakische Krone kletterte seit Dienstag gegenüber dem Euro von einem historischen Höchststand zum anderen.

Kommission und EZB berichteten, die Inflationsrate der Slowakei liege mit 2,2 Prozent deutlich unter dem Referenzwert von 3,2 Prozent, der sich aus dem Durchschnitt der drei EU-Besten plus 1,5 Prozentpunkten ergibt. Das Defizit sank 2007 auf 2,2 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt, also deutlich unter den Maastrichter Grenzwert von 3 Prozent.

Die Slowakei wäre das vierte Euro-Land aus den neuen EU-Staaten, die zum 1. Mai 2004 in die Union aufgenommen wurden. Slowenien - das früher zu Jugoslawien gehörte - sowie Malta und Zypern haben bereits ihre nationalen Währungen gegen den Euro getauscht. Die übrigen Beitritts-Länder vom Baltikum bis ans Schwarze Meer sind nach Einschätzung der Kommission nicht reif für die Gemeinschaftswährung. Kein Land erfülle alle Maastricht-Kriterien.

Die Kommission stellte auch die Defizit-Verfahren gegen Italien, Portugal und das nicht zur Eurozone gehörende Tschechien ein. Damit gibt es in der Eurozone zum ersten Mal seit sechs Jahren keine Defizitsünder mehr. Die Zustimmung der EU-Finanzminister zur Beendigung der Verfahren gilt als Formsache.

Wenig Begeisterung in Frankfurt

Wie bereits erwähnt, zeigt die die Europäische Zentralbank wenig Begeisterung für eine Aufnahme in die Europäische Währungsunion. Obwohl das Land in den vergangenen Jahren mit hohen Wachstumsraten glänzte und gegenwärtig alle im Maastrichter Vertrag festgelegten Konvergenzkriterien erfüllt, spart die EZB nicht mit kritischen Anmerkungen. In ihrem am Mittwoch veröffentlichten Konvergenzbericht deutete die Notenbank sogar erhebliche Bedenken gegen einen Beitritt des osteuropäischen Landes an.

Es gebe sowohl Zweifel an einer nachhaltigen Inflationskonvergenz als auch an einer glaubwürdigen und nachhaltigen Konsolidierung der Staatsfinanzen, hieß es in dem Bericht. Die gegenwärtigen Planungen zur Haushaltskonsolidierung seien wenig ambitioniert, erklärte die EZB.

Vor allem mit Blick auf die derzeit niedrige Inflationsrate erklärte die EZB, dass hier temporär wirksame Faktoren am Werk seien. Vor allem die starke Aufwertung der slowakischen Krone habe in den vergangenen Monaten den Preisauftrieb in Grenzen gehalten. Bereinigt um Wechselkurseffekte hätte die Inflation laut EZB im vergangenen Jahr um bis zu einem Prozentpunkt höher liegen können.

Wirtschaftliches Gefälle

Kritiker außerhalb der EZB wenden zudem ein, dass die Slowakei das niedrigste Pro-Kopf-Einkommen in der Eurozone hätte, sollte sie dem Währungsraum beitreten. Damit würden die ohnehin schon in der Eurozone bestehenden ökonomischen Diskrepanzen weiter zunehmen, ebenso wohl die politischen Divergenzen.

Ungeachtet ihrer kritischen Anmerkungen darf die EZB keine konkrete Empfehlung für oder gegen einen Euro-Beitritt der Slowakei geben.

Quelle: ntv.de

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