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Auch Riesling in Gefahr Ein Virus bedroht die globale Weinproduktion

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Die Viruserkrankung bedroht sowohl helle als auch dunkle Weinsorten.

Die Viruserkrankung bedroht sowohl helle als auch dunkle Weinsorten.

(Foto: IMAGO/Panthermedia)

Weltweit breitet sich ein Virus aus, das Weinreben befällt. Die Rotfleckenkrankheit reduziert die Qualität des erzeugten Weins erheblich, was für Winzer existenzbedrohend sein kann. Ein internationales Forscherteam fasst die bisherigen Erkenntnisse und noch offene Fragen zu dem Problem zusammen.

Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter Führung des Leipziger Pflanzenvirologen Björn Krenz geht der Frage nach, wie sich eine Viruskrankheit verbreitet, die weltweit immer mehr Weinreben schädigt. Um die Ausbreitung einzudämmen, ist es nicht nur nötig zu wissen, wie sich der Erreger verbreitet. Es muss auch geklärt werden, wie genau das Virus die Pflanzen schädigt oder ob es möglicherweise mehr als ein Virus gibt, das die sogenannte Rotfleckenkrankheit der Weinrebe Grapevine Red Blotch Disease (GRBD) verursacht. Deshalb haben die Wissenschaftler jetzt die aktuellen Forschungsergebnisse und offenen Fragen dazu zusammengefasst.

Um welchen Erreger handelt es sich?

Seit 2018 steht fest, dass ein spezifisches Virus ein Erreger der Rotfleckenkrankheit der Weinrebe ist, das Grapevine Red Blotch Virus (GRBV) getauft wurde. Die Forschergruppe weist allerdings darauf hin, dass es mehrere Viren gibt, die Weinreben schädigen. Daher sei es möglich, dass weitere Erreger an GRBD beteiligt sind, schreiben sie. Kalifornische Wissenschaftler untersuchen etwa die Rolle des Grapevine-Syrah-Virus (GSyV-1), das Stängel und Veredelungsstellen der Reben schädigt, aber auch zu Blattrötungen führt.

Was ist der Ursprung der Krankheit?

GRBD wurde erstmals 2008 von kalifornischen Spezialisten beschrieben, als sie ungewöhnliche rote Flecken auf Blättern und eine schlechte Fruchtreife an Cabernet Sauvignon-Weinreben im Napa Valley beobachteten. Wahrscheinlich ist der Erreger aber schon deutlich länger aktiv. 1940 im kalifornischen Sonoma County gesammelte Blätter wiesen 2015 in einer Studie nicht nur die typischen Symptome der Rotfleckenkrankheit auf, eine weitere Analyse bestätigte eine Infektion durch GRBV. Die Ergebnisse deuteten darauf hin, dass es sich nicht um ein neu auftretendes Virus handle, sondern dass es offenbar schon vor 74 Jahren in kalifornischen Weinbergen vorgekommen sei, so die Verfasser.

Seit ihrer Entdeckung hat sich die Krankheit nicht nur in den USA ausgebreitet, sondern wurde auch in vielen anderen Ländern weltweit festgestellt. Dazu gehört das Nachbarland Mexiko, aber auch Australien, Südkorea und Indien. In Europa ist die Rotfleckenkrankheit der Weinrebe ebenfalls auf dem Vormarsch, unter anderem in der Schweiz, Italien und Frankreich.

Welche Weinsorten sind bedroht?

GRBD befällt viele verschiedene Sorten. Anfällig sind Rotwein-Reben wie Cabernet Franc, Cabernet Sauvignon, Malbec, Merlot, Mourvèdre, Petit Verdot, Petite Syrah, Pinot Noir und Zinfandel. Aber auch die Weißweinreben Chardonnay, Sauvignon Blanc und Riesling bekommen die Krankheit. Die Forscher fürchten, die Krankheit könnte sich überall dort ausbreiten, wo für den Weinanbau zwischen 1920 und 2015 Stecklinge aus Kalifornien importiert wurden, über die sich GRBD hauptsächlich verbreitet.

Wie wird das Virus übertragen?

Die Grüne Buckelzikade gilt als Überträger des Virus.

Die Grüne Buckelzikade gilt als Überträger des Virus.

(Foto: DSMZ/Victoria Hoyle)

Forscher gehen außerdem davon aus, dass es Insekten gibt, die das Virus übertragen. In kontrollierten Labor- oder Gewächshausstudien wurde festgestellt, dass es sich dabei um bestimmte Zikadenarten handeln könnte. Dazu gehört dem Krenz-Team zufolge die Grüne Buckelzikade. Die Insekten transportieren den Erreger aber offenbar nur und gelten selbst nicht als Schädling. Ebenso dienen die Zikaden dem Virus vermutlich nicht als Wirt.

Wie wird die Rebe geschädigt?

Die Beeren werden nicht unmittelbar geschädigt. Das Virus befällt die Blätter, was sich bei roten Weinsorten in roten Flecken und geröteten Rändern zeigt. Bei weißen Sorten ist die Krankheit unauffälliger, mit gelben Blättern und später bräunlichen Flecken (Nekrose). Die GRBD beeinträchtigt zudem den Reifeprozess der Beeren.

Erste Symptome zeigen sich überwiegend nach Reifebeginn der Beeren (Véraison). Dies deute darauf hin, dass der Krankheitsbeginn eher mit dem Entwicklungsstadium der Weinrebe als mit einer Anhäufung (Akkumulation) von Viren zusammenhängt, so das Forscherteam um Björn Krenz.

Was sind die wirtschaftlichen Folgen?

Die rot verfärbten Blätter sind typische Symptome von GRBD.

Die rot verfärbten Blätter sind typische Symptome von GRBD.

(Foto: DSMZ/Cornell University/Marc Fuchs)

"Durch den qualitativ weniger hochwertigen Wein, der erzeugt wird, erleiden betroffene Winzer erhebliche wirtschaftliche Verluste", sagt Krenz. US-Wissenschaftler schätzten die durch GRBD verursachten Kosten im kalifornischen Nappa County 2017 auf bis zu 68.548 Dollar pro Hektar.

Welche Gegenmaßnahmen helfen?

Da die Krankheit hauptsächlich durch infizierte Stecklinge verbreitet wird, empfiehlt die Oregon State University bei Neuanpflanzungen oder Veredelung von Weinreben (Pfropfen) in erster Linie den Einsatz "sauberen" Pflanzenmaterials, das getestet und als Virus-frei zertifiziert wurde.

Sind weniger als 30 Prozent des Bestandes betroffen, raten die Wissenschaftler um Krenz zum Entfernen der erkrankten Reben. Ist die Inzidenz höher, empfehlen sie, den gesamten Weinberg zu roden. Zertifizierungs- und Quarantänemaßnahmen seien bei der Eindämmung von GRBV von entscheidender Bedeutung, schreiben sie.

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Welche Untersuchungen sind noch nötig?

Krenz und sein Team sehen noch einige offene Fragen, die geklärt werden sollten. Unter anderem müsse untersucht werden, wie weit die Krankheit tatsächlich verbreitet sei. Wie genau schädigt GRBV Weinreben? Und gibt es weitere Erreger und Überträger? "Um die globale Weinindustrie zu schützen und ihre nachhaltige Entwicklung zu gewährleisten, sei eine weitere Erforschung des Grapevine Red Blotch Virus unerlässlich, so die Wissenschaftler.

Quelle: ntv.de

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