Fakten & Mythen

Schleichend und unheilbar Parkinson ist nicht nur Händezittern

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Viele Parkinson-Patienten halten die zitternde Hand einfach fest.

(Foto: imago/Panthermedia)

Im Jahr 1817 wurde Parkinson erstmals vom englischen Arzt James Parkinson als Schüttellähmung beschrieben. Die Symptome sind jedoch seit der Antike bekannt. Der Enzyklopädist und Medizinschriftsteller Celsus beschrieb das Zittern als Gebrechen älterer Patienten. Obwohl die Krankheit schon so lange bekannt ist, gibt es immer noch viele Fragen dazu. n-tv.de klärt auf.

Bei Parkinson zittern doch nur die Hände.

Falsch! Die Parkinson-Krankheit ist eine unheilbare neurodegenerative Erkrankung, früher auch Schüttellähmung genannt. Sie hat einen langsam fortschreitenden Verlauf, bei dem dopaminbildende Nervenzellen in der sogenannten Substantia nigra, also dem dunkel gefärbten Kernbereich im Mittelhirn, absterben. Das führt zu einem Mangel an dem Botenstoff Dopamin und somit zu Bewegungsstörungen. Bereits Jahre vor dem Ausbruch von Parkinson stellen Patienten manchmal eine Verminderung ihres Geruchssinns fest.

Als parkinsontypisch gilt das Zittern der Hände. "Das auch als Tremor bezeichnete Symptom tritt jedoch gar nicht bei jedem Parkinson-Patienten auf", erklärt der Präsident der Deutschen Parkinson Gesellschaft, Professor Günter Höglinger, im Gespräch mit n-tv.de. "Typisch für die Parkinson-Krankheit ist vor allem eine fortschreitende Verlangsamung der Bewegungen und eine Versteifung der Muskeln sowie im Verlauf eine gebeugte Körperhaltung." Die Stimme kann leiser werden und die Handschrift wird kleiner. Daneben gelten auch Traumschlafstörungen (Bewegungen im Schlaf), chronische Verstopfungen, Depression und Riechstörungen als typische Symptome der Erkrankung. Im weiteren Verlauf verschlimmern sich die Symptome oder es kommen andere hinzu. "Menschen, die bei sich oder bei ihren Angehörigen erste Anzeichen entdecken, sollten einen Arzt aufsuchen - je eher, desto besser" betont Höglinger.

Parkinson wird in Zukunft mehr Menschen treffen.

Richtig! Aus der Vergangenheit weiß man, dass sich die Zahl der Parkinson-Patienten in den letzten Jahrzehnten vervielfacht hat. Zwischen 1990 und 2016 hat sie sich weltweit verdoppelt. Mehr als sechs Millionen Menschen haben diese Krankheit. Das liegt zum großen Teil an der steigenden Lebenserwartung. Als Ursache kommen vermutlich auch verschiedene Umweltfaktoren hinzu, die das Entstehen der Krankheit begünstigen. Hält dieser Trend an, dann könnten im Jahr 2040 mehr als 17 Millionen Mensch weltweit an Parkinson erkrankt sein, prognostiziert das Department of Neurology and Center for Health and Technology gemeinsam mit dem Medical Center der University of Rochester. Diese Pandemie würde enorme gesellschaftliche und medizinische Kosten verursachen, schreiben die Forscher, deren Ergebnisse im Fachmagazin "Journal of Parkinsons Disease" veröffentlicht wurden.

Parkinson ist heilbar.

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Professor Günter Höglinger lehrt am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und ist Oberarzt am Klinikum rechts der Isar der TU München.

(Foto: Magdalena Jooss / TUM)

Falsch! Die übliche medikamentöse Therapie mit Parkinson-Medikamenten ist rein symptomatisch und besteht hauptsächlich im Ausgleich des Dopaminmangels. Dazu wird eine Vorstufe von Dopamin, das sogenannte Levodopa, oral verabreicht. Darüber hinaus gibt es sogenannte Dopamin-Agonisten, die die Wirkung von Dopamin nachahmen. Außerdem kann durch sogenannte MAO-B-Hemmer oder COMT-Hemmer zusätzlich der Abbau von Dopamin verlangsamt werden. Mit einer solchen Behandlung können vor allem jüngere Patienten über Jahrzehnte hinweg eine hohe Lebensqualität erlangen. Im fortgeschrittenen Krankheitsstadium stehen dann Therapien mit Medikamenten-Pumpen oder die Tiefenhirnstimulation zur Verfügung. "Aktuell befinden sich Therapien in Entwicklung, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen sollen, zum Beispiel der Versuch einer Parkinson Impfung", sagt Höglinger.

Männer und Frauen sind gleichermaßen von Parkinson betroffen.

Falsch! Männer sind mindestens anderthalb Mal häufiger von Parkinson betroffen als Frauen. Über die Gründe weiß man bisher noch nichts Genaues.

Menschen ohne Blinddarm haben ein geringeres Parkinson-Risiko.

Wahrscheinlich! Ein internationales Forscherteam hat sich erst kürzlich dieses Themas angenommen und untersucht, ob der Blinddarm und das Risiko, an Parkinson zu erkranken, in Zusammenhang stehen. Bei der Auswertung von Daten von 1,6 Millionen Schweden, die über einen Zeitraum von 52 Jahren begleitet worden waren, zeigt sich, dass eine Entfernung des Blinddarms in jungen Jahren zu einer Reduzierung des Parkinson-Risikos um 25 Prozent führt. Zudem kann eine Blinddarmoperation auch den Zeitpunkt der Erstdiagnose um 3,6 Jahre nach hinten verschieben. Wie es zu diesen Effekten kommen kann, wissen die Forscher bisher nicht. Es wird vermutet, dass sich im Wurmfortsatz, wie der Blinddarm auch genannt wird, Umweltgifte sammeln, die dort über längere Zeiträume hinweg im Körper bleiben. Weitere Untersuchungen dazu sind nötig.

Musik, Tanz und Bewegung helfen, um mobil zu bleiben.

Richtig! Diese Form der Bewegung hat einen wissenschaftlich erwiesenen positiven Effekt. Die Musik ist eine externer Auslöser, der Bewegungen initiiert. Vor einigen Jahren untersuchten Forscher auch die Wirkung von Tai-Chi und konnten zeigen, dass die sanften, fließenden Bewegungen der chinesischen Kampfkunst positive Effekte bei Parkinson-Patienten hervorrufen. Mediziner empfehlen Patienten mit Parkinson deshalb, mindestens dreimal in der Woche Sport zu treiben - möglichst die Sportart, die auch Spaß macht.

An Parkinson stirbt man nicht.

Richtig! Nicht die Parkinson-Erkrankung an sich führt zum Tod. Meist sterben die Patienten an den Begleiterkrankungen. "Mit einer guten medizinischen Betreuung kann man davon ausgehen, dass die Lebenserwartung von Patienten mit der Parkinson Krankheit nicht wesentlich niedriger ist als die der Allgemeinbevölkerung", so Höglinger. 

Parkinson kann man riechen?

Das zumindest behauptet Joy Milne. Die Britin besteht darauf, die Parkinson-Erkrankung nicht nur bei ihrem Mann, sondern auch bei anderen betroffenen Personen riechen zu können. Forscher der University of Manchester wollten es nun genau wissen. Sie stellten die Frau mit dem besonderen Geruchssinn auf die Probe. Es zeigte sich, dass Joy Milne tatsächlich die T-Shirts von Parkinson-Patienten mit ihrer Nase identifizierte. Dabei geht der krankheitsspezifische Geruch nicht vom Schweiß, sondern vom Hauttalg aus, also nicht von den Achselhöhlen, sondern vom oberen Rücken, wo besonders viel Talg produziert wird. Das brachte die Forscher darauf, nach einem spezifischen Biomarker im Hauttalg zu suchen. Weitere Untersuchungen zeigten schließlich, dass im Hauttalg von Parkinson-Patienten tatsächlich typische Geruchssignaturen zu finden sind. Die Ergebnisse könnten in Zukunft für eine Frühdiagnose oder zur Ausbildung von Parkinson-Hunden genutzt werden, schlagen die Forscher vor, die ihre Ergebnisse bei ACS Central Science veröffentlichten.

Quelle: ntv.de

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