Wissen

"Kilometerhohe Wand aus Gestein" Forscher lösen Rätsel um riesigen Nordsee-Krater

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Seismische Daten offenbaren den Krater unter dem Boden der Nordsee: Blaue und violette Bereiche liegen am tiefsten.

Seismische Daten offenbaren den Krater unter dem Boden der Nordsee: Blaue und violette Bereiche liegen am tiefsten.

(Foto: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org)

Ein riesiger Krater in der Nordsee gibt Geologen seit 2002 Rätsel auf. Eine Forschungsteam will nun die Ursache gefunden haben: Demnach schlug ein Asteroid vor zig Millionen Jahren vor der Küste Englands ein - und löste einen gigantischen Tsunami aus.

Vor mehr als 20 Jahren entdeckten Geologen in der Nordsee ein riesiger Krater. Silverpit wurde das Loch genannt, das 700 Meter tief unter dem heutigen Meeresboden verborgen liegt. Nur mit seismischen Messungen kann man die kreisförmige Struktur sichtbar machen. Umstritten war bislang, was der Ursprung des rund acht Kilometer großen Kraters vor der Ostküste Englands ist.

Nun glauben Forscher, das Rätsel vom Silverpit geknackt zu haben: "Wir fanden Beweise dafür, dass ein 160 Meter breiter Asteroid aus westlicher Richtung in einem flachen Winkel auf den Meeresboden aufschlug", sagte Uisdean Nicholson von der Heriot-Watt University in Edinburgh, der das Forschungsteam leitete, laut einer Mitteilung seiner Universität.

100-Meter-Tsunami ausgelöst

Das Ereignis trug sich demnach vor etwa 43 bis 46 Millionen Jahren zu, also bereits lange nach dem Aussterben der Dinosaurier im Zeitalter der Säugetiere. Der Einschlag muss katastrophale Ausmaße gehabt haben: "Innerhalb weniger Minuten entstand eine 1,5 Kilometer hohe Wand aus Gestein und Wasser, die dann ins Meer stürzte und einen über 100 Meter hohen Tsunami auslöste", so Nicholson.

Um den Ursprung des Silverpit-Kraters gab es seit seiner Entdeckung eine hitzige Debatte unter Geologen. Zwar gab es schon früh Anzeichen dafür, dass es sich um einen Einschlagkrater handelt: etwa seine Kreisform und ein zentraler Gipfel. Einige Experten vermuteten jedoch, dass die Kraterstruktur auch durch Salzbewegungen im Untergrund oder vulkanische Aktivität verursacht worden sein könnte.

Nicholson und sein Team haben nach eigenen Angaben jedoch eindeutige Beweise gefunden, dass es ein Einschlag gewesen sein muss. Neue seismische Aufnahmen hätten "einen beispiellosen Einblick in den Krater" ermöglicht, so Nicholson. In Proben aus einer Ölquelle in derselben Tiefe wie der Kraterboden fanden die Forscher zudem seltene Quarz- und Feldspatkristalle, die nur durch einen "extremen Schockdruck" entstehen können. Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift "Nature Communications" veröffentlicht.

Die Bestätigung von Silverpit als Einschlagkrater stellt ihn in eine Reihe mit dem berühmten Chicxulub-Krater in Mexiko - der mit dem Massensterben der Dinosaurier in Verbindung gebracht wird - und dem Nadir-Krater vor der Küste Westafrikas, der kürzlich als Einschlagstelle bestätigt wurde. Solche Krater sind allerdings sehr selten, weil Plattentektonik und Erosion fast alle Spuren von ihnen zerstören. Laut Nicholson gibt es etwa 200 bestätigte Einschlagkrater auf dem Land, nur etwa 33 wurden unter dem Ozean entdeckt.

Quelle: ntv.de, kst

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen