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Bloß kein Schamgefühl Mann bekommt Dauererektion nach Darm-OP

Die Gipsabdrücke von Penissen.

Die Gipsabdrücke von Penissen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Eine lang anhaltende Erektion wird als Zeichen von Männlichkeit gewertet. Hält diese allerdings nach einer Operation und ohne sexuelle Stimulation mehrere Stunden lang an, sollten Patienten schnell Alarm schlagen, um ihre Manneskraft zu retten.

Ein Mann muss sich wegen Krebs einer Operation am Darm unterziehen. Die rechte Hälfte seines Dickdarms soll im TweeSteden-Krankenhaus im niederländischen Tilburg entfernt werden. Er bekommt vor dem Eingriff eine Vollnarkose und außerdem ein Anästhetikum ins Rückenmark. Der Eingriff verläuft planmäßig und nach erster Einschätzung auch komplikationslos.

Der 58-Jährige wird, nachdem er wieder bei Bewusstsein ist, auf eine chirurgische Station verlegt. Auf Nachfrage einer Krankenschwester gibt der Mann an, dass es ihm den Umständen entsprechend gut gehe. Wahrscheinlich aus Scham erzählt er nicht, dass er, seit er aus der Vollnarkose wieder erwacht ist, eine Erektion hat, die auch noch die ganze Nacht anhält.

Erst am nächsten Tag vertraut sich der Patient seinem behandelnden Arzt an und erzählt, dass er ohne sexuelle Stimulierung seit der Operation eine Erektion hat. Der Arzt erkennt sofort, dass es sich bei dem Mann um einen Notfall handelt und bittet einen Urologen hinzu, der einen sogenannten Priapismus diagnostiziert. Darunter versteht man eine schmerzhafte Dauererektion ohne sexuelle Erregung, die mehr als zwei Stunden andauert. Bei 90 Prozent der Betroffenen funktioniert dann der Blutabfluss aus den Schwellkörpern nicht mehr, so dass die Erektion bestehen bleibt. Dauert der sogenannte Low-Flow-Priapismus zu lange, kommt es zur dauerhaften Schädigung der Schwellkörper. Als Ursache für Priapismus gelten Verletzungen, Medikamente oder Drogen.

Notfallbehandlung kommt spät

Im Fall des Mannes im Tilburger Krankenhaus reagieren die Ärzte umgehend. Der Blasenkatheter wird gezogen, die Schmerztherapie, die über den Zugang zum Rückenmark erfolgt, beendet. Doch ohne Erfolg: Die Dauererektion bleibt vier weitere Stunden bestehen.

Die Ärzte greifen, nachdem die Dauererektion nun bereits 48 Stunden besteht, chirurgisch ein. Sie lassen das Blut über zwei Nadeln, die sie direkt in den Penis einführen, abfließen und spülen das Gewebe. Außerdem bringen sie Medikamente in den Penis ein, die zum einen die Blutgerinnung herabsetzen und zum anderen dafür sorgen, dass sich die Gefäße wieder zusammenziehen.

Langzeitschäden bewahrheiten sich

Die Maßnahmen der Ärzte zeigen zwar am gleichen Tag Wirkung, allerdings hält diese nur bis zum nächsten Tag an. Die Dauererektion kehrt zurück und kann auch durch die verabreichten Medikamente nicht gestoppt werden. Für die Ärzte ist das ein klarer Beweis dafür, dass die Schwellkörper durch die Erektion von 48 Stunden dauerhaft geschädigt sind. Dem Patienten, der tatsächlich unter einer erektilen Dysfunktion litt, konnte sechs Monate später mit Medikamenten geholfen werden, so dass ihm eine sogenannte Penis-Prothese erspart blieb.

Für die behandelnden Ärzte im TweeSteden-Krankenhaus bleibt jedoch die Ursache für diesen Priapismus unklar. Es sei möglich, dass er durch die Vollnarkose oder die Rückenmarksanästhesie ausgelöst wurde, schreiben sie in ihrem Fallbericht, den sie bei BMJ Case Report publizieren. Ganz konkret verdächtigen sie das Narkosemittel Propofol, das sowohl zur Einleitung der Narkose als auch während der Operation dem Patienten verabreicht wurde. Einen wissenschaftlichen Beweis dafür gibt es bisher jedoch nicht.

Zudem rufen die Mediziner in ihrer Fallbeschreibung dazu auf, die Aufmerksamkeit des medizinischen Personals für diese Art der seltenen Komplikation zu schärfen, denn nur eine frühe Behandlung, am besten nach vier bis sechs Stunden, kann Langzeitschäden verhindern.

Quelle: ntv.de, jaz

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