Beobachtungen vor Kalifornien Mit diesem perfiden Trick jagen Orcas Weiße Haie
04.11.2025, 13:15 Uhr Artikel anhören
Orcas tricksen junge Weiße Haie aus, um an ihre Leber zu kommen.
(Foto: Marco Villegas)
Vor der kalifornischen Küste haben Biologen erstmals beobachtet, wie Orcas gezielt junge Weiße Haie angreifen und sie mit einem raffinierten Manöver bewegungsunfähig machen. So können die Schwertwale ihre Beute mühelos töten, um an die begehrte Delikatesse zu kommen: die Leber des Hais.
Orcas sind hochintelligente Jäger der Meere. Wie schlau sie wirklich sind, stellen sie nun im Golf von Kalifornien unter Beweis. Forschende berichten, dass die Meeressäuger gezielt junge Weiße Haie in eine reflexhafte Lähmung versetzen, um sie dann präzise zu töten. Dieses Jagdverhalten zeige nicht nur erstaunliche Intelligenz - es könnte auch das bisherige Verständnis der Nahrungsketten im Ozean verändern, schreibt das Team um den Meeresbiologen Jesus Erick Higuera Rivas im Fachjournal "Frontiers in Marine Science".
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beobachteten vor der Küste Kaliforniens gleich zwei Angriffe einer Orca-Gruppe, die als "Moctezumas Pod" bekannt ist. In beiden Fällen trieben fünf Schwertwale jeweils einen jungen Weißen Hai an die Wasseroberfläche und drehten ihn dort auf den Rücken.
Diese Position löst bei Haien einen Reflex aus, die sogenannte tonische Immobilität - eine Art Starre, die das Tier vorübergehend bewegungsunfähig macht. "In diesem Zustand ist der Hai völlig wehrlos", erklärt Rivas laut Mitteilung. "Die Orcas können ihm gefahrlos den Bauch aufreißen und seine nährstoffreiche Leber fressen."
Gezielte Jagd auf junge und unerfahrene Haie
Auffällig ist den Forschenden zufolge, dass die Wale offenbar ganz bewusst Junghaie ins Visier nehmen. "Das ist das erste Mal, dass wir beobachten, wie Orcas wiederholt gezielt junge Weiße Haie jagen", sagt Salvador Jorgensen von der California State University.
Die Jungtiere seien weniger erfahren und reagierten langsamer auf Bedrohungen. Erwachsene Weiße Haie hingegen würden bei Orca-Angriffen oft sofort das Gebiet verlassen und kehrten monatelang nicht zurück.
"Diese jungen Haie könnten den Orcas gegenüber noch naiv sein", so Jorgensen. "Wir wissen noch nicht, ob diese Fluchtreaktion instinktiv ist oder erst erlernt werden muss."
Für das Forschungsteam ist das Verhalten ein weiterer Beleg für die außergewöhnliche Intelligenz der Schwertwale. "Dieses Verhalten zeigt, wie strategisch Orcas vorgehen und wie sie Jagdtechniken innerhalb ihrer sozialen Gruppen weitergeben", sagt Rivas. Das gezielte Ausnutzen der Lähmungsreaktion sei ein Beispiel für kulturelles Lernen - ein Phänomen, das man bislang vor allem bei Menschenaffen oder Krähen kannte.
Bislang galten derartige Hai-Angriffe als Besonderheit einzelner Orcas vor Südafrika. Doch die neuen Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Taktik möglicherweise weltweit vorkommt. "Ich glaube, dass Orcas überall einen Weißen Hai erbeuten könnten, wenn sie wollten", so Rivas. Das Forschungsteam will die kalifornischen Tiere nun weiter beobachten, auch um herauszufinden, ob sie regelmäßig auf Weiße Haie Jagd machen oder nur dann, wenn unerfahrene Jungtiere in ihr Revier geraten.
Quelle: ntv.de