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Forscher rätseln über Missbrauch Seebären vergewaltigen mehrfach Pinguine

Antarktische Seebären und Königspinguine auf der Insel Südgeorgien im Südatlantik.

Antarktische Seebären und Königspinguine auf der Insel Südgeorgien im Südatlantik.

(Foto: AP)

Als sie beobachten, wie ein junger Seebär auf einer einsamen Insel nahe der Antarktis sich an einem Pinguin vergeht, glauben Forscher zunächst an einen kuriosen Einzelfall. Nach mehreren weiteren Vergewaltigungen ist klar: Die Tiere folgen einem Muster.

Wissenschaftler auf einer der Prinz-Edward-Inseln im südlichen Indischen Ozean machen zum ersten Mal im Jahr 2006 eine ungewöhnliche Entdeckung: Ein männlicher Antarktischer Seebär schien offenbar aus mangelnder sexueller Erfahrung einen Königspinguin begatten zu wollen. Der Säuger legte sich dazu auf den Vogel, klemmte ihn zwischen seinen Brustflossen ein und begann, den Hinterleib wie bei der Paarung rhythmisch zu bewegen.

Später mutmaßten die Forscher, dass es sich bei dem Schauspiel auf der Marion-Insel auch um eine Art spielerisches Jagdverhalten eines einzelnen Tieres gehandelt haben könnte. Doch nach und nach beobachteten die Forscher immer wieder Fälle dieser bizarren Vergewaltigung einer Spezies durch eine andere. Wie die Wissenschaftler nun in der Fachzeitschrift Polar Biology schreiben, handelt es sich bei dem Verhalten der Seebären auf den rund 1800 Kilometer südlich von Südafrika gelegenen Inseln um einen Vorgang, der von anderen Tieren bewusst nachgeahmt wird.

"Die wiederkehrende Beobachtung folgt immer dem gleichen Muster: Der Seebär jagt und fängt den Pinguin, woraufhin er ihn besteigt und den Versuch der Kopulation unternimmt", schreiben Forscher William A. Haddad und seine Kollegen von der Universität Pretoria in ihrem Artikel. Mindestens vier dieser Vergewaltigungsfälle sind belegt, wobei es teils auch zur Penetration des Pinguins gekommen war.

"Sexuelle Frustration" zur Paarungszeit?

Nach jeweils etwa fünf Minuten ließen die stets männlichen Seebären ihre weiblichen oder männlichen Opfer dabei meist wieder laufen. In einem Fall sei der Pinguin nach der Vergewaltigung jedoch getötet und verspeist worden. Letzteres sei jedoch sogar weniger ungewöhnlich, da die Pinguine auf der Marion-Insel auch sonst zu den Beutetieren der Seebären gehören.

Den Forschern zufolge kommen zwei Erklärungen für den sexuellen Missbrauch der Pinguine in Betracht. Einerseits könnte es sich um ein erlerntes Verhalten handeln, bei dem sich die Seebären in gewisser Weise eine "Belohnung" einholen wollen. Andererseits sei es möglich, dass es sich um einen Extremfall "reproduktiver Störung" handelt, der durch das starke Wachstum der Seebär-Population auf der Marion-Insel bedingt wird.

Es handele sich bei den "Vergewaltigern" durchweg um junge, männliche Seebären, die noch keinen eigenen Harem von Weibchen haben. Möglicherweise spiele daher eine Art "sexueller Frustration" zur Paarungszeit eine Rolle. Die Wissenschaftler hoffen, dass sich durch mögliche Beobachtungen ähnlichen Verhaltens bei anderen Tieren eine genauere Erklärung für das Phänomen des Pinguinmissbrauchs finden lässt.

Quelle: ntv.de, bwe

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