Glühwürmchen, Krebse, Korallen Selbstleuchtende Organismen sind älter als Dinosaurier
24.04.2024, 11:38 Uhr Artikel anhören
Die Vorfahren der biolumineszierenden Tiefsee-Oktokoralle sind mehr als 500 Millionen Jahre alt.
(Foto: NOAA Office of Ocean Exploration and Research, Deepwater Wonders of Wake)
Glühwürmchen sind in lauen Sommernächten eine besondere Attraktion. Dabei sind die kleinen Käfer nicht die einzigen Lebewesen, die leuchten können. Auch Krebse und Korallen besitzen diese Fähigkeit - und das schon seit Millionen Jahren. Besonders alte Hinweise auf die sogenannte Biolumineszenz haben Forschende nun bei Meeresbewohnern gefunden.
Selbstleuchtende Organismen bevölkern wohl schon deutlich länger unseren Planeten als bislang angenommen. So hätten bestimmte Nesseltiere - die sogenannten Oktokorallen - bereits vor mindestens 540 Millionen Jahren Biolumineszenz entwickelt, schreibt ein US-amerikanisches Forschungsteam im Fachjournal "Proceedings of the Royal Society B Biological Sciences". Bislang waren Forschende davon ausgegangen, dass es selbstleuchtende Organismen seit mindestens 267 Millionen Jahren gibt - und zwar bei winzig kleinen Krebstierchen, den Ostrakoden.

Das paarungsbereite Glühwürmchen-Weibchen lockt mit seinem leuchtenden Hinterteil Männchen an.
(Foto: picture alliance / blickwinkel/H. Bellmann/F. Hecke)
Als Biolumineszenz bezeichnen Fachleute die Fähigkeit von Lebewesen, Licht zu erzeugen. Eines der bekanntesten Beispiele sind die auch in Deutschland vorkommenden Glühwürmchen. Sie leuchten, weil bei einer bestimmten chemischen Reaktion im Inneren der Tiere Energie in Form von Licht entsteht. Aber auch einige Pilze, Insekten, Würmer, Quallen, Krebse, Mollusken und Fische können leuchten.
Im Laufe der Evolution sei Biolumineszenz viele Dutzend Male unabhängig voneinander entstanden, schreiben die Forschenden um Danielle DeLeo vom Smithsonian National Museum of Natural History in Washington. Die Leuchtfähigkeit werde je nach Tiergruppe zu ganz verschiedenen Zwecken genutzt, beispielsweise zur Tarnung, zur Jagd, zur Kommunikation und zur Paarung. So sitzt bei den Glühwürmchen (Lamprohiza splendidula) das paarungsbereite Weibchen leuchtend im Gras und lockt auf diese Weise das Männchen an.
Evolutionärer Stammbaum gibt Aufschluss
Das Team um DeLeo hat sich nun die Evolutionsgeschichte der sogenannten Oktokorallen genauer angeschaut. "Wir wollten herausfinden, wann die Biolumineszenz entstanden ist. Und Oktokorallen sind eine der ältesten Tiergruppen auf dem Planeten, von denen man weiß, dass sie biolumineszieren", sagte DeLeo laut einer Mitteilung des Smithsonian. "Die Frage war also, wann sie diese Fähigkeit entwickelt haben."
Viele Spezies aus jener Tiergruppe, zu denen Weichkorallen und Seefächer gehören, können im Dunkeln leuchten. Oktokorallen senden den Forschenden zufolge in der Regel nur dann Licht aus, wenn sie angestoßen oder anderweitig gestört werden. Die genaue Funktion des Leuchtens sei aber unklar, so die Gruppe um DeLeo.

Ostrakoden sind winzig kleine, leuchtende Krebstierchen.
(Foto: picture alliance / blickwinkel/F. Fox)
Die Forschenden konnten mithilfe eines evolutionären Stammbaums von 185 Oktokorallen-Arten und mit verschiedenen statistischen Methoden abschätzen, wann bei dieser Tiergruppe erstmals Biolumineszenz aufgetreten sein dürfte. Das Ergebnis: Vor rund 540 Millionen Jahren konnte der gemeinsame Vorfahre der Oktokorallen sehr wahrscheinlich leuchten. Das wäre mehr als 250 Millionen Jahre früher als bei den winzigen Ostrakoden - und auch lange bevor Dinosaurier die Erde bevölkerten. "Es ist jedoch möglich, dass die Biolumineszenz noch früher entstanden ist", schreibt das Team um DeLeo.
Da sehr viele Vertreter der mehr als 3000 Oktokorallen-Arten leuchten können, gehen die Forschenden davon aus, dass die Biolumineszenz eine wichtige Rolle für deren evolutionären Erfolg gespielt hat. Die Gruppe um DeLeo möchte nun herausfinden, welche der Oktokorallen-Arten noch leuchten können und welche nicht. Dadurch könnte man möglicherweise auch die Frage beantworten, welche Funktion die Biolumineszenz bei den Korallen hat.
Quelle: ntv.de, Valentin Frimmer, dpa