Aus dem "Tal der Könige" So roch altägyptischer Mumifizierungsbalsam
03.09.2023, 13:32 Uhr Artikel anhören
Der kopierte Duft von altägyptischen Mumifizierungsbalsam kommt ins Moesgaard Museum in der Nähe des dänischen Aarhus.
(Foto: Barbara Huber, Max-Planck-Institut für Geoanthropologie)
Einbalsamierung und Konservierung von Körpern für das Leben nach dem Tod waren zentrale Bestandteile im Alten Ägypten. Einem Forscherteam gelingt es, Reste des Balsams von mumifizierten Teilen abzukratzen, zu analysieren und zu kopieren. Der "Duft der Ewigkeit" wird im Museum nahe Aarhus zu riechen sein.
"Duft der Ewigkeit" nennt ein Forschungsteam des Max-Planck-Institut (MPI) für Geoanthropologie in Jena ein Parfüm, das einem altägyptischen Mumifizierungsbalsam nachempfunden wurde. Der Duft basiert auf den physikalisch-chemischen Analysen eines fast 3500 Jahre alten Balsams, über die ein Team um Nicole Boivin vom MPI für Geoanthropologie im Fachmagazin "Scientific Reports" berichtet.
Es war Howard Carter, der berühmte Entdecker des Grabes von Tutanchamun, der im Jahr 1900 das Grab mit der späteren Bezeichnung KV42 fand. Bestattet war hier auch eine adelige Dame namens Senetnay, die früheren Forschungserkenntnissen zufolge die Amme des Sohns von Thutmosis III., dem sechsten Pharao der 18. Dynastie im Neuen Reich, war und ungefähr 1450 vor Christus einbalsamiert wurde. "Die Anzahl der importierten Inhaltsstoffe für ihren Balsam unterstreicht auch die Bedeutung Senetnays als wichtiges Mitglied des inneren Kreises des Pharaos", wird Archäologin Boivin in einer Mitteilung ihres Instituts zitiert.

Kanopenkrug aus Sandstein von Senetnay (c. 1450 v.Chr.); Museum August Kestner, Hannover.
(Foto: Christian Tepper, Museum August Kestner, Hannover)
Zur Vorbereitung der Mumifizierung wurden den Verstorbenen viele innere Organe entnommen. Oftmals wurden diese ebenfalls mumifiziert und in speziellen Gefäßen, Kanopenkrüge genannt, aufbewahrt. Die Kanopenkrüge, die ursprünglich die Lunge und die Leber von Senetnay enthielten, befinden sich heute im Hannoveraner Museum August Kestner. Die Forschenden nahmen Proben vom Inneren der Gefäße - von den Wänden wie vom Boden - wo Reste des Mumifizierungsbalsams zu finden waren. Mit drei hochentwickelten Chromatographie-Massenspektrometrie-Verfahren untersuchten sie die Balsamreste auf ihre Inhaltsstoffe.
Verschiedene Harze und Bienenwachs
Das Forschungsteam fand vielerlei organische Säuren, die überwiegend bestimmten organischen Substanzen zugeordnet werden konnten: Bienenwachs, Pflanzenöl, Fette und Bitumen. Weitere Säuren stammten aus Nadelbaumharz, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten Lärchenharz. Weil Nadelbäume in Ägypten nicht vorkommen, muss das Harz importiert worden sein. Zwei organische Säuren - die Dammarenolsäure und Oleanolsäure - kommen sowohl im Harz von Pistazienbäumen als auch im Dammarharz vor; Dammarharz wird aus Flügelfruchtgewächsen gewonnen, die in Indien und auf südostasiatischen Inseln wachsen.
Beide Harze sind nachweislich bei anderen Mumien für den Mumifizierungsbalsam verwendet worden. Falls sich die Verwendung von Dammarharz bestätigen sollte, wäre dies ein Hinweis darauf, dass die Ägypter bereits knapp ein Jahrtausend früher als bisher bekannt Zugang zu Handelsrouten aus Südostasien hatten. "Diese komplexen und vielfältigen Inhaltsstoffe, die für diese frühe Zeitperiode einzigartig sind, bieten ein neues Verständnis für die differenzierten Mumifizierungspraktiken der damaligen Zeit", sagt Mitautor Christian Loeben, Ägyptologe und Kurator am Museum August Kestner.
Unter der Leitung von Barbara Huber vom MPI für Geoanthropologie entwickelten das Forschungsteam zusammen mit der französischen Parfümeurin Carole Calvez und der sensorischen Museologin Sofia Collette Ehrich ein Parfüm. Dieses wurde auf der Basis der Balsamanalyse hergestellt. Das Team will damit eine zeitliche Kluft von fast 3500 Jahren überbrücken. Besucher des Moesgaard Museums in der Nähe von Aarhus (Dänemark) werden es demnächst riechen können.
Zum Parfüm erklärt Huber: "Der 'Duft der Ewigkeit' steht für mehr als nur das Aroma des Mumifizierungsprozesses; er verkörpert die reiche kulturelle, historische und spirituelle Bedeutung der altägyptischen Begräbnispraktiken."
Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa