Trick mit Geruch So schützt man Pflanzen vorm Gefressenwerden
07.02.2024, 16:23 Uhr Artikel anhören
Versuchsaufbau: Ein Eukalyptus-Setzling inmitten von fünf Glasflaschen, die den Geruch von Boronia-Sträuchern verströmen.
(Foto: Patt Finnerty/The University of Sydney)
"Wachsendes globales Problem": Pflanzenfressende Tiere richten in bestimmten Gebieten große Schäden an - diese gehen in die Milliarden. Ein australisches Forschungsteam hat nun einen Trick gefunden, wie man sie von Nutzpflanzen fernhalten kann.
Nutzpflanzen lassen sich vor den hungrigen Mäulern pflanzenfressender Säugetiere schützen, indem man diese mit dem Geruch einer anderen Pflanze täuscht, die sie üblicherweise meiden. Das zeigt die Studie einer Forschungsgruppe um Clare McArthur und Patrick Finnerty von der University of Sydney, über die im Fachblatt "Nature Ecology & Evolution" berichtet wird. Für die Experimente wurden Eukalyptusbaum-Setzlinge mit dem künstlich hergestellten Geruch ungenießbarer Boronia-Sträucher umgeben - tatsächlich mieden Kängurus die Setzlinge daraufhin.
Wie Erstautor Finnerty in einer Mitteilung zur Studie beschreibt, verursachen Pflanzenfresser in ökologisch und wirtschaftlich sensiblen Gebieten weltweit erhebliche Schäden an wertvollen Pflanzen. Hauptautorin McArthur ergänzte: "Der durch Pflanzenfresser wie Hirsche, Elefanten und Wallabys verursachte Schaden an Pflanzen ist ein wachsendes globales Problem."
Bedrohung für gefährdete Pflanzen, Land- und Forstwirtschaft

Patrick Finnerty von der University of Sydney hat einen alternativen Ansatz zum Schutz von Nutzpflanzen gefunden.
(Foto: Patt Finnerty/The University of Sydney)
Das gelte insbesondere in Regionen, in denen Feuer gewütet hätten: "Diese Schäden sind einer der größten limitierenden Faktoren in Gebieten, die sich nach Bränden erholen und neu begrünt werden, da sie (die Pflanzenfresser) mehr als die Hälfte der Setzlinge in diesen Gebieten zerstören. Sie bedrohen auch gefährdete Pflanzen und verursachen weltweit Schäden in Milliardenhöhe in der Forst- und Landwirtschaft."
Die derzeitigen Methoden zum Schutz von Nutzpflanzen - etwa das Aufstellen von Zäunen - seien häufig aufwendig und kostspielig. Die Tiere zu töten könne hingegen unethisch sein, erklärte Finnerty, sodass alternative Ansätze erforderlich seien.
Barriere aus Gerüchen
Eine solche Alternative hat das Forschungsteam nun mit Sumpfwallabys (Wallabia bicolor) getestet. Die kleinen Kängurus fressen gerne Eukalyptusblätter, etwa der Art Eucalyptus punctata. Hingegen meiden sie Korallenrauten-Sträucher der Art Boronia pinnata. Von diesen Sträuchern sammelten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 30 Proben, deren Geruch sie mit Gaschromatografie und Massenspektrometrie analysierten. Das Team fand 482 verschiedene Duftstoffe und wählte diejenigen aus, die in allen Proben vorkamen und deren Mengen bei verschiedenen Pflanzen recht konstant waren - die also als typisch für den Boronia-Strauch gelten können.
Auf Basis der Analyse erstellten die Forschenden eine künstliche Duftlösung, die sie in Glasfläschchen füllten. Aus diesen strömte der Geruch in etwa derselben Intensität wie bei einem echten Boronia-Strauch. Die Fläschchen wurden in einem Nationalpark um Eukalyptusbaum-Setzlinge platziert. Zum Vergleich testete das Team die Reaktion der Wallabys auf Setzlinge ohne Geruchsschutz, Setzlinge, die von echten Boronia-Sträuchern umgeben waren, sowie auf Fläschchen mit anderen künstlichen Gerüchen.
Tatsächlich wurden die Eukalyptus-Setzlinge, die von künstlichem Boronia-Duft umgeben waren, wesentlich seltener von Wallabys gefressen als ungeschützte Pflanzen. Die synthetische Duftbarriere wirkte sogar etwas besser als echte Boronia-Sträucher. Ohne solchen Schutz fraßen die kleinen Kängurus in 75 von 82 Fällen alle Blätter der Setzlinge und in den übrigen Fällen die meisten Blätter.
"In Anbetracht der Tatsache, dass viele Pflanzenfresser den Geruch von Pflanzen als ihren primären Sinn für die Nahrungssuche nutzen, bietet diese Methode einen neuen Ansatz, der weltweit zum Schutz wertvoller Pflanzen eingesetzt werden könnte, sei es im Rahmen der Naturschutzarbeit oder zum Schutz landwirtschaftlicher Kulturen", fasste Patrick Finnerty zusammen.
"Kostengünstige und humane Strategie"
Er hatte den Ansatz zuvor bereits erfolgreich bei Afrikanischen Elefanten getestet und kennt auch Versuche, den Verzehr von Pflanzen mithilfe von Abwehrstoffen wie Chili- oder Motoröl einzudämmen. Ein solches Vorgehen würde allerdings an Grenzen stoßen: "Die Tiere neigen dazu, sich an diese unnatürlichen Reize zu gewöhnen, sodass die abschreckende Wirkung nur vorübergehend ist", erklärte der Ökologe. "Indem wir den Geruch von Pflanzen nachahmen, denen Pflanzenfresser natürlicherweise begegnen und die sie bei der täglichen Nahrungssuche meiden, arbeitet unser Ansatz mit den natürlichen Motivatoren dieser Tiere zusammen, sodass sich Pflanzenfresser weniger an diese Gerüche gewöhnen."
Zudem biete gerade der Einsatz von künstlich erzeugten Duftstoffen viele Vorteile, führte Finnerty weiter aus: "Echte Pflanzen konkurrieren um Wasser und Ressourcen, was die schützende Wirkung von Fraßschutz aufwiegen kann."
Das Forschungsteam ist zuversichtlich, dass sich ihr Ansatz auf andere Säugetiere und möglicherweise auch auf wirbellose Pflanzenfresser übertragen lässt, die sich bei der Nahrungssuche in erster Linie auf die geruchlichen Informationen von Pflanzen verlassen. Es handle sich um eine kostengünstige und humane Strategie.
Quelle: ntv.de, Stefan Parsch, dpa