Nach Todesfällen in Krebszentrum Was taugen alternative Krebstherapien?
05.08.2016, 18:14 Uhr
Eine Krebsdiät, mit der man Tumore heilen kann, gibt es nicht.
(Foto: imago/Science Photo Library)
Der Tod von drei Patienten einer alternativen Krebsklinik in Nordrhein-Westfalen hat die Debatte um die Wirksamkeit von biologischen Therapien gegen den Krebs neu entfacht. Experten warnen: Einige Methoden können Patienten ernsthaft schaden.
Ob "Krebsdiäten", Entgiftungen oder Mistelpräparate - viele Krebspatienten setzen neben der Schulmedizin mit Operation, Strahlen- oder Chemotherapie ihre Hoffnung auf alternative oder komplementäre Methoden. Sie erhoffen sich davon eine wirksamere Bekämpfung des Tumors und die Linderung von Nebenwirkungen. Manche Patienten und Anbieter setzten sogar ausschließlich auf solche Alternativverfahren. Für viele dieser Methoden fehlt nach Angaben des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) allerdings ein Wirksamkeitsnachweis. Auch über Nebenwirkungen ist oft wenig bekannt.
Das alternative Krebszentrum in Brüggen-Bracht wirbt damit, dass 3-Bromopyruvat das "aktuell beste Präparat zur Tumorbehandlung" sei. Das Mittel werde seit einigen Jahren in "experimentellen Grundlagenstudien" untersucht, sagt Susanne Weg-Remers, Leiterin des zum DKFZ gehörenden Krebsinformationsdienstes in Heidelberg. Das Mittel soll den Zuckerstoffwechsel hemmen, so dass Krebszellen zugrunde gehen. Es handelt sich um ein organisches Molekül, das durch ein Brom-Atom ergänzt wird.
Der Ansatz, der auch mit 3-Bromopyruvat verfolgt wird, hat Weg-Remers zufolge "durchaus Berechtigung". Bislang habe es aber erst Untersuchungen an Zellkulturen in der Petrischale und erste Studien an Mäusen und Ratten gegeben. Tierversuche sind aber nicht einfach auf den Menschen übertragbar, etwa wegen des unterschiedlichen Stoffwechsels. "In den Datenbanken haben wir noch keine Hinweise auf klinische Studien am Menschen gefunden, die Voraussetzung für eine Zulassung als Arzneimittel wären", sagt Weg-Remers. Solche Ansätze sind also nicht unbedenklich. Alternativmediziner bewegten sich damit in einem "rechtlichen Graubereich".
Expertin rät von Krebsdiät ab
Die Bandbreite alternativer Krebstherapien reicht aber noch viel weiter - von pflanzlichen Präparaten über Nahrungsergänzungsmittel bis hin zur traditionellen chinesischen Medizin (TCM). Mistelextrakte sind die am häufigsten eingesetzten Alternativmedikamente bei einer Krebsbehandlung - und zugleich eine der umstrittensten Therapien. Ob die Mistel gegen Krebs wirkt, lässt sich bis heute trotz umfangreicher Forschung nicht zweifelsfrei beantworten. Es gibt Hinweise, dass sich Patienten damit allgemein besser fühlen und ihre Lebensqualität während einer Chemotherapie weniger leidet.
Eine Krebsdiät, mit der man Tumore heilen könnte, gibt es nicht. Die Vorstellung, man könne einen Tumor durch Fasten oder kohlenhydratfreie Nahrung "aushungern", sei naiv, sagt Weg-Remers. Auch die Deutsche Krebsgesellschaft rät Patienten von einer kohlenhydratarmen oder -freien Ernährung ab. Es habe bislang für keine Diät überzeugend gezeigt werden können, "dass sie Krebserkrankungen aufhalten und die Überlebenszeit verlängern könnte". Eine strenge Krebsdiät könne sogar den oft ohnehin schlechten Ernährungszustand von Patienten verschlimmern.
Abgesehen vom fehlenden wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis können "sanfte" Methoden und vermeintlich harmlose pflanzliche Mittel zudem unerwartete Wechselwirkungen mit einer Chemotherapie haben. Patienten sollten ihre Ärzte deshalb informieren, wenn sie eine Alternativbehandlung anstreben. Vorsicht ist nach Angaben des Krebsinformationsdienstes auch geboten, wenn ein Anbieter verspricht, dass seine Methode gegen alle Krebsarten helfe oder das Mittel per Internet aus dem Ausland bestellt werden muss.
Quelle: ntv.de, Andrea Hentschel, AFP