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Wahlen, Kriminalität, Gesundheit Wie Big Data unser Leben verändert

Sind wir nur die Summe unserer Daten?

Sind wir nur die Summe unserer Daten?

(Foto: imago/Ikon Images)

Mit Beginn des digitalen Zeitalters schwillt die Menge an Daten weltweit rasant an. Hinter Big Data verbirgt sich die Idee, neue Muster und Zusammenhänge in diesem Datenmeer zu erkennen. Doch neben Vorteilen birgt dies auch Risiken.

Der Datenberg auf der Welt wächst immer schneller. So sollen im Jahr 2020 weltweit zehn Mal so viele Informationen kursieren wie 2013, schätzen Experten. Mit der Idee von Big Data soll dieses Datenmeer jedoch nicht ungenutzt vor sich hinschwappen, sondern sinnvoll genutzt werden. Big Data ist dabei ein Begriff, der sowohl für die gewaltige Datenmenge an sich steht als auch für das Suchen und Erkennen von Mustern und unerwarteten Zusammenhängen. Hier folgen fünf Beispiele, in welchen Bereichen Big Data unser Leben verändern könnte.

Gesundheit

In Zukunft könnte ein Arztbesuch so ablaufen: Der Patient nennt seine Symptome, es werden ein paar Messungen an ihm vorgenommen und dann wandert alles in eine riesige Datenbank, die in Windeseile die Krankheit nennt - und dem Arzt sogar eine Behandlung vorschlägt. Möglich machen soll dies die Analyse gewaltiger Datenmengen aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen: Big Data.

Der Clou: Zuvor voneinander getrennte Wissensschätze werden von Big-Data-Algorithmen verknüpft und blitzschnell ausgewertet - Patientendokumentationen, klinische Register oder Verbrauchsdaten von medizinischen Produkten. In diesen sollen die Programme Muster erkennen: Welche Behandlung und welches Medikament führt am ehesten zum Erfolg? Auch soll Big Data dabei helfen, Kosten zu reduzieren, indem die Zahl von Falschdiagnosen gesenkt wird.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg nutzt Big Data bereits bei der Erforschung neuer Methoden der Krebs-Früherkennung. Bei der sogenannten Flüssigbiopsie sollen Erbgut-Abschnitte von Tumorzellen bereits in kleinen Blutmengen nachgewiesen werden. Die Analyse des Erbguts häuft riesige Datenmengen an, die schließlich mit Big-Data-Tools ausgewertet werden.

Allerdings birgt die Verwendung von Big Data in der Medizin auch Risiken: So werden sehr viele sensible und personenbezogene Daten von Patienten erhoben. Zugleich warnen manche Ärzte, dass sich mit zunehmender Datenerfassung auch die Zahl unnötiger Therapien erhöht.

Einkaufen

Ein Familienfest steht vor der Tür, sie oder er sucht nach einem neuen Kleid oder Anzug. Was früher zu einem nervenaufreibenden Einkaufstrip zu führen drohte, könnte dank Big Data bald kurz und erfolgversprechend werden. So soll dem Kunden bereits bei Betreten seines Lieblingsgeschäfts auf Bildschirmen ein auf seinen Geschmack zugeschnittenes Angebot präsentiert werden.

Grundlage dafür sind Daten, welche mittels des "Internets der Dinge" bereits im Vorfeld in den Geschäften gesammelt und ausgewertet werden: Kleidungsstücke enthalten spezielle Chips, Regale übertragen Informationen über ihren Bestand in eine Datenbank und der Boden des Geschäfts erstellt ein Bewegungsprofil der Kunden. Zusätzliche Informationen zum Shoppingverhalten und zu den individuellen Vorlieben liefern die Smartphones der Kunden.

An der Umsetzung dieser Vision arbeitet etwa der deutsche IT-Konzern SAP, der dafür seine Plattform "SAP Hana" einsetzen will. Auch der Online-Modehändler Zalando setzt auf die Analyse großer Datenmengen, mit der Branchentrends schnell erkannt und Lieferengpässe vermieden werden sollen.

Allerdings sind Big Data in diesem Bereich auch Grenzen gesetzt: Die bloße Analyse des bisherigen Kundenverhaltens kann etwa keine neuen Trends setzen. Und auch hier wird der Kunde immer mehr zum "gläsernen Menschen".

Sicherheit

In dem Film "Minority Report" haben es die Gesetzeshüter einfach: Sie wissen im Voraus, wo und wann ein Verbrechen geschieht - und können den potenziellen Täter bereits vor der Tat festsetzen. Auch Big Data soll bei der Verbrechensvorhersage helfen. Das Stichwort lautet "Predictive Policing".

Ein System dieser Art ist die Software "Precobs", die bereits seit 2014 der Polizei in Bayern bei der Verbrechensbekämpfung hilft. Analysiert werden Daten zu Einbrüchen: etwa Tatzeit, Tatort, Vorgehensweise und Art der Beute. Das Programm erkennt in den Datensätzen Muster und trifft Vorhersagen darüber, in welchem Gebiet einer Stadt organisierte Banden als Nächstes zuschlagen könnten. Die Polizei reagiert dort mit einer erhöhten Präsenz.

In den von "Precobs" überwachten Bereichen in München ist die Zahl der Einbrüche 2015 um fast 60 Prozent gesunken. Allerdings führt die bayerische Polizei dies nicht alleine auf den Einsatz der Big-Data-Analyse zurück. In Nordrhein-Westfalen hilft in einigen Städten ein Computersystem mit dem Namen "Skala" bei der Verhinderung von Einbrüchen. Bei diesem fließen aber nicht nur rein polizeiinterne Daten in die Analyse ein, sondern auch solche zur Bebauung oder Sozial- und Infrastruktur eines Viertels.

Doch die Verwendung derartiger Daten führt zu Kritik von Datenschützern. Eine Gefahr besteht etwa darin, dass nicht nur Gebiete, sondern auch konkrete Personen, auf die polizeiliche und sozioökonomische Daten zutreffen, unter Verdacht geraten.

Verkehr

Staus in New York: Mit Mobilfunkdaten ermittelt Google Maps das Verkehrsaufkommen in Echtzeit.

Staus in New York: Mit Mobilfunkdaten ermittelt Google Maps das Verkehrsaufkommen in Echtzeit.

(Foto: Google Maps)

Der Albtraum von Pendlern sind Staus auf den Straßen und überfüllte U-Bahnen auf dem Weg zur Arbeit. Um in Zukunft Verkehrsströme besser lenken und die knappe Infrastruktur der Städte optimal nutzen zu können, soll Big Data zum Einsatz kommen.

Auch hierbei spielt das "Internet der Dinge" eine wichtige Rolle: Autos, Busse, Bahnen, Straßen und Laternen sollen mit Sensoren bestückt und mit einer Datenbank vernetzt werden. Sie alle liefern Daten zur aktuellen Verkehrssituation. Besonderes Augenmerk richten Verkehrsforscher auf die Erfassung von Mobilfunkdaten. Sie können die Bewegungsprofile von Einzelpersonen, Fußgängern und Fahrradfahrern liefern. Mobilfunkdaten werden bereits heute für die Ermittlung der Verkehrslage bei Google Maps herangezogen.

In Zukunft könnte Big Data dabei helfen, Ampelphasen genau zu steuern oder Flotten autonom fahrender Autos effizient durch die Stadt zu navigieren. Auch könnte an Schwerpunkten die Infrastruktur für Fußgänger und Fahrradfahrer entsprechend ausgebaut werden.

Aber auch bei Big Data im Straßenverkehr gibt es Risiken im Bereich Datenschutz und Privatsphäre. Auch wenn meistens anonymisierte Datensätze verwendet werden, kann unter gewissen Umständen die Identität der Verkehrsteilnehmer ermittelt werden.

Politik

Nicht nur ein Produkt kann aufgrund von Big Data individuell auf Menschen zugeschnitten werden, sondern auch eine politische Botschaft. Und das ist keine Zukunftsmusik, sondern bereits Realität. In den USA wurde dies bereits von Barack Obamas Team im Präsidentschaftswahlkampf 2012 praktiziert. Auf Grundlage von öffentlich und kommerziell verfügbaren Daten über Menschen wussten Obamas Wahlhelfer vor Ort noch genauer, mit welchen Themen sie welche Wähler für ihre Sache überzeugen mussten.

Auf die Spitze getrieben wurde der Einsatz von Big Data jedoch von der Wahl-Kampagne des derzeitigen US-Präsidenten Donald Trump. Verantwortlich für die Analyse war das Unternehmen Cambridge Analytica. Quellen waren neben öffentlich verfügbaren Daten auch die Auswertungen von speziellen Persönlichkeitstests im Internet. Auf deren Grundlage wollen die Targeting-Experten Psychogramme von rund 220 Millionen US-Bürgern erstellt haben, wie sie in der Schweizer Publikation "Das Magazin" erklärten.

Die erstellten Persönlichkeitsprofile seien für die gezielte Ansprache der potenziellen Trump-Wähler durch Werbebotschaften genutzt worden, die via Facebook, Twitter und Snapchat verbreitet wurden.

Erfolg und die Auswirkungen dieser sogenannten Microtargeting-Methode auf Basis von Big Data gelten als umstritten. Unklar ist etwa, ob Trump die Wahl nicht auch ohne deren Einsatz gewonnen hätte. Jedoch zeigt sie die Potenziale von Wählerbeeinflussung durch Datenanalyse auf. Das Problem dabei: Politische Inhalte könnten zukünftig maßgeschneidert auf den individuellen Wähler verkauft werden, nur um Wahlen zu gewinnen.

Quelle: ntv.de

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