Panorama

Besonders viele Fälle in den Sommerferien Briten alarmiert über Zwangsheiraten

Ferienzeit, Urlaubszeit, doch der eigentlich schöne Heimaturlaub entpuppt sich für britische Teenager als unfreiwillige Reise in den Hafen der Ehe. Das Innenministerium in London sieht sich jetzt genötigt, eine deutliche Warnung auszusprechen.

Nicht jede Ehe wird freiwillig geschlossen.

Nicht jede Ehe wird freiwillig geschlossen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die britische Regierung warnt vor einem Anstieg der Zwangsheiraten in den Schulferien. Im Sommer gebe es besonders viele Berichte über junge Leute, vor allem Mädchen, die in den "Urlaub" ins Ausland geschickt würden - und keine Ahnung davon hätten, dass ihre Familien sie dort zwangsverheiraten wollten, teilte das Innenministerium in London mit.

Lehrer, Ärzte und Flughafenpersonal sollten auf der Hut sein. Die Behörden riefen gefährdete junge Leute auf, Hilfe zu suchen. Die zuständige Abteilung in Großbritannien hatte im vergangenen Jahr mit rund 1500 derartigen Fällen zu tun, bei einem Drittel davon ging es um Kinder unter 17 Jahren. Fast die Hälfte der Betroffenen wurde nach Pakistan geschickt.

Die Regierung hatte im vergangenen Jahr Pläne für neue Gesetzesregelungen angekündigt: Danach sollen Eltern, die ihre Kinder zwangsverheiraten, mit Gefängnis bestraft werden.

Weltweit hat nach Unicef-Angaben jede dritte verheiratete Frau zwischen 20 und 24 Jahren vor ihrem 18. Lebensjahr geheiratet. Das entspreche 70 Millionen Menschen. Die Daten beziehen sich auf das Jahr 2006. Je jünger die Kinder seien, desto seltener geschehe die Hochzeit auf deren eigenen Wunsch, so Unicef.

Die Organisation Terre des Femmes geht von Zwangsverheiratung aus, wenn "mindestens einer der Eheleute durch Gewalt oder Drohung zum Eingehen einer formellen oder informellen (also durch eine religiöse oder soziale Zeremonie geschlossenen) Ehe gezwungen wird". Eine Zwangsehe liegt vor, wenn sich die Betroffenen gezwungen sehen, eine geschlossene Ehe gegen ihren Willen aufrechtzuerhalten – auch wenn die Ehe freiwillig geschlossen wurde. Arrangierte Ehen indes werden zwar aus dem Umfeld der Partner initiiert, dann aber mit deren Einverständnis geschlossen.

In fast allen Ländern der Welt sind Zwangsverheiratungen rechtswidrig, Grundlage ist Artikel 16 Absatz 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948, der die freie Willenseinigung der Ehepartner voraussetzt. Seit Oktober 2010 ist die Zwangsverheiratung in Deutschland nach Paragraph 237 des Strafgesetzbuches (StGB) ein eigener Straftatbestand, seit 2011 ist auch die Anstiftung zur Zwangsehe strafbar. Frauen, die im Ausland zwangsverheiratet werden, erhalten ein zehn Jahre geltendes Rückkehrrecht nach Deutschland.

Quelle: ntv.de, sba/AFP

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