Person der Woche

Person der Woche Die Kanzlerkandidatin Ursula von der Leyen

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Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 6. Februar im Trainingscamp in Koulikoro in Mali.

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen am 6. Februar im Trainingscamp in Koulikoro in Mali.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ursula von der Leyen beginnt ihr Mandat mit einem Paukenschlag: Ihre Afrika-Reise und der Vorstoß für neue Auslandeinsätze der Bundeswehr provozieren Widerspruch. Doch sie handelt nach einem Plan. Denn ihr eigentliches Ziel heißt, 2017 Bundeskanzlerin zu werden.

Sie stiefelt durch Afrika wie eine Außenministerin, sie redet zu ihren Soldaten ("Seien Sie behütet") im Kindergartenduktus einer Familienministerin, sie verkündet verblüffende Bundeswehrreformen (Kitas in Kasernen) wie eine Sozialministerin. Dabei ist Ursula von der Leyen jetzt Verteidigungsministerin. Aber wer sie genau beobachtet, der kennt ihr eigentliches Ziel, und das liegt über den Ministerien: das Kanzleramt 2017.

Ähnlich wie Hillary Clinton in Amerika hat Ursula von der Leyen hierzulande bereits mit dem nächsten Wahlkampf begonnen. Sie rechnet - wie die meisten in Berlin - damit, dass Angela Merkel diese Große Koalition zu ihrer letzten Amtszeit werden lässt. Wer ihr also nachfolgen will, muss frühzeitig die Weichen stellen. Die Afrikareise ist ein Vorgeschmack davon. Von der Leyen begibt sich in präsidiale Posen, sucht die Medien, drängt auf die weltpolitische Bühne und strebt nach der Verkörperung des patriotischen Prinzips.

Denn Ursula von der Leyen hat zwei Probleme beim Aufbruch in die Kanzlerkandidatur. Zum einen sind viele Deutsche skeptisch, ob sie wirklich die Idealbesetzung für den neuen Job ist. Dass ausgerechnet die weiblich-soziale Weichrednerin der Nation (Spitzname "Röschen") in der Männerwelt aus Stahl, Granaten, Befehl und Gehorsam antritt, wird als schräge Zufalls-Kombination empfunden. Sie hat weder gedient noch eine vertiefte Kompetenz vom Militär. Also steht die neue Ministerin unter strenger Begutachtung der Öffentlichkeit wie der Generalität, von Soldaten wie der politischen Klasse. Diese Mission ist darum riskant für ihre Karriere, zumal der Posten des Verteidigungsministers ohnedies als Schleudersitz jeder Bundesregierung gilt.

Gleich der erste Verteidigungsminister Theodor Blank muss schon 1955 nach nur 16-monatiger Amtszeit das Handtuch werfen, weil sich der Aufbau der Bundeswehr hinzieht. Sein Nachfolger Franz Josef Strauß stürzt 1962 über die "Spiegel"-Affäre. Georg Leber verliert sein Amt 1978  nach  Abhöraktionen des Militärischen Abschirmdienstes, Rudolf Scharping erwischt es nach seiner Pool-PR-Affäre, Franz-Josef Jung wird die Kunduzfrage zum Verhängnis, Karl-Theodor zu Guttenberg stolpert über Plagiate in seiner Doktorarbeit. Andere wie Rupert Scholz, Gerhard Schröder und Helmut Schmidt halten es nur kurz im Amt aus, und alle - von Kai-Uwe von Hassel (Starfighter-Probleme) über Manfred Wörner (Kießling-Affäre) bis Gerhard Stoltenberg (Türkeipanzer) und Thomas de Maizière (Euro-Hawk) - hatten ihre liebe Not, in der "Schlangengrube" (Wörner) überhaupt zu überleben. Kurzum: Ursula von Leyen erwartet die schwerste berufliche Mission ihres Lebens, zumal sie die Wähler davon überzeugen muss, die Bundeswehr mit immer weniger Mitteln in immer neue Auslandsmissionen zu schicken, was in der deutschen Bevölkerung denkbar ungewollt ist und ihrer persönlichen Beliebtheit schaden wird.

Das neue Amt kann von der Leyen helfen

Ihr zweites strategisches Problem liegt darin, dass sie in der CDU ambivalenter gesehen wird als es nach außen scheint. Sie hat sich in wichtigen gesellschafts- und sozialpolitischen Fragen auf dem linken Parteiflügel positioniert und ein ums andere Mal die Konservativen wie Wirtschaftsliberalen vor den Kopf gestoßen. Ihre persönliche Minister-Taktik war es in den vergangen Jahren, die SPD mit ihren eigenen Waffen der Sozialbemutterung zu schlagen und alles, was in der SPD an Forderungen aufkam, sich flugs selber anzueignen. So macht sie sich nach außen unverwundbar, doch in der Union haben das einige als Opportunismus und Verrat empfunden - zumal nach einer Koalitionsverhandlung, die aus einem klaren Wahlsieg eine programmatische Niederlage gemacht hat. Die Sehnsucht in der Union nach einem bürgerlichen Profil jedenfalls wächst.

Ursula von der Leyen muss sich also vom blonden Nobert Blüm der Union verwandeln in eine Figur, die die Partei in ihrer Gänze verkörpert. Dabei freilich kann ihr das neue Amt helfen. Denn dort stählt sie schon das Ambiente aus Kampfpanzern und schneidigen Generalsrunden. Sie wird der konservativen Sehnsucht in der Union näher rücken, weil sie das nationale Prinzip und die beliebte Bundeswehr verkörpern und immer auf coolen Actionfotos mit Staatslenkermiene auftauchen darf.

Zwei Umstände kommen ihr für 2017 ohnedies entgegen. Zum einen wird wahrscheinlich Sigmar Gabriel der Herausforderer, der ganz spiegelbildlich zu von der Leyen dabei ist, sein Image vom bissigen Bauch-Sozialisten zum abwägenden Wirtschaftsversteher zu arrondieren. Und trotzdem dürfte er gerade für sie ein leichter Gegner bleiben. Zum anderen hat die CDU kaum kanzlerfähige Alternativen. Schäuble ist dann zu alt, de Maizière zu technokratisch, Bouffier zu hessisch, Kauder zu kantig, Julia Klöckner (sie hätte das Potential) zu jung. Und so kann Ursula von der Leyen die Kandidatur ruhig und systematisch planen. Und sei es in afrikanischer Feldherrinnenpose.

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Von heute an präsentiert Wolfram Weimer regelmäßig die "Person der Woche" bei n-tv.de. Weimer ist einer der renommiertesten Publizisten Deutschlands. Er war Chefredakteur der Tageszeitungen "Die Welt" und "Berliner Morgenpost" sowie des "Focus". Weimer ist außerdem Gründungsherausgeber des von ihm 2004 geschaffenen Politik-Magazins "Cicero". Seit 2012 gibt er als Verleger in der Weimer Media Group eine Reihe von Wirtschaftsmedien wie den "Wirtschaftskurier" und die "Börse am Sonntag" heraus.

Quelle: ntv.de

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