G20 will raus aus Konjunkturhilfen Ackermann soll helfen
05.11.2010, 21:00 UhrAuf der Agenda des anstehenden G20-Gipfeltreffens in Süd-Korea steht auch die Frage nach dem Ausstieg aus den milliardenschweren staatlichen Konjunkturhilfsprogrammen. Als Ideengeber darf ein alter Bekannter eine Arbeitsgruppe leiten: Deutsche-Bank-Chef Ackermann. Für die USA wird es ein schwieriges Treffen, sie erwartet jede Menge Kritik.
Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann soll für die Staats- und Regierungschefs der zwanzig größten Industrie- und Schwellenländer, G20, Wege zu einem schonenden Ausstieg aus den milliardenschweren Konjunkturhilfen suchen. Parallel zum G20-Gipfel in der kommenden Woche in Seoul treffen sich rund 110 Lenker internationaler Großkonzerne auf Initiative des südkoreanischen Staatspräsidenten Lee Myung-bak zu einem "G20 Business Summit". Ackermann leitet dabei eine Arbeitsgruppe unter dem Titel "Coordination of Exit Strategies for Government Stimulus", wie die Deutsche Bank mitteilte.
Das Treffen der Manager, zu dem aus Deutschland neben dem Deutsche-Bank-Chef auch Bosch-Chef Franz Fehrenbach eingeladen ist, ist erstmals in das Gipfelprogramm eingebunden. Ackermann trägt die Ergebnisse am Donnerstag vor den Politikern vor. Zahlreiche Staaten hatten in der Finanzkrise Milliarden in die Wirtschaft gepumpt, um die Rezession abzufedern und Banken zu retten. Nun gilt es, das Geld dem Wirtschaftskreislauf wieder zu entziehen, ohne die Konjunktur abzuwürgen.
USA auf der Anklagebank
Das G20-Gipfeltreffen könnte sich stürmisch gestalten, im Kreuzfeuer steht diesmal jedoch nicht China, sondern die USA, deren Geldpolitik derzeit auf wenig Verständnis stößt. Deutschland und China, die wegen ihrer Handelsüberschüsse oft genug Zielscheibe der US-Kritik waren, gingen die US-Regierung am Freitag frontal an. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble befand: "Bei allem Respekt, mein Eindruck ist, die Vereinigten Staaten von Amerika sind ratlos." Die neue Geldspritze der US-Notenbank löse die Probleme des Landes nicht und zudem schürten die USA den Verdacht, gezielt den Dollarkurs nach unten zu drücken.
Chinas Vize-Außenminister Cui Tiankai warf der Regierung von Präsident Barack Obama gleichfalls vor, mit ihrem Vorschlag konkreter Leistungsbilanz-Zielen für Staaten falsche Schwerpunkte zu setzen. Es gebe viel wichtigere Themen, wie etwa die Geldmengenvermehrung der Vereinigten Staaten. Die Vorgabe von Leistungsbilanzzielen hält auch Deutschland schlichtweg für falsch. Das Problem der Ungleichgewichte müsse auf breiterer Ebene und differenzierter diskutiert werden, hieß es in Regierungskreisen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel machte sich die Wortwahl der Kritik an den USA, die vor Schäuble schon Wirtschaftsminister Rainer Brüderle geäußert hatte, zwar nicht zu Eigen. In Kreisen der Regierung hieß es aber, man könne davon ausgehen, dass die Kanzlerin ähnlich denke und das Thema beim Gipfeltreffen in der kommenden Woche in Seoul ansprechen werde. Aus ihrem Umfeld hieß es allerdings besänftigend, man müsse offenlassen, ob die jüngste verbale Aufrüstung letztlich hilfreich sei.
Wer hält die Währung unten?
Die USA hatten wiederholt gerade die Überschussländer China und Deutschland - den Export-Weltmeister und seinen Vize - harsch aufgefordert, ihren Kurs zu ändern und über die Förderung ihrer Binnenkonjunktur der Weltwirtschaft mehr Impulse zu geben. Seit Jahren werfen die USA zudem China vor, ihre Währung Yuan künstlich unterbewertet zu halten, um sich so eigene Handelsvorteile zu verschaffen.
Nach der jüngsten Geldspritze der US-Notenbank Fed von 600 Mrd. Euro sieht sich die USA nun selbst Vorwürfen ausgesetzt. Schäuble sagte vor der BMW-Stiftung in Berlin, es dränge sich der Eindruck auf, als tue die US-Regierung nichts anderes als das asiatische Riesenreich, nur mit anderen Mitteln. "Die Instrumente sind unterschiedlich, aber das Ziel ist dasselbe", sagte Schäuble. Der jüngste Liquiditätsschub könne die Probleme Amerikas nicht lösen. Schäuble äußerte auch Zweifel, ob Obama sein Versprechen vom G20-Gipfel in Toronto einhalten kann, das Haushaltsdefizit bis 2013 zu halbieren.
China macht feste Ziele nicht mit
In eine ähnliche Kerbe hieb China. "Wir glauben, die Debatte über Leistungsbilanzziele geht an der Sache vorbei", sagte Vize-Außenminister Cui. In der Weltwirtschaft gebe es wichtigere Themen, etwa das der geldpolitischen Lockerung in den USA. Zwar habe auch China ein Interesse am Abbau von Ungleichgewichten, doch dürfte man diese Frage nicht isoliert behandeln. Zudem wies Cui Forderungen zurück, Zielwerte für eine Aufwertung des Yuan zu verabreden. Das werde China nicht mitmachen.
Neben dem Thema Ungleichgewichte und Wechselkurse wird es in Seoul bei der G20 um den Ausstieg aus den teuren Programmen zur Krisenbekämpfung gegen. Dabei erinnert Deutschland an das gegenseitige Versprechen von Toronto, die Etatdefizite in den kommenden zwei Jahren zu halbieren. Mit dem Beschluss über schärfere Eigenkapitalanforderungen an Banken, die sogenannten Basel III-Regeln, soll in Seoul ein Schlüsselthema der Finanzmarktregulierung abgeschlossen werden. Merkel hatte am Vortag erklärt, sie sehe auch aufseiten der US-Regierung den festen politischen Willen, diese Regeln umzusetzen. Aus der Bundesregierung kommen Warnungen, das Paket der Basel-lII-Regeln beim Gipfel noch einmal aufzuschnüren.
Die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer treffen sich am kommenden Donnerstag und Freitag zu ihrem fünften Gipfel. Künftig soll der Kreis der G20 ständig um fünf Gastländer aus allen Erdteilen erweitert werden, darunter aus Europa Spanien.
Quelle: ntv.de, sla/rts