Blamage in Interview Trump "erfindet" uralte Redewendung
12.05.2017, 15:58 Uhr
"Yep, yep." Konnte oder wollte Finanzminister Mnuchin seinen Boss nicht von dessen peinlichen Fehlern abhalten?
(Foto: imago/ZUMA Press)
"Alternative Fakten" gibt der US-Präsident häufig in Interviews von sich. Selten ist die Dichte peinlicher Fehler aber so groß wie in einem Gespräch mit der Zeitschrift "Economist". Seine eigenen Experten lassen Trump ins offene Messer laufen.
Die Erwartung war wohl, dass Donald Trump in seinem jüngsten Interview mit dem britischen Magazin "Economist" seine Wirtschaftspolitik erläutern würde. Immerhin bringt er zu dem ausführlichen Gespräch seine höchstrangingen Fachleute - unter anderem Finanzminister Steve Mnuchin und den Chef des Nationalen Wirtschaftsrats, Gary Cohn - mit. Doch die beiden ehemaligen Goldman-Sachs-Banker halten den Präsidenten nicht davon ab, sich bis auf die Knochen zu blamieren.
Während Cohn im ganzen Interview gar nichts sagt, mischt sich Mnuchin hauptsächlich beim Thema Steuern ein. Ansonsten lobt er den Präsidenten unter anderem einmal mit einem aufmunternden "Yep, yep". Vizepräsident Mike Pence dagegen wirft ein zackiges "Yes, Sir" ein, als ihn der Oberkommandierende um eine Bestätigung bittet.
Ein anderes Mal pflichtet Finanzfachmann Mnuchin Trumps Behauptung bei, dass dieser allein durch seine knallharte Rhetorik "die Chinesen" davon abgebracht habe, ihre Währung künstlich abzuwerten. "Sobald der Präsident gewählt war, schlugen sie die entgegengesetzte Richtung ein", sagt Mnuchin. Das ist kompletter Blödsinn. Denn schon seit rund drei Jahren interveniert Peking massiv am Devisenmarkt, um das Gegenteil zu erreichen, nämlich eine weitere Abwertung des Yuan zu stoppen.
Ansonsten tappt Trump weitgehend ohne Hilfe seiner Finanzexperten von einem Fettnäpfchen ins nächste. In seinen weitschweifigen Antworten auf meist einfache Fragen, behauptet er unter anderem, die USA würden bei Streitschlichtungsverfahren mit Kanada im Rahmen des Freihandelsabkommens Nafta "immer verlieren". In Wirklichkeit wurden die meisten solcher Fälle dagegen zugunsten der USA entschieden. Auch erwähnt Trump ein milliardenschweres Handelsdefizit gegenüber Kanada, obwohl die USA im vergangenen Jahr einen Überschuss im Handel mit dem Nachbarn erzielten. Sowohl Interviewer als auch Trumps Mitarbeiter lassen seine Behauptungen unkommentiert.
Trump hat eigene Interviews vergessen
Desweiteren erzählt Trump, Irland habe die Finanzkrise bewältigt, ohne Steuern zu erhöhen - eine Behauptung, die angesichts der massiven Steuerhöhungen in dem EU-Land in den Krisenjahren in der irischen Presse umgehend für Spott sorgte. Zudem erzählt Trump, die USA hätten die höchsten Steuern der Welt, obwohl vor allem die Einkommenssteuer eine der niedrigsten im internationalen Vergleich ist.
Der peinlichste Moment des Interviews naht, als Trumps groß angekündigte Steuerreform zur Sprache kommt. Auf die Frage, ob es "OK" sei, wenn die geplante enorme Steuerentlastung zu einem höheren Haushaltsdefizit führen würde, behauptet Trump nicht nur fälschlicherweise, das sei schon bei Ronald Reagan in den 1980er-Jahren genauso gewesen. Er sagt auch, er habe "vor ein paar Tagen" einen Ausdruck für diese Politik - die Wirtschaft mit schuldenfinanzierten Entlastungen oder Investitionen anzukurbeln - erfunden: "Priming the pump". Wörtlich bedeutet das etwa: eine Pumpe mit Wasser befüllen, bevor sie effektiv pumpen kann.
Mehrmals fragt Trump den Interviewer: "Verstehen sie den Ausdruck?" oder "Haben sie den Ausdruck schon einmal gehört?" Die Antwort ist jedes Mal ein trockenes "Yes." Die Redewendung wird schließlich in diesem Sinne seit Jahrzehnten verwendet: Wie unter anderem der Wörterbuch-Verlag Merriam-Webster auf Twitter mitteilte, ist "Priming the Pump" seit mindestens den 1930er Jahren ein feststehender wirtschaftspolitischer Ausdruck.
Im Internet und den US-Medien ergoss sich umgehend Hohn und Spott über den Präsidenten. Der kann sich keineswegs darauf berufen, dass die Redewendung bislang nur in Fachkreisen bekannt war. In den vergangenen Monaten benutzte Trump schließlich selbst den Ausdruck mindestens schon zwei Mal.
Quelle: ntv.de