Statt eines Mercedes GLE? Genesis GV80 - viel Auto fürs Geld
21.01.2022, 08:51 Uhr
Im Moment dürfte der Fahrer eines Genesis GV80 für mehr Aufsehen sorgen als der eines Mercedes GLE oder der eine BMW X5.
(Foto: Genesis)
Mit der Marke Genesis und vor allem dem GV80 will die Nobelmarke des Hyundai-Konzerns jetzt endlich auf Augenhöhe mit Benz und Co. fahren. Und das scheint zu gelingen, denn das mächtige SUV weckt nicht nur die Neugierde, sondern es verwöhnt auch mit Technik, Leistung und Komfort.
Wer mit seinem Auto zeigen will, dass er es zu etwas gebracht hat, machte bislang um Modelle koreanischer Hersteller einen Bogen. Doch mit der 2021 offiziell in Deutschland eingeführten Premiummarke Genesis und dem SUV-Flaggschiff GV80 kommen geltungssüchtige, als auch anspruchsvolle Kunden gleichermaßen auf ihre Kosten.
Ein echter Hingucker
Ob extrabreiter Genesis-Schriftzug am Heck, glänzende 22-Zoll-Räder, reichlich Chromzierrat, der mächtige Kühlergrill oder die schiere Größe, der GV80 hebt sich in mehrfacher Hinsicht von anderen Autos ab. Drehende Köpfe, filmende Handys sowie fragende Nachbarn und Passanten sind aktuell ständige Begleiter für einen GV80-Fahrer. Ist das ein amerikanisches Modell oder gar ein neuer Bentley? Den Allradriesen richtig einzuordnen, fällt vielen schwer. Das liegt auch daran, dass er wohl nicht ganz zufällig mit einer Lackierung in Cardiff-Green und seinen mächtigen Luftöffnungen im Bug ein wenig mit dem Flair britischer Nobelkarossen kokettiert. Doch selbst wenn Neugierige über die koreanische Herkunft aufgeklärt werden, bleibt eine gewisse Ehrfurcht bestehen.
Auch seinen Gästen vermittelt das propere SUV mit schicken Lederwelten und feinem Ambiente das Gefühl, oben angekommen zu sein. So gibt es Platz im Überfluss. Kein Zwangskontakt von Ellenbogen vorne, kein Kniekontakt mit den Rückenlehnen der Vordersitze auf der Rückbank, kein nerviges Kofferraum-Tetris, sollte das Gepäck mal größer sein. Sind es lediglich ein Trolley oder eine Einkaufstasche wirken diese wie auch kleinere Gäste im variabel nutzbaren Fond schon fast verloren. Die nüchternen Zahlen bestätigen den Eindruck: Zwischen 735 und 2152 Liter lassen sich hinter der elektrisch öffnenden und schließenden Heckklappe verstauen.
Zentraldisplay mit 3D-Effekt
Vorne verzückt der GV80 den Fahrer bisweilen sogar auf verblüffende Art. Da wäre das digitale Cockpit, das klassische Rundinstrumente mit einem schicken 3D-Effekt zeigt. Um die Dreidimensionalität zu erleben, muss der Fahrer keine spezielle Brille tragen. Stattdessen überwachen Kameras permanent, wo er seine Augen hat, um ihm so im Display eine räumliche Tiefe vorzugaukeln, welche die Instrumente wie fein gearbeitete Chronografen erscheinen lässt. Der extrabreite 14,5-Zoll-Touchscreen des Infotainmentsystems, ein Head-up-Display im XL-Format sowie ein kleineres Display für die Klimatechnik runden den Digital-Exzess ab.
Die Bedienung der vielen Funktionen über verschiedene Schnittstellen ist allerdings nicht über jeden Zweifel erhaben. So muss man als Fahrer den rechten Arm weit strecken, um Eingaben über den Touchscreen zu machen. Alternativ kann man in der Mittelkonsole auf den Dreh-Drücksteller mit Touchpad-Funktion zurückgreifen. Das sowohl Auge als auch die Hand schmeichelnde Bedienteil setzt jedoch nicht immer präzise das im Display um, was die Finger ihm zu befehlen versuchen. Zudem sorgt eine gelegentlich begriffsstutzige Sprachsteuerung für Verdruss. Man sollte also etwas Eingewöhnungszeit und in mancher Situation auch etwas Geduld mitbringen. Eindeutig gut gelöst ist die Konnektivitätstechnik, die ein unkompliziertes Koppeln mit dem Smartphone ermöglicht, das sich per Induktion kabellos in einer Schale mit Strom versorgt.
Druckvoll und schnell

Mit dem Sechszylinder-Diesel befeuert, wird der Genesis trotz seiner 2,3 Tonnen bis zu 230 km/h schnell.
(Foto: Genesis)
Ebenfalls unkompliziert lässt sich der GV80 fahren. Ein Druck auf den Startknopf neben dem Lenkrad erweckt einen mächtigen R6-Diesel zum Leben. Sein markig-grummeliger Klang verspricht gehobenes Leistungsniveau, das der fast 2,3 Tonnen schwere Allradler in fast allen Lebenslagen auch überreichlich bietet. Mit einem Dickschiff dieses Formats erlebt man den in der jüngeren Vergangenheit viel gescholtenen Selbstzünder als weiterhin attraktive Alternative, was vor allem auch dem maximalen Drehmoment von 588 Newtonmeter geschuldet ist, das von einer flink die Gänge wechselnden Achtgang-Automatik verwaltet wird.
Der Sprint auf Tempo 100 dauert 7,5 Sekunden, maximal sind 230 km/h drin, die mit durchgehend strammen Durchzug auch zügig erreicht werden. Angesichts moderater Windgeräusche sowie einer bei hohen Geschwindigkeiten vertrauenerweckenden Straßenlage sollte man den Tacho stets im Blick behalten, sofern man nicht ungewollt als Temposünder unterwegs sein will. Helfen kann die Assistenztechnik, denn dank Verkehrszeichenerkennung passt der Abstandstempomat sich den Vorgaben am Straßenrand ebenso an, wie dem Vordermann.
Kein Sparmeister unter der Haube
Der kontrollierende Blick auf die Tempoanzeige empfiehlt sich auch beim Abbiegen und bei Kurvenfahrten, denn gelegentlich merkt man anhand einer gewissen Schlagseite, dass man schneller als gewollt ums Eck fährt. Trotz der komfortbetonten Art und dem hohen Gewicht lässt sich der GV80 durchaus spaßbetont und zügig durch Kurven scheuchen. Hilfreich ist dabei eine im Kern auf Heckantrieb ausgelegte Plattform, die mit einer Kraftverteilung auf beide Achsen und einem elektronischen Sperrdifferenzial kraftvolles Herausbeschleunigen ohne Traktionsprobleme erlaubt.

Wer im Genesis GV80 hinten sitzt, braucht sich wegen Platzproblemen keine Sorgen zu machen.
(Foto: Genesis)
Wer zügiger unterwegs ist, wird den Spritkonsum leicht auf zweistelliges Niveau treiben. Mit einem Durchschnittsverbrauch von 8,9 Litern wurde der WLTP-Herstellerwert zwar lediglich um zwei Zehntelliter überboten, aber er liegt ohnehin fast zwei Liter über dem eines Mercedes GLE mit ähnlicher Leistung. Einen Umweltengel hat sich der GV80 damit sicherlich nicht verdient.
Viel Feines und davon reichlich ist das Motto des GV80, was vor allem auf die Topausstattung Luxus zutrifft, die in Kombination mit dem 3,0-Liter-Diesel für knapp über 70.000 Euro angeboten wird. Neben einigen Einzelextras kann man noch das empfehlenswerte Technikpaket für 4300 Euro hinzubestellen, das neben dem 3D-Kombiinstrument auch Head-up-Display und den Autobahnassistenten II beinhaltet. Auf etwa 85.000 Euro steigt der Preis, wenn man noch einige Häkchen in der Optionsliste setzt. Angesichts des Gebotenen ist das relativ günstig im Vergleich zur noch teureren deutschen Premium-Liga und der GV80 in dieser Hinsicht eben doch ein typischer Koreaner, der unterm Strich viel Auto für weniger Geld bietet.
Quelle: ntv.de, Mario Hommen, sp-x