Baustellen-Bilanz 2020So viel wird auf Autobahnen gebaut

Der Bund nutzt das coronabedingt geringere Verkehrsaufkommen und baut deutlich mehr auf den Autobahnen. Die hohe Zahl der Baustellen zeigt nach Ansicht der FDP allerdings, wie sehr der Erhalt der Infrastruktur zuvor vernachlässigt worden sei.
Deutschland hat das verkehrsarme Corona-Jahr 2020 für viele Bauarbeiten auf den Autobahnen genutzt. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine FDP-Anfrage hervor, die ntv vorliegt. Demnach wurden 787 Autobahn-Baustellen gemeldet - laut ADAC rund 30 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Die Baustellen hatten im Schnitt eine Länge von 2,8 Kilometern und dauerten 199 Tage. Die mit Abstand meisten gab es in Nordrhein-Westfalen (416), gefolgt von Bayern (77) und Niedersachsen (76). Gezählt wurden Arbeiten, die mindestens vier Tage dauerten.
FDP-Verkehrsexperte Oliver Luksic sieht in der gestiegenen Zahl der Baustellen allerdings eher Versäumnisse der Bundesregierung. Zu lange sei nichts passiert. "Auch im letzten Jahr hat sich die jahrelange Unterfinanzierung der Fernstraßen gerächt", sagte er. Deutschland als Exportnation und Verkehrskreuz Europas könne sich das Risiko bröckelnder Fahrbahnen nicht erlauben. Planung und Bau müssten dringend beschleunigt, die neue Autobahn GmbH gestärkt werden. "Es braucht weniger Bürokratie, mehr Digitalisierung."
Die Bundesverkehrsministerium verweist in seiner Antwort auf die FDP-Anfrage darauf, dass die Investitionen in das deutsche Fernstraßennetz kontinuierlich angestiegen seien. Mit 7,92 Milliarden Euro habe man nochmals 150 Millionen Euro mehr ausgegeben als 2019. Das Ministerium rechnet nicht damit, dass künftig weniger an Autobahnen gebaut werden muss, nur weil während der Corona-Pandemie weniger Autos unterwegs waren. Der LKW-Verkehr nämlich habe nicht abgenommen - und durch ihn entstehe der meiste Bedarf an Ausbesserungen.
Als "ernüchternd" bezeichnet FDP-Verkehrspolitiker Luksic einen anderen Aspekt der Antwort aus dem Ministerium: Mitte Mai weiß die Bundesregierung noch immer nicht, auf wie vielen Brücken auf Autobahnen und Bundesstraßen 2020 gebaut wurde. Die Meldungen aus den Bundesländern müssen eigentlich jedes Jahr bis zum 1. April vorliegen, bislang aber tun sie dies nicht. Die Daten müssten dringend straffer erfasst werden, so Luksic. "Nur mit genauen Daten können die richtigen Entscheidungen getroffen werden."