Unterhaltung

Fabers Trauma ist unser Trauma Der Dortmunder "Tatort" im Schnellcheck

Die Kommissare Bönisch (Anna Schudt, l.) und Faber (Jörg Hartmann) wähnen den Killer der beiden Polizisten noch in der Bank.

Die Kommissare Bönisch (Anna Schudt, l.) und Faber (Jörg Hartmann) wähnen den Killer der beiden Polizisten noch in der Bank.

(Foto: WDR/Frank Dicks)

Zwei kaltblütig ermordete Polizisten und ein Konvertit mit einem Sprengstoffgürtel bilden den Auftakt zu einem packenden Echtzeit-Thriller. "Sturm" brennt sich aber vor allem wegen der erschreckenden Parallelen zu den Ereignissen der vergangenen Wochen ins Zuschauerhirn ein.

Das Szenario

Opfer oder Täter? Muhammad Hövermann (Felix Vörtler)

Opfer oder Täter? Muhammad Hövermann (Felix Vörtler)

(Foto: WDR/Frank Dicks)

In der Dortmunder Innenstadt werden am frühen Morgen zwei Polizisten aus nächster Nähe erschossen - scheinbar völlig ohne Grund. Unweit vom Tatort entdeckt der hastig einberufene Kommissar Faber (Jörg Hartmann) dann einen Mann, der in den abgedunkelten Geschäftsräumen einer Bank Befehle in einen Computer hackt. Es ist der zum Islam konvertierte Muhammad Hövermann (Felix Vörtler), der in ebenjener Bank angestellt ist und nun offenbar eifrig Überweisungen an den IS ausstellt. Obwohl Hövermann einen Sprengstoffgürtel trägt und damit droht, sich selbst und alle um ihn herum in die Luft zu jagen, klettert der nicht weniger lebensmüde Faber - quasi die Atombombe unter den Chefunterhändlern - zu Hövermann in die Bank, um den mutmaßlichen Terroristen zur Vernunft zu bringen.

Draußen machen derweil Fabers Kollegen und das SEK Jagd auf die vermeintlichen Komplizen des Terrorbankers. Die entpuppen sich im Verlauf der fast in Echtzeit erzählten Geschichte als willige IS-Groupies mit ganz unterschiedlichen Motiven: Während einer der jungen Dschihadisten nach dem Doppelmord die Tragweite seiner Mitschuld begreift und Schutz in einer Moschee sucht, findet sein Freund Freude am Töten und schießt auf alles, was sich bewegt, während sich der Drahtzieher des Ganzen eigentlich nur an seiner Exfreundin rächen will: Hövermanns Tochter. Dass alle drei letztlich nur Marionetten eines skrupellosen Geschäftsmannes sind, bemerken die Dschihad-Boys genau wie die Polizei erst, als es bereits zu spät ist - und die Dortmunder Innenstadt im Feuersturm vergeht.

Die eigentliche Botschaft

Der Terror ist überall - und er ist nicht immer das, als was er sich ausgibt. Wie gewohnt zerrt der Dortmunder "Tatort" die verwerflichsten Seiten menschlichen Lebens an die Oberfläche, auch wenn diesmal die vier Kommissare dabei ausgespart werden.

Darüber wird in der Mittagspause geredet

Es gibt vieles, über das man nach "Sturm" reden könnte - zum Beispiel den Ausstieg Stefan Konarskes aus dem Dortmunder Ermittlerteam: Erliegt Kommissar Kossik seinen Schussverletzungen oder wechselt er, wie zu Beginn des Streifens angedeutet, einfach nur die Abteilung? Die Autobombe am Schluss dieses "Tatorts" wischt aber nicht nur alle Ermittlungserfolge der Dortmunder Truppe vom Tisch, sondern sorgt auch dafür, dass sich allein die Szene der absoluten Zerstörung im Zuschauergedächtnis einbrennt. Kein Wunder, liegt die Szene doch viel zu nahe an der Realität.

Der Plausibilitätsfaktor

Enorm hoch - ein Blick in die Zeitung genügt: Nur 16 Wochen sind seit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt vergangen und allein in diesem Monat sorgten die Attentate in Stockholm und St. Petersburg für Schlagzeilen. Dass dann auch noch ausgerechnet in Dortmund Bomben explodieren, unterstreicht die Relevanz des Ganzen und setzt "Sturm" eine makabre Krone auf.

Die Bewertung

9 von 10 Punkten. "Sturm" ist ein packend inszenierter Echtzeit-Thriller im Stil eines "24", der die Zuschauer ob seiner Aktualität und Drastik mit einem mehr als flauen Gefühl in den Abend entlässt.

Quelle: ntv.de

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