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Vip Vip, Hurra! Der falsche Brad Pitt: Verbrechen mit System

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Brad Pitt - ein Hollywoodstar, von dem viele Frauen träumen.

Brad Pitt - ein Hollywoodstar, von dem viele Frauen träumen.

(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)

Eine Frau glaubt, mit Brad Pitt zu schreiben - und verliert fast eine Million Euro. KI-Bilder und herzerweichende Nachrichten brachten sie dazu, alles aufzugeben. Was absurd klingt, ist perfider Betrug. Die Promi-Kolumne in dieser Woche darüber, warum Leute glauben, mit Berühmtheiten liiert zu sein und warum Spott fehl am Platz ist.

Ein Herzchen von George Clooney? Ein persönliches Gedicht von Antonio Banderas? Eine WhatsApp von Brad Pitt? Lieber Leser, in dieser Ausgabe der Promi-Kolumne möchte ich mit Ihnen über ein ernstes Thema sprechen und auch darüber, dass ich selbst anfangs aus dem Lachen nicht mehr rauskam, als ich davon hörte. Ziemlich arrogant, daran besteht kein Zweifel.

In dieser Woche machte eine Geschichte die Runde, die einen erst mal den Kopf schütteln lässt und bei der man sich unweigerlich fragt: Herrschaftskinder, wie konnte es nur so weit kommen, dass eine Frau fast eine Million Euro und ihren Ehemann verliert, weil sie glaubt, mit Brad Pitt in einer romantischen Beziehung zu sein? Das klingt doch vollkommen verrückt!

Aber bevor wir uns, wie ich es anfangs getan habe, voreilig in Häme stürzen, sollten wir kurz innehalten und uns fragen: Wer wird hier wirklich zur Zielscheibe? Die 53 Jahre alte Französin Anne war anderthalb Jahre lang fest überzeugt, der Hollywood-Star schicke ihr Liebesbotschaften und brauche ihre Hilfe. Die Betrüger - und ja, es waren Betrüger - schufen mithilfe von KI (zumindest für sie) täuschend echte Bilder, bastelten eine Geschichte um eingefrorene Bankkonten und eine dringend benötigte Nierenbehandlung und brachten die Frau dazu, 830.000 Euro zu überweisen.

Das Geld stammte größtenteils aus der Scheidung von ihrem Ehemann - eine Ehe, die sie aufgab, um ihrem vermeintlichen Geliebten zu helfen. Das muss man erst mal verdauen: 830.000 Euro. Ein Heiratsantrag von einem Fake-Brad, der ein Zettelchen mit Liebesbotschaften hochhält. Und ein Mensch, der am Ende all das glaubt. Das klingt alles so grotesk. Und doch ist die Situation kein Witz.

Romance-Scams und das Bedürfnis nach Liebe

Natürlich lädt die Geschichte zu spöttischen Kommentaren ein. Wie kann man nur so naiv sein? Wie kann man wirklich glauben, dass ein Hollywood-Star sich ausgerechnet auf WhatsApp verliebt? All das habe ich auch gedacht, aber dieser Spott trifft nicht die Betrüger, sondern das Opfer! Eine Frau, die psychisch bereits angeschlagen war und sich in ihrer Verletzlichkeit genau an der Stelle treffen ließ, die uns alle verletzbar macht: dem Bedürfnis nach Liebe und Aufmerksamkeit.

Öffentlich wurde der Fall durch das französische Fernsehen. Anne sprach in der Sendung "Sept à huit" über ihre Erfahrungen. Was folgte, war eine Welle an Hohn und Belästigung in sozialen Netzwerken, so schlimm, dass der Sender den Beitrag aus der Mediathek nehmen musste. Anne, die nach Angaben des Senders an schweren Depressionen leidet, befindet sich nun in Behandlung.

Aber warum lachen wir, wenn wir eine solche hanebüchen anmutende Geschichte hören? Vielleicht weil es einfacher ist, sich über Anne lustig zu machen, als sich einzugestehen, wie geschickt diese Betrüger vorgehen! Und in diesem Zusammenhang fiel mir wieder die ganz persönliche Geschichte meiner Freundin Halina ein, der so etwas Ähnliches auch passiert ist und die, nachdem sie damals mit dem "Spiegel" über ihre Erfahrungen gesprochen hatte, ebenfalls mit Hohn überschüttet wurde - vorrangig, wie sie mir erzählte, von Frauen.

Auch sie war damals unglücklich und der Betrüger, den sie jedoch ausfindig machte und vor Gericht brachte, ein rhetorisch versierter, angeblich ach so feinfühliger Mensch, der ihr plötzlich all die Aufmerksamkeit zuteilwerden ließ, die sie so lange so schmerzlich vermisst hatte. Wir hatten lange nicht mehr darüber gesprochen, aber ich erinnere mich, wie hart sie, als die Lügenmärchen ihres Love-Scammers aufflogen, mit sich selbst ins Gericht ging und sich jahrelang nicht verzeihen konnte, "so blauäugig" gewesen zu sein.

"Enkeltrick! Auflegen!"

Denn tatsächlich sind Romance-Scams erschreckend effektiv. Die Täter nutzen gezielt Emotionen und Vertrauen, um Menschen in eine Falle zu locken. Die Opfer sind keine "Dummen", sondern oft Menschen in emotionalen Krisen oder mit wenig technischer Erfahrung. Ähnliche Fälle wie den von Anne oder meiner Freundin gibt es immer wieder. 2024 etwa fiel eine Frau in Niederösterreich auf denselben Trick herein. Sie überwies ihre gesamten Ersparnisse - 150.000 Euro - in Kryptowährungen an Kriminelle. Auch die gaben sich als Brad Pitt aus.

Ich muss zugeben, es fällt mir immer noch schwer, nicht zu fragen, wie man nur glauben kann, Brad Pitt persönlich würde einen um Kohle anschnorren, weil ihm die böse Ex-Frau (natürlich Angelina Jolie) die Konten dichtgemacht hat. Doch diese Geschichte ist in so vielen Teilen so tragisch. Und sie ist auch eine Mahnung, wie gefährlich die digitale Welt sein kann. Es geht nicht nur darum, naiv zu sein oder nicht. Es geht darum, wie leicht Emotionen unser Urteilsvermögen trüben können. Vielleicht kennen Sie jemanden, der anfällig sein könnte für solche Betrügereien?

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Nicht selten sind die Opfer jene, die am Rand der Gesellschaft stehen. Alte Leute zum Beispiel, oder Einsame. Einmal hat meine Mutter mir erzählt, jemand von der Polizei habe bei ihr angerufen, ich sei bei einem Urlaub im Ausland überfallen worden, man habe mir alles gestohlen und ich hätte nun kein Geld für den Heimflug. Ich kenne alte Menschen, an deren Wand über dem Telefon ein Zettel klebt, auf dem "Enkeltrick! Auflegen!" steht.

Anstatt also zu lachen, sollten wir uns besser fragen, wie wir Menschen wie Anne helfen können - bevor sie in eine solche Falle geraten. Denn eines steht fest: Schadenfreude bringt niemanden weiter. Mitgefühl schon. Bis nächste Woche!

Quelle: ntv.de

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