Unterhaltung

Beilmörder im "Tatort" Ja, ist denn heut’ schon Weihnachten?

Der "Tatort" entzweit Blum und Perlmann - das Ende naht.

Der "Tatort" entzweit Blum und Perlmann - das Ende naht.

(Foto: ARD)

Dominosteine im August, Printen im September und der erste Weihnachts-"Tatort" des Jahres nur einen Tag nach Halloween. Und dann noch mit einem axtschwingenden Santa Claus. Seufz.

Zweimal werden Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) anno 2016 noch in Konstanz beziehungsweise Konschtanz ermitteln, dann ist Sense am Bodensee. Nach 14 Jahren Ermittlungsarbeit in 31 Fällen heißt es Abschied nehmen von dem ungleichen Ermittlerpärchen. Mit einem Fall wie "Côte d’Azur" wird der nahende Abschied nicht unbedingt tränenreicher.

Perlmann in und an einem sehr wunderlichen "Tatort".

Perlmann in und an einem sehr wunderlichen "Tatort".

(Foto: ARD)

Im Mittelpunkt, so man denn einen festmachen möchte in dieser Gemengelage aus Sozialdrama, Obdachlosen-Schnurre, Scrooge-Variante, Oddcouplism, kaltem Entzug und heißem Punsch, steht der Mord an Vanessa Koch (Mandy Rudski). Die kriecht im feinen Fummel und mit Kinderwagen durchs Schilf und bekommt dort von ihrem Mörder - einem nächtlichen Weihnachtsmann, in vollem Ornat und mit monströsem Beil ausgestattet - das Lebenslicht ausgelöscht. Bevor sich Santa mit dem Hackebeilchen vom Acker macht, schickt er eine SMS an die Polizei, versehen mit dem Hinweis, man möge sich doch bittschön um das Baby der Ermordeten kümmern.

Ein wahres Hartz-IV-Panoptikum

Generell ist der Ton im "Tatort" dieses Mal härter, gröber.

Generell ist der Ton im "Tatort" dieses Mal härter, gröber.

(Foto: ARD)

Die Ermittlungen führen Blum und Perlmann zu einer von einem Obdachlosen-Ensemble bewohnten, heruntergekommenen Blockhütte. War der mordende Rotkittel schon ironisch over the Top, geht es hier mit gleicher Schlagzahl weiter, der Laden heißt "Côte d’Azur". Hier hat nicht nur Rudolf, das olle Rentier, einen roten Zinken, auch den fortan Verdächtigen leuchtet die Gummel nachts im Dunkeln. Abgestorbene Zehen, hastig vernähte Fleischwunden, Doppelkorn-Philosophien, kaputte Ehen, Eimer, Existenzen - der Brennholz-Motor dieses Hartz-IV-Panoptikums läuft auf vollen Touren.

Die Farben sind matt, das Licht fahl und über dem Bodensee hängt der Nebel.

Die Farben sind matt, das Licht fahl und über dem Bodensee hängt der Nebel.

(Foto: ARD)

Als würde sich der Fall an dieser Stelle nicht schon selbst in den löchrig gewandeten Allerwertesten beißen, wird qua falsch verstandener SMS und dem daraus entstehenden Intensivstation-Drama um das kurz vor dem Erfrierungstod gerettete Baby ein Konflikt zwischen den Kriminalen konstruiert. Gähn. Seufz. Öde. Zwei Inspektoren, die sich nicht grün sind. Wann hört das auf? Können sich zwei Kommissare nicht auch einfach mal gut verstehen und nicht immer erst am Ende über einer dampfenden Currywurst vertragen?

Wer soll das ernst nehmen?

Sei es drum, der Affe hat hier noch einiges an Zuckerbedarf und der wird ihm schaufelweise verabreicht. Eine lose Spur führt zum Musikproduzenten Jürgen Evers (Markus Hering). Die "Hitmaschine aus Konstanz" wohnt in einer steril-weißen Villa, bevölkert von Speichelleckern und Möchtegern-Models, die aussehen, als hätte ein Hobby-Regisseur mit Zopf-Fetisch einen "Schulmädchen-Report" als "Clockwork Orange"-Variante neu inszeniert. Oder umgekehrt.

Dem ja überaus ernsten Unterbau des Plots - Hartz IV, Kindstod, Drogen - wird auch hier alles andere als ein Gefallen getan. Währenddessen lässt man die beste Freundin der Ermordeten mir nichts, dir nichts in der Einzelzelle dem Cold-Turkey-Tod entgegendämmern, liest Perlmann dem Koma-Baby Märchen vor, faselt Evers von seinem "kurzen Schniedel", um später die Vaterschaft anzuerkennen, erfrischen sich die Santa-Claus-Penner mit Raumspray "Grüner Apfel" und sammeln Geld für Orang-Utans. Wer soll das ernst nehmen? Bleibt für alle Beteiligten zu hoffen, dass der echte Weihnachtsmann etwas anderes im Fernsehen geschaut hat. Sonscht Rute!

Quelle: ntv.de

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