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Vip Vip, Hurra! Merkels Memoiren, Millionen und Kritik an "Mutti"

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"Die Mutti der Nation" ist unter die Autorinnen gegangen.

"Die Mutti der Nation" ist unter die Autorinnen gegangen.

(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)

Angela Merkel ist zurück - mit ihren Memoiren und einer großen Marketingkampagne. Doch warum kommt das Buch gerade jetzt und was bleibt ungesagt? Die Promi-Kolumne in dieser Woche über die Erinnerungen einer mächtigen Frau und warum "Muttis" Rückkehr nicht nur Jubel auslöst.

Gestatten, die Herrschaften! Ich bitte Sie inständig um Vergebung, aber: In der aktuellen Ausgabe der Promi-Kolumne werde ich schimpfen wie ein Rohrspatz! Nicht etwa über die vielen Probleme, die wir aktuell haben und deren Lösungen oft mit Phrasen aus dem rhetorischen Satzbaukasten herbeigefaselt werden sollen, nein, ich rege mich über berühmte Politiker auf, die Bücher schreiben. Das ist in der Tat nichts Neues und daran ist auch überhaupt nichts Verwerfliches - im Gegenteil. Viele Memoiren und Sachbücher von großen Staatsmännern und Staatsfrauen sind Bestseller und überaus spannend zu lesen.

Was mich nervt, sind die fehlenden Visionen der Verlage, einer Branche, die inzwischen, würde ich sagen, vollkommen zu Recht mit dem Rücken zur Wand steht. Natürlich sind Verlage Wirtschaftsunternehmen, die mit der Zeit gehen müssen, auch wenn man dafür dümmliche Sachbücher mit Kalendersprüchen von Influencern schreiben lässt oder 23-Jährige plötzlich ihre Memoiren verticken, weil sie "auf Insta" drei Millionen Follower haben.

Es ist auch naiv zu glauben, dass Bücher immer noch von echten Schriftstellern geschrieben werden. Heutzutage genügt es, ein Promi zu sein und beim "Tatort" ermittelt zu haben - schwupp, da ist die eigene Familiengeschichte rund um Oma Erna aus Pommern gleich doppelt und dreifach interessant.

Nun wird Angela Merkel in der kommenden Woche ihre Memoiren veröffentlichen. Es gibt bereits etliche Bücher über die ehemalige Bundeskanzlerin und zig Dokumentationen. Die Buchläden, besonders die digitalen, sind voll mit Bestseller-Lektüre über "Angie". Angefangen von "Die Täuschung" des FAZ-Redakteurs Dr. Eckart Lose über "Das erste Leben der Angela M." bis hin zu: "Mutti wars nicht - Populäre Legenden & kollektive Irrtümer über Angela Merkel". Geschrieben wurden diese vielen Bücher von Journalisten, Wegbegleitern, Biografen - Leuten, die ganz dicht dran waren.

"Dann läuft da etwas falsch"

Wir wissen also, dass die Tochter eines Pfarrers im Osten aufwuchs, gerne Levis-Jeans trug und, als die Mauer noch stand, davon geträumt hat, eines Tages nach Amerika zu reisen. Wir wissen von ihrer Angst vor Hunden und wie Putin sie bei einem gemeinsamen Treffen 2007 in Sotschi einschüchtern wollte, als er seine schwarze Labrador-Hündin Koni in ihre Nähe ließ. Dem Journalisten Alexander Osang, übrigens ein fantastischer Schriftsteller, erklärte Merkel diese Szene einst wie folgt: "Eine tapfere Bundeskanzlerin muss mit so einem Hund fertig werden. Wenn solche psychologischen Probleme dazu führen, dass man nicht mehr handlungsfähig ist, dann läuft da etwas falsch."

Merkel wurde immer als "eine von uns" gesehen, eine, die pflichtbewusst ihren Job erfüllt, eine Pragmatikerin fernab von Eitelkeit, eine, die lächelte, wenn sie von Journalisten auf ihre berühmte Halskette angesprochen wurde, die sie oft trug. Nun erscheint in der kommenden Woche also ihre Autobiografie. Das Buch trägt den Titel: "Freiheit. Erinnerungen 1954 - 2021".

Um die Werbetrommel zu rühren, kehrt Frau Merkel auf die große Bühne zurück. So wird sie vielleicht auch mit Barack Obama über ihre Kindheit in der DDR, ihr Studium oder den Mauerfall 1989 sprechen. Gewiss auch über viele Hinterzimmergespräche mit den Mächtigen dieser Welt. Toll, toll! Das ändert aber nichts daran, dass die Biografie von "Kohls Mädchen" bereits tausendfach beleuchtet und erzählt wurde.

Also: Warum erscheinen ihre Memoiren ausgerechnet jetzt? Weil sie was zum Ukraine-Krieg sagen möchte? Oder zu Donald Trump? Oder vielleicht etwas über die Welt, die gerade an allen Ecken brennt? Ach so: Sie ist 70 geworden!

In 30 Ländern wird man ihre Memoiren lesen können, 700 Seiten sollen Merkel und ihre ehemalige Büroleiterin Beate Baumann zu Papier gebracht haben. Statt zurückzublicken, wäre aber jetzt vor allem die Zeit, Selbstkritik zu üben. Denn unsere "Mutti", die sich gern als Krisenmanagerin feiern ließ, hat ein regelrechtes politisches Trümmerfeld hinterlassen!

Millionenhonorar für die "Mutti der Nation"

Der Nina-Hagen-Fan, der im Urlaub gerne wandert, war in vielerlei Hinsicht regelrecht untätig. Energiewende, Ausbau der digitalen Infrastruktur, Reform des Bildungssystems: alles verschnarcht! Genauso wie sie es verschnarcht hat, ihre Nachfolge aufzubauen. Für ihre Memoiren soll die einstige "Mutti der Nation" vom Verlag eine "exorbitante Vorschusssumme" erhalten haben. Das Honorar, eine zweistellige Millionenhöhe sei "außergewöhnlich viel Geld für den deutschen Buchmarkt".

Im Dezember wird sie ihr Buch in Washington vorstellen, und zwar mit keinem Geringeren als ihrem guten Vertrauten, dem ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama. Als dieser und seine Frau Michelle im Jahre 2017 die Rechte an ihren Memoiren verkauften, erhielten sie laut einem Bericht der "Financial Times" das schlappe Sümmchen von 65 Millionen US-Dollar. Ein Teil soll gespendet worden sein. Ob Merkel ihrem Vorbild folgen und ebenfalls einen Teil ihres Erlöses für wohltätige Zwecke einsetzen wird, bleibt jedoch offen.

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Übrigens: Merkel und ihre Autorin Beate Baumann sollen das Buchprojekt offenbar in den Medien angekündigt haben, ehe überhaupt ein Verlag dafür gefunden war. In einem Zusatz zum Buch heißt es: "Die lange erwarteten Erinnerungen von Angela Merkel". Darüber darf man freilich geteilter Meinung sein!

Kleiner Tipp für Weihnachten: Natürlich können Sie "Muttis" Memoiren für Ihre Lieben kaufen. Die werden sich bestimmt wahnsinnig freuen. Gehypt werden dieser Tage aber vor allem eines: Gaumenfreuden. Die sogenannte Dubai-Schokolade mit Pistaziencreme und Engelshaar ist gerade in aller Munde. Eine limitierte Auflage der Süßigkeit gibt es aktuell für schlappe 14,99 Euro. Aktuell sorgt der Hype um die Schokolade für ellenlange Warteschlangen. Viele wittern ein Geschäft und verkaufen sie im Internet für Hunderte Euro weiter. Sie machen aber auch alles richtig, wenn Sie in der ruhigen Jahreszeit im Kreise Ihrer Lieben auf das Jahr zurückblicken und, so es die Zeit zulässt, einfach nur einen schönen Roman lesen.

Quelle: ntv.de

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