Youtube zensiert "Comedy" Passt du nicht rein, bist du zu dick!
08.09.2015, 20:38 Uhr
Nicole Arbour haut Dicke in die Pfanne - und sammelt damit Feinde.
(Foto: Youtube/Nicole Arbour)
Schönheit mag im Auge des Betrachters liegen, Gesundheit tut es nicht. Das findet jedenfalls die Youtuberin Nicole Arbour. Auf ihrem Kanal veröffentlicht sie das Video "Dear Fat People". Es soll Satire sein, doch es ist vor allem eines: gemein.
Die kanadische Youtuberin Nicole Arbour hat kein Problem damit, für Ärger zu sorgen. Genau genommen ist das sogar ihr Erfolgsrezept. Im vergangenen Monat noch machte sie sich medienwirksam über aufmerksamkeitssüchtige Frauen auf Instagram her. Nun haben es ihr die Dicken angetan. Auf ihrem Youtube-Kanal veröffentlichte sie das Video "Dear Fat People" (Liebe Dicke).
Stolze sechs Minuten dauert die Schimpftirade der 30-jährigen Arbour. Würden Dicke nicht in ein Geschäft passen, würden sie behaupten, das sei Diskriminierung, so Arbour. "Ähm, nein. Das heißt, du bist zu fett und du solltest aufhören zu essen!"
Fat-Shaming bedeutet, dafür zu sorgen, dass sich jemand aufgrund seines Gewichts schlecht fühlt. Arbour behauptet, das sei ein Phänomen, dass sich übergewichtige Menschen bloß ausgedacht hätten, um ihre Nachlässigkeit zu rechtfertigen. Dass es sich dabei um ein Thema handelt, das im Rahmen des größeren inhaltlichen Komplexes Body-Shaming derzeit immer intensiver verhandelt wird, ignoriert sie.
"Du weißt es einfach nicht!"
Korrekterweise muss herausgestellt werden, dass es Arbour, wenn sie von "fetten Menschen" spricht, tatsächlich um solche geht, die am Krankheitsbild Fettleibigkeit leiden. In den USA sind es fast 36 Prozent der Männer und Frauen, deren Body-Mass-Index höher als 30 misst. Menschen, deren Übergewicht auf eine andere Krankheit zurückgeht, nimmt Arbour ebenfalls von ihrer Kritik aus.
Diese vorgetäuschte Fairness allerdings hat keinen Bestand. Schließlich sieht man einer Person nicht an, aus welchen Gründen ihr Körper welche Rundungen aufweist. In die Richtung argumentiert auch Whitney Way Thore, Star der amerikanischen Reality-Show "My Big Fat Fabulous Life": "Du weißt nicht, ob derjenige an einer Krankheit leidet. Du weißt nicht, ob die Mutter des Betreffenden gerade gestorben ist. Du weißt nicht, ob derjenige depressiv oder suizidgefährdet ist oder ob die Person gerade 100 Pfund abgenommen hat. Du weißt es einfach nicht!"
Kritiker im Zombie-Schritt
Sorgen macht sich Arbour um solche Reaktionen ihrer Kritiker keine. "Was wollt ihr jetzt machen?", provoziert sie. Würden Dicke sie verfolgen, dann nur im Zombie-Tempo, ist sie überzeugt. Während sie hinter ihr her ächzten, könne sie selbst ganz gemütlich im Schritttempo Reißaus nehmen.
Doch niemand muss Arbout verfolgen, um gegen sie vorzugehen. Offenbar gefiel "Dear Fat People" sogar Youtube nicht. Obwohl das Video nicht gegen die Richtlinien des Portals verstößt, wurde kurz nach dem Upload Arbours gesamtes Profil gesperrt.
"Wir haben wortwörtlich das Internet zerstört", schrieb Arbour dazu auf Twitter. "… mit Comedy." Sie versah den Post mit dem Hashtag Zensur. Mittlerweile ist ihr Youtube-Channel "Nicole Arbour" wieder online - die alten Videos fehlen.
Boshaftigkeit statt Comedy
Recht hat Arbour, wenn sie darauf hinweist, dass ihr Clip im Vergleich zu diversen Gewaltdarstellungen auf der Plattform noch harmlos ausgefallen sei. Recht hat sie auch, wenn sie moniert, dass andere Youtube-Nutzer ihr Video mittlerweile gewinnbringend auf ihren eigenen Kanälen zeigen, während es auf ihrem Profil weiterhin gesperrt ist. Falsch liegt sie, wenn sie darauf beharrt, die Kritik wäre ausgeblieben, wäre sie ein Mann.
Nicole Arbour wird angefeindet, weil sie für sich beansprucht, das unaussprechlich Wahre zu sagen mit einer Extremität, der sich nur die Wenigsten anschließen würden. "Dear Fat People" ist keine Comedy, es ist das Sprachrohr der blonden Schönheit, die schon in der Schule diktierte, in welche Richtung es gen richtig geht. Ihr Humor ist gemein.
In ihrem Video sagt Arbour, sie wäre einverstanden damit, würden sich übergewichtige Menschen durch ihre Kommentare so gekränkt fühlen, dass sie beginnen würden, abzunehmen. Das sei schließlich gesund. Ob das jedoch der richtige Weg ist, Menschen von einem gesünderen Lebenswandel zu überzeugen, darf stark angezweifelt werden.
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Quelle: ntv.de