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Vip Vip, Hurra! "Mein Gott, lasst endlich Bruce Willis in Ruhe!"

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Schrieb Filmgeschichte: Hollywoodstar Bruce Willis

Schrieb Filmgeschichte: Hollywoodstar Bruce Willis

(Foto: picture alliance / empics)

Es war für viele Fans Anfang dieses Jahres ein Schock: Bruce Willis wird nicht nur nie wieder auf die Leinwand zurückkehren, er leidet auch an einer seltenen Form von Demenz. Seine Familie zeigt den Hollywoodstar öfter auf Social Media und somit auch, wie rasant sein geistiger Verfall voranschreitet. Das stößt auf Zuspruch, aber auch auf Kritik.

Ein alter Mann sitzt auf einem Stuhl in seiner Dusche. Sein graues Haar kräuselt sich in seinem Nacken, man sieht ihn nur von hinten. Sein Sohn ist über ihn gebeugt, seift liebevoll den Rücken des Vaters ein. Langsam lässt er den Schwamm über die nasse Haut gleiten. Tränen rinnen ihm über die Wangen, den alten Herrn in so einem Zustand zu sehen. Und doch ist es ein Moment voller Zuneigung und Fürsorge. Dann nimmt er die Dusche und spült die Seife vom Rücken des Vaters, dessen Körper zwar noch immer da ist, doch dessen Geist jeden Tag ein Stück weit mehr entschwindet.

Es handelt es sich bei diesem intimen Moment um eine Filmszene, mit der der Sohn, gleichzeitig Regisseur des Filmes, auf die Erkrankung Alzheimer aufmerksam machen möchte. Und auch darauf, was eine solche Diagnose für die gesamte Familie bedeutet. Die Belastung, die Ohnmacht, die Trauer darüber, dass ein geliebter Mensch, zwar körperlich noch anwesend, aber dennoch weit fort ist.

Ich kenne diese Belastung, die auch ein Trauma sein kann, aus der eigenen Familie. Auch ich habe meinen Vater an eine Krankheit verloren, die lange in der Gesellschaft tabuisiert wurde. Wenn ich heute die Augen schließe, sehe ich meinen Vater noch immer halb zusammengekauert in der Dusche sitzen, unfähig, sich das weiße Feinripp-Unterhemd selbst über den Kopf zu ziehen.

Liebe Leser, ich möchte mit Ihnen in der heutigen Promi-Kolumne über ein kontroverses, sehr sensibles Thema sprechen. Ich bin bei diesem Thema hin- und her gerissen und gespannt auf Ihre Meinung. Natürlich geht es hier in dieser Kolumne wie immer um einen prominenten Menschen, aber die Diskussion geht weit darüber hinaus.

"Er hat ein Recht auf Privatsphäre"

Anfang des Jahres gab die Familie von Bruce Willis bekannt, dass der Hollywood-Star an frontotemporaler Demenz erkrankt sei, eine sehr seltene Form des geistigen Verfalls. Die Krankheit, so heißt es, entstehe durch Schädigungen der Gehirnregionen, die direkt hinter der Stirn liegen und die unter anderem für Sprache, Bewegung sowie für die ganze Persönlichkeit eines Menschen und dessen Bewusstsein wichtig sind.

Anlässlich der Demenz-Aufklärungswoche 2023 machte die Frau von Bruce Willis auf das Schicksal ihres Mannes aufmerksam und darauf, wie "hart" die Erkrankung für die gesamte Familie ist. Sie sagte, sie wisse nicht einmal, ob dem 68-Jährigen seine Erkrankung überhaupt bewusst sei. Dazu wurden im amerikanischen TV würdevolle Bilder der Action-Ikone inmitten seiner Lieben gezeigt.

In den vergangenen Monaten teilte die Familie, allen voran seine Töchter, immer wieder Fotos und Videos mit dem Vater auf Social Media. In Instagram-Storys sieht man den Mann, der mit Kultfilmen wie "Stirb langsam", "The Sixth Sense" oder "Pulp Fiction" einem Millionenpublikum bekannt wurde, mit entrücktem Blick ins Leere schweifen. Zuletzt war bekannt geworden, dass Bruce Willis nicht mehr sprechen könne. Unter den Bildern des großen Actionhelden der 80er-Jahre entwickeln sich inzwischen rege Diskussionen, die nicht selten hitzig werden und regelrecht hochkochen.

Es scheint, als gebe es hier (nur) zwei Seiten. Die eine, die das Verhalten der Familie begrüßt, die andere, die es kritisiert: "Ich glaube, er möchte nicht, dass seine Krankheit der ganzen Welt gezeigt wird. Er hat ein Recht auf Privatsphäre".

Die anderen Stimmen lauten: "Man sollte diese Bilder aus der Perspektive der Aufklärung betrachten und aufzeigen, wie verheerend diese Krankheit für die Betroffenen selbst aber auch für die Familienmitglieder ist."

Weitere Kommentare lesen sich wie folgt: "Den Bruce Willis, den ihr meint, aus seinen Filmen zu kennen, der existiert nicht mehr! Der einzig echte Bruce ist der, den seine Töchter in den Videos zeigen. Und sie machen das, was sie persönlich für das Richtige halten. Das ist mehr wert als die Meinung von Menschen, die ihren Vater nie getroffen haben." Und weiter: "Gut und schön, was die Töchter für das Richtige halten: Ich bin der Meinung, man habe die Kranken zu respektieren und muss nicht den krankheitsbedingten Verfall des Vaters fremden Menschen auf Social Media zeigen. (…) Hat er denn kein Recht, seine Krankheit privat zu leben?"

Bewusstseinsbildung und Aufklärung von Demenz?

Zig Tausende sind der Meinung, dass man den Fans die Realität aufzeigen müsse, nämlich, dass alle Menschen sterblich sind, reiche und berühmte, genauso wie arme. Und dass es Krankheiten gibt, die man mit keinem Geld der Welt, auch wenn man noch so viel davon hat, heilen kann. Sie fragen: Warum solle man nicht den echten Alltag von Bruce Willis kennenlernen? Schließlich sei der Hollywood-Star auch eine Privatperson und nicht einer der Menschen, die er einst auf der Leinwand verkörperte.

Ich denke wieder an meinen eigenen Vater und über die Wichtigkeit, das Bewusstsein für lange tabuisierte Krankheiten zu schärfen. Doch die Frage nach dem "Wie?" beschäftigt mich sehr. Und deshalb verstehe ich in diesem Zusammenhang auch all jene, die die öffentliche Exposition des entrückten Vaters als Eingriff in Willis' Privatsphäre kritisieren und schreiben: "Mein Gott, lasst endlich Bruce Willis in Ruhe!"

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Wir sehen den Star, der einst als David Dunn in "Unbreakable" übernatürliche Fähigkeiten besaß, inmitten seiner Familie. Mal lächelt er, mal hat er die Augen geschlossen. Dass seine Demenz rapide voranschreitet, ist nicht übersehbar. Und jetzt frage ich Sie, liebe Leser: Wäre es für Sie ethisch vertretbar, intime Momente Ihrer erkrankten Liebsten öffentlich zu teilen, vor allem wenn der Betroffene möglicherweise nicht mehr in der Lage ist, die Tragweite seiner Zustimmung zu verstehen?

Inmitten dieser Debatte scheint die Grenze zwischen Bewusstseinsbildung und dem Recht auf Privatsphäre zunehmend unscharf zu werden. Ich kann nur für mich persönlich sprechen und bin der Meinung, dass wir noch einen weiten Weg vor uns haben, um aufzuzeigen, dass schwere Krankheiten zum Leben dazugehören. Ich verstehe den Wunsch nach Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft, aber ich habe auch den allerhöchsten Respekt vor dem individuellen Recht auf Privatsphäre, insbesondere in solch sensiblen und persönlichen Angelegenheiten wie einer Demenzerkrankung.

Quelle: ntv.de

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