Der Wink mit dem Schlagring "True Detective" ist nur noch zweite Wahl
22.06.2015, 10:38 Uhr
Colin Farrell mimt bei "True Detective" den typischen Antihelden. Er trinkt, er schlägt, er rettet.
(Foto: Twitter/TrueDetective)
Zwei sperrige Cops lösen einen Mordfall und nehmen sich dabei gegenseitig auseinander. "True Detective" gab Krimi-Serien endlich Tiefe. Die zweite Staffel muss jetzt ohne Matthew McConaughey und Woody Harrelson auskommen. Das aber ist nur das geringste Problem.
Zwei komplizierte und völlig unterschiedliche Polizisten lösen gemeinsam einen Fall. Ein TV-Konzept, das runtergeht wie Spaghetti mit Tomatensoße. Da kann man eigentlich nicht viel falsch machen. Viel falsch gemacht hat Nic Pizzolatto mit seiner Fernsehserie "True Detective" dann auch tatsächlich nicht. Im Gegenteil: Er machte es besser, die erste Staffel wurde ein Hit.
Das lag nicht zuletzt daran, dass die Hollywoodstars Matthew McConaughey und Woody Harrelson die Hauptrollen übernahmen. Eigentlich sollten sie "Hannibal"-esk überzogene okkulte Morde in der Ödnis des US-Bundesstaats Louisiana aufklären. Das allerdings rückte in den Hintergrund. Wo die Handlung schwächelte, konnte Staffel eins von "True Detective" mit Wortgefechten und philosophischen Monologen punkten.
Jetzt läuft die zweite Staffel "True Detective". Die trägt zwar noch den Titel der ursprünglichen Show, ist jedoch eine völlig andere. Während die erste Ausführung die Sehgewohnheiten der Zuschauer herausforderte, flieht sich die Neuauflage in Klischees: nach Los Angeles, wo vor der Kulisse von Sexarbeit und Hippie-Tempeln korrupte Typen Deals aushandeln.
Rays Rache ist blutig
Statt einer komplexen Zweierbeziehung will das neue "True Detective" gleich vier Handlungsstränge verknüpfen. Der Kriminelle Frank Semyon (Vince Vaughn) will ein ordentlicher Unternehmer werden, Ermittler Ray Velcoro (Colin Farrell) mehr Zeit mit seinem Sohn, die Polizistin Ani Bezzerides (Rachel McAdams) will ihre unwillige Schwester retten und der Autobahn-Cop Paul Woodrugh (Taylor Kitsch) - ja, was will der eigentlich?

Es darf bei "True Detective" nun auch eine Frau mitspielen: Rachel McAdams.
(Foto: Twitter/TrueDetective)
Noch bevor ein Mord die vier Hauptcharaktere zum Ende der ersten Folge zusammenführt, geben sich die "True Detective"-Macher alle Mühe, sie als kaputte Typen zu markieren - zu viel Mühe. Die Helden der Show trinken, sie sind zornig und neigen zu Gewalt.
Wenn Ray als erboster Vater einen fiesen Klassenkameraden aufsucht, um dessen Erzeuger vor den Augen des Kindes blutig zu prügeln, dann sieht der Zuschauer in seiner Hand nicht nur den Schlagring, sondern auch den Zaunpfahl der Regie, mit dem doch arg häufig gewedelt wird.
Nicht neu, aber auch nicht schlecht
Irgendwann hat es sich offenbar durchgesetzt, dass ein wahrer Held erst mit einer grausamen Vergangenheit im Rücken unter Einfluss von Rauschmitteln ordentlich rettet. Serien müssen die Guten und die Bösen neu zeichnen. Der sperrige Antiheld mit mieser Einstellung und ehrlichem Herzen ist nicht mehr originell, sondern vorhersehbar - insbesondere bei Polizisten.
Im vergangenen Jahr hat "Fargo" so exzellent gezeigt, wie es anders geht. Doch eine dicke, pflichtbewusste Klugscheißerin dürfte bei "True Detective", das in Neuaufmachung recht laut "Hollywoodfilm" ruft, keine Polizeimarke tragen.
Dass die zweite Staffel von "True Detective" ein Neustart werden würde, war zu erwarten. Was enttäuscht, ist, dass Pizzolatto mit dem Format nichts Neues versucht. Die Show wird Spaß machen, man will durchaus wissen, wie es weitergeht. Seine Vorreiterstellung im Seriengenre hat "True Detective" aber aufgegeben. Hier müssen nun andere übernehmen.
Die zweite Staffel "True Detective" ist abrufbar über Sky Atlantic.
Quelle: ntv.de