Nach tödlichem Drama am Set Western "Rust" feiert Premiere - mit Schweigeminute
20.11.2024, 20:01 Uhr Artikel anhören
Die Zuschauer bei der Premiere gedachten der Getöteten.
(Foto: IMAGO/NurPhoto)
Vor drei Jahren stirbt die Kamerafrau Halyna Hutchins bei den Dreharbeiten für den Western "Rust". Durch einen Schuss aus der Waffe des Hauptdarstellers Alec Baldwin wird sie tödlich verletzt. Ein langer Gerichtsprozess folgt - und jetzt auch die Premiere des Films.
Der Western "Rust" mit Alec Baldwin hat auf einem Filmfestival in Polen Premiere gefeiert. Der Film ist der Kamerafrau Halyna Hutchins gewidmet, die vor drei Jahren bei einem Unfall am Set durch einen Schuss aus Baldwins Waffe tödlich verletzt wurde. Die Organisatoren des Festivals riefen zu einer Schweigeminute auf, bevor der Film auf dem Internationalen Filmfestival der Filmkunst Camerimage in der Stadt Torun vor vollem Haus gezeigt wurde.
Baldwin, der Hauptdarsteller und Koproduzent, richtete während einer Probe außerhalb von Santa Fe im US-Staat New Mexico im Oktober 2021 eine Waffe auf Hutchins, als der Revolver losging. Hutchins kam ums Leben, Regisseur Joel Souza wurde verletzt. Baldwin sagte, er habe den Hahn nach hinten gezogen - aber nicht den Abzug gedrückt - und der Schuss habe sich gelöst.
Souza präsentierte den Film auf dem Festival, das sich der Filmkunst widmet. Er habe sich nach dem Unfall zunächst nicht vorstellen können, die Dreharbeiten fortzusetzen oder wieder an einem Filmset zu arbeiten, sagte er. "Es tat einfach zu sehr weh." Aber Hutchins' Ehemann Matthew habe gewollt, dass der Film fertiggestellt werde, und die Rolle des ausführenden Produzenten übernommen. "Es war ihm wichtig, dass die Menschen, die Halyna kannten und liebten, ihr letztes Werk zu sehen bekommen", sagte Souza. Das Ziel sei es gewesen, ihre letzte Arbeit zu ehren.
Mutter der Getöteten bleibt Premiere fern
"Rust" erzählt die Geschichte eines 13-jährigen Jungen, der zum Tod durch den Strang verurteilt wird, weil er versehentlich einen Rancher erschossen hat. Er flüchtet mit seinem Großvater, gespielt von Baldwin, den er kaum kennt. Kamerafrau Bianca Cline, die nach dem Unglück in das Projekt einstieg, sagte, Hutchins habe den visuellen Ansatz und die Stimmung des Films festgelegt und mehr als die Hälfte davon gefilmt. Sie habe Hutchins' Notizen genutzt, um deren Vision des Films abzubilden.
Hutchins Mutter, die Baldwin und die Produktionsfirma verklagt, wollte an der Premiere nicht teilnehmen. Sie betrachte den Film als einen Versuch Baldwins, vom Tod ihrer Tochter zu profitieren, sagte sie. Auch Baldwin kam nicht nach Polen.
"Ich habe immer gehofft, meine Tochter in Polen zu treffen und ihre Arbeit auf der Leinwand lebendig werden zu sehen", teilte Hutchins' Mutter Olga Solovey über einen Anwalt mit. "Alec Baldwin vergrößert meinen Schmerz mit seiner Weigerung, sich bei mir zu entschuldigen, und seiner Weigerung, die Verantwortung für ihren Tod zu übernehmen."
Mehrere Kontroversen bei Festival
Eine Anklage wegen fahrlässiger Tötung gegen Baldwin im Zusammenhang mit dem tödlichen Schuss wurde abgewiesen. Der Fall wurde eingestellt, weil Polizei und Staatsanwaltschaft der Verteidigung nach Überzeugung des Gerichts Beweise vorenthielten. Die am Set zuständige Waffenmeisterin erhielt dagegen die Höchststrafe von 18 Monaten Haft wegen fahrlässiger Tötung. Die Staatsanwaltschaft warf ihr vor, unwissentlich scharfe Munition an das Set von "Rust" gebracht zu haben. Grundlegende Sicherheitsvorkehrungen für den Einsatz von Filmwaffen seien nicht befolgt worden.
Das diesjährige Cameraimage Festival, bei dem Cate Blanchett den Vorsitz der Jury inne hat, wird gleich von mehreren Kontroversen überschattet. Der Regisseur von "Blitz", Steve McQueen, verzichtete aus Protest gegen einen Meinungsbeitrag des Festivalgründers Marek Żydowicz über weibliche Filmschaffende, den McQueen als sexistisch empfand, auf seine Teilnahme. Die Regisseurin Coralie Fargeat zog ihren Film "The Substance" aufgrund der Äußerung zurück. Żydowicz hat sich inzwischen entschuldigt.
Zuvor sagte Żydowicz, die Organisatoren seien sich bewusst, dass "Rust" Emotionen wecken könne. "Wir wollten jedoch Halyna, die unser Festival respektierte und ihren Film hier zeigen wollte, Tribut zollen", teilte er mit. "Es gibt keinen kommerziellen Unterton, weder von unserem Festival noch von den Filmemachern."
Quelle: ntv.de, lme/AP