Karlsruhe hebt Urteil auf Xavier Naidoo darf Antisemit genannt werden
22.12.2021, 11:10 Uhr
Mannheimer, Musiker, Sänger und jetzt auch offiziell ein Antisemit: Xavier Naidoo.
(Foto: picture alliance/dpa)
Trotz so mancher eindeutigen Aussagen wehrt sich Xavier Naidoo schon 2017 dagegen, als Antisemit bezeichnet zu werden. Der Fall landet schließlich vor Gericht, der Sänger bekommt recht. Jetzt aber kippt das Bundesverfassungsgericht dieses Urteil.
Nicht erst seit Beginn der Corona-Pandemie macht Xavier Naidoo eher durch fragwürdige Aussagen und Auftritte auf sich aufmerksam als durch brauchbare Musik. Selbst der Song "Ich mache da nicht mit", den er zuletzt mit dem Rapkollektiv Rapbellions veröffentlichte, richtet sich gegen die Corona-Politik. All das lässt keinen anderen Schluss zu, als dass Naidoo längst den Pfad der Realität verlassen und im QAnon-Verschwörungsmilieu versunken ist. So mancher Veranstalter und auch einige Stadtverwaltungen stellten sich schließlich gegen Konzerte des Mannheimers. Und auch der Sender RTL warf ihn alsbald aus der "Deutschland sucht den Superstar"-Jury.
In seinem eigenen Telegram-Kanal äußert sich der Musiker obendrein auch immer wieder antisemitisch. So bezeichnet er den Zentralrat der Juden als "Zentralrat der Lügen", hellhäutige Juden nennt er Betrüger, Lügner und Kinderschänder. Einen Antisemiten darf man ihn allerdings dennoch lange nicht nennen. Das entschied vor vier Jahren zunächst das Landgericht Regensburg.
Im Jahr 2017 hatte eine Referentin der Antonio-Amadeus-Stiftung auf Anfrage die Texte des Musikers als judenfeindlich eingestuft. Das wollte der 50-Jährige nicht auf sich sitzen lassen und reichte Klage ein. Vor dem Landgericht behauptete er, sich niemals feindselig gegenüber dem Judentum, Juden, dem Staat Israel oder jüdischen Einrichtungen geäußert zu haben. Das Gericht entschied, die Referentin habe ihren Vorwurf nicht ausreichend belegen können und dürfe Naidoo deswegen nicht als Antisemiten bezeichnen. Sie ging in Berufung, scheiterte damit allerdings zwei Jahre später vor dem Oberlandesgericht in Nürnberg. Zugute hielt man Naidoo damals, dass er zum 40. Jahrestag der deutsch-israelischen Beziehungen live gespielt hatte.
Meinungsfreiheit nicht berücksichtigt
Seither ist bei Naidoo viel passiert, vor allem eben in seinem Telegram-Kanal. Dort finden sich heute jede Menge Desinformationen rund um das Thema Corona. Unter anderem wird die Existenz des Virus geleugnet und die aktuelle Politik als Diktatur bezeichnet. Doch auch Holocaust-Relativierungen sind weiterhin keine Seltenheit. In einem Video behauptete Naidoo, der Holocaust sei eine "gelungene historische Fiktion". Zudem glaubt er, Juden würden Nichtjuden mit Giftspritzen - also den Impfungen - ermorden. Für eines der "wichtigsten Dokumente der Menschheitsgeschichte" hält er das antisemitische Buch "Die Protokolle der Weisen von Zion".
Nun hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das Nürnberger Urteil von 2019 aufgehoben und entschieden, dass die Referentin Naidoo durchaus als Antisemiten bezeichnen durfte. Allerdings spielten die jüngsten Entwicklungen bei dieser Entscheidung keine Rolle. In der Begründung des Gerichts heißt es, das Regensburger OLG habe die Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit der Referentin unzureichend berücksichtigt. Das Ganze muss jetzt vor dem Landgericht Regensburg neu verhandelt werden.
Quelle: ntv.de, nan