Kino

"European Outdoor Film Tour" Die letzten Cowboys durchqueren die USA

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Auf dem Rücken eines Pferdes wagen vier Cowboys die gefährliche Reise von Mexiko nach Kanada quer durch die USA. Was nach einem alten Western klingt, wird bei der "European Outdoor Film Tour" in eindrucksvollen Bildern Wirklichkeit.

Der Kampf gegen die eigenen Dämonen fordert nicht nur jede Menge Stärke, sondern auch viel Mut. Man muss den Drang spüren, über sich hinaus wachsen zu wollen und diesem Drang dann folgen. Nur wenigen gelingt dieser Kraftakt. Sie wollen ganz oben auf dem Gipfel stehen, die Ersten sein, die Schnellsten sein und die waghalsigsten Sprünge wagen. Bei der "European Outdoor Film Tour 15/16" zeigen passionierte Extremsportler, was sie draufhaben und wie weit sie bereit sind, zu gehen. In neun Kurzfilmen befreien sie sich von ihrem Alltag und erleben atemberaubende Abenteuer.

James Kelly rast die Serpentinen hinunter.

James Kelly rast die Serpentinen hinunter.

(Foto: Moving Adventures/E.O.F.T.)

In "Burn it Down" düst Longboarder James Kelly mit 70 km/h die Serpentinen runter und ist dabei nicht zu bremsen. Der 25-Jährige nimmt gerne die eine oder andere Schramme in Kauf, um auf seinem Brett das ultimative Gefühl von Freiheit zu spüren. Die Kamera folgt Kelly und beobachtet, wie sich das junge Talent in die Kurven legt. Wie ein Vogel fliegt er über die Landschaft und liefert dabei rasante Bilder.

Fasziniert von einem Satellitenbild auf Google Earth brechen die Extremskifahrer Matthias Mayr, Matthias Haunholder und Phil Meier zu einer Reise auf, die sie beinahe ihr Leben kostet. Ihr Ziel ist die russische Insel Onekotan mitten im Pazifischen Ozean. Sie besteht aus einem Vulkan, ist menschenleer und bietet ein lebensfeindliches Klima. Wie es ihnen trotzdem gelingt, auf das Eiland und wieder hinunterzukommen und aus welchem Grund die Freerider ausgerechnet dort die Skier unter ihre Füße schnallen müssen, veranschaulichen sie im Kurzfilm "Onekotan".

Liebeskummer auf 8000 Höhenmetern

Tamara Lunger ist das Gesicht der E.O.F.T. 15/16.

Tamara Lunger ist das Gesicht der E.O.F.T. 15/16.

(Foto: Moving Adventures/E.O.F.T.)

Mit lebensfeindlichen Umgebungen kennt sich auch Tamara Lunger aus. Die Extrembergsteigerin hat schon einige Achttausender bezwungen, doch ihre große Liebe gilt dem K2, der auf der Grenze zwischen Pakistan und China steht. Gemeinsam mit Nikolaus Gruber will sie den Gipfel besteigen und stößt unterwegs auf größere Probleme als die Höhe. Sie gehört zu einem auserlesenen Kreis an weiblichen Bergsteigerinnen, die dieses Abenteuer ohne Sauerstoff und Scherpa wagen. Doch der Aufstieg auf den zweithöchsten Berg der Welt kostet sie nicht nur allerhand Muskelkraft. Tamara kämpft mit einer verflossenen Liebschaft und will endlich zu sich finden. Der Film "Tamara" beweist, dass die Menschen in jeder Lebenslage mit denselben Problemen konfrontiert sind - unabhängig davon, ob sie in einem Zelt in 6000 Metern Höhe übernachten oder in ihrem heimischen Bett schlafen.

Alex Honnold (l.) und Tommy Caldwell sind die derzeitigen Stars der Kletterszene.

Alex Honnold (l.) und Tommy Caldwell sind die derzeitigen Stars der Kletterszene.

(Foto: Reel Rock/Moving Adventures)

Sehnsucht nach einem Abenteuer verspürt Tommy Caldwell. Er begibt sich mit seinem Freund Alex Honnold nach Patagonien und will dort die Fitz Traverse überqueren. "A Line Across The Sky" lief bereits bei der "Reel Rock Film Tour" und wird nun bei der "E.O.F.T" erneut gefeiert. Die zwei weltbesten Athleten im Free-Solo- (Klettern ohne technische Hilfsmittel oder Sicherung) und Bigwall-Klettern (Klettern an hohen Felswänden über einen längeren Zeitraum) überqueren 4000 Höhenmeter in nur sechs Tagen und kämpfen dabei gegen Schnee, Eis und Wind. Die beiden US-Amerikaner sind eigentlich an die sonnigen Steilwände des Yosemite National Parks in Kalifornien gewöhnt und starten ihre Reise ebenso unbedarft wie unvorbereitet. Doch genau das macht den Charme des Abenteuers aus. Ob sie nun beinahe ihren gemeinsamen Schlafsack abbrennen oder mit einer kaputten Sonnenbrille Polenta löffeln: Der Zuschauer muss schmunzeln über das chaotische Duo.

Weniger amüsant und dafür atemberaubend sind die Stunts vom "Master of Slack". Jaan Roose und Andy Lewis sind zwei wahre Künstler auf der Slackline (Balancieren auf einem Gurt). Während die meisten Slackliner bereits beim bloßen Balancieren auf dem wackeligen Gurt scheitern, vollführen die beiden Sportler Sprünge, Drehungen und Saltos auf der Line. Unterbrochen werden die Aufnahmen von Interviews mit den beiden Stars der Szene. Besonders Lewis erklärt unaufhörlich, dass sein Leben hauptsächlich auf der Slackline stattfindet. Dabei demonstriert er immer waghalsigere Kunststücke und gibt dem Drang nach Selbstdarstellung nach - als er sogar Popqueen Madonna einen Korb für ihre Welttournee gibt.

Machwerk statt Meisterwerk

Ein Mountainbike zwischen Wildpferden: Irritierende Bilder zeigt "Unreal".

Ein Mountainbike zwischen Wildpferden: Irritierende Bilder zeigt "Unreal".

(Foto: Moving Adventures/E.O.F.T.)

"Unreal" (Unwirklich) geht es auch bei Brandon Semenuk und seiner Mountainbike-Crew zu. Mit ihren Rädern wollen sie den grauen Alltag durchbrechen und so wechseln sich Szenen von öden Hochhäusern mit kraftvollen Stunts in kalifornischen Hügellandschaften ab. Die Fahrer cruisen mit wilden Pferden und absolvieren den perfekten Slopestylekurs, bei dem die Kamera ihnen detailgenau wie auf einer Bobrennbahn folgt. Der Zusammenhang zwischen sportlichen und Alltagsszenen erschließt sich sicherlich nur dem einen oder anderen Zuschauer und so wirkt der kurze Film an einigen Stellen eher wie ein Mach- statt wie ein Meisterwerk.

Die letzten wahren Cowboys der USA.

Die letzten wahren Cowboys der USA.

(Foto: Moving Adventures/E.O.F.T.)

Einem Meisterwerk gleicht hingegen "Unbranded". Vier waschechte Cowboys namens Ben Masters, Thomas Glover, Ben Thamer und Jonny Fitzsimons durchqueren die USA. Sie wollen von der mexikanischen zur kanadischen Grenze der Vereinigten Staaten und reisen dafür auf abgelegenen Wegen fern jeder Straße oder Zivilisation. Dabei nutzen die vier US-Amerikaner ein Fortbewegungsmittel mit nur einer Pferdstärke. Für je 125 Dollar (113 Euro) pro Tier erstehen sie wilde Mustangs, die von der Regierung in enge Zwinger eingepfercht werden, um dem Mastrind nicht die Nahrungsgrundlage zu rauben. Mit ihren 16 selbst gezähmten Pferden reiten die Cowboys durch die Schluchten des Grand Canyon und des Yellowstone National Park - quer durch fünf US-Bundestaaten. Heraus kommt ein eindrucksvoller Film, bildgewaltig wie ein moderner Western.

Dani Arnold steht ganz oben auf dem Matterhorn.

Dani Arnold steht ganz oben auf dem Matterhorn.

(Foto: Moving Adventures/E.O.F.T.)

Fantastische Bilder liefert auch "Degrees North". Xavier de le Rue und Samuel Anthamatten stürzen sich mit Skiern und Snowboard von den höchsten Bergen Alaskas. Mit einem motorisierten Paraglideschirm bewaffnet, erkunden sie mit kindlicher Neugier die besten Routen für eine wilde Abfahrt. Dann öffnen sie ihren Gurt und springen aus enormen Höhen vom Gleitschirm in die glitzernden Schneemassen. Ihre Ritte auf den Schneewellen wirken absolut verrückt, doch die beiden Extremskiläufer scheinen keine Angst zu kennen. Als Zuschauer muss man sich allerdings fragen, ob solche extremen Pisten wirklich das Nonplusultra sind.

Eine Menge Schnee wartet auch auf Dani Arnold. In nur einer Stunde und 46 Minuten erklimmt er die Eiger Nordwand in den Alpen. Seine Zeit ist ein neuer Rekord und Anlass genug für einen Film mit dem Titel "1h 46m". Bei Arnold scheint ständig die Uhr zu ticken, doch wie er selbst tickt, erklärt er in seinem Kurzfilm. Mit enormer mentaler Stärke knackt der Schweizer Speed-Kletterer (Klettern mit hoher Geschwindigkeit) einen Rekord nach dem anderen.

Die diesjährige E.O.F.T. kann mit ihren Vorgängern nicht recht mithalten. Auch im Gegensatz zu ihren Ablegern wie der "International Ocean Film Tour" kommt sie etwas blass daher. Einige der neun Kurzfilme wirken eher inszeniert und ihre Darsteller sind streckenweise nur wenig authentisch. Die Landschaftsaufnahmen aus verschiedenen Teilen der Welt und die extremen sportlichen Leistungen beeindrucken trotzdem wie gewohnt. Besonders heraus stechen die vier Cowboys, die den Zuschauer mit auf die Reise in eine längst vergessene Welt nehmen.

Die "European Outdoor Film Tour" ist in bis zum 8. Februar 2016 in vielen deutschen Städten unterwegs. Alle Termine hier zum Nachlesen.

 

Quelle: ntv.de

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