Amy Schumer ist die "Dating Queen" "Monogamie ist unrealistisch"
13.08.2015, 10:48 Uhr
Kann das gutgehen? Amy (Amy Schumer) und Aaron (Bill Hader) verbringen eine gemeinsame Nacht.
(Foto: Universal Pictures)
In Sachen Comedy kommt man in den USA derzeit nicht an Amy Schumer vorbei. In der Komödie "Dating Queen" kann man sich jetzt von ihrem so lebensechten wie derben Humor überzeugen. Mit den Sexszenen ist sie jedenfalls zufrieden, erzählt sie.
Der Vater ist schuld. Er hat seinen beiden Töchtern eingebläut, dass Monogamie nichts mit der Realität zu tun hat. "Monogamie ist unrealistisch", lässt er Amy und Kim im Chor aufsagen. Doch während die eine Tochter Jahre später glücklich verheiratet ist und ihr zweites Kind erwartet, ist die Lektion bei Amy hängengeblieben: Die Redakteurin eines Männermagazins reiht One-Night-Stand an One-Night-Stand und lässt sich nebenbei regelmäßig volllaufen. Bis sie bei einer Recherche auf den schüchternen Sportarzt Aaron trifft und es gehörig funkt.
Ja, "Dating Queen" ist eine romantische Komödie. Aber keine gewöhnliche. Denn eine solche ehrliche und selbstbewusste Hauptdarstellerin gibt es bisher leider viel zu selten. "Verurteilt mich nicht, ihr Arschlöcher", sagt Amy gleich zu Beginn des Films. "Ich bin ein sexuelles Mädchen." Diese Offenheit kommt nicht von ungefähr: Amy wird von der Comedian Amy Schumer gespielt, die den Film nicht nur geschrieben und coproduziert hat, sondern auch die Hauptrolle übernahm. Und sie spielt sich dabei ein wenig selbst.
Dirty Talk will gelernt sein
"Ich liebe die Film-Amy", sagt Schumer im Interview mit n-tv.de. Und sie habe kein Problem damit, dass Zuschauer die Filmfigur mit der echten Amy verwechseln könnten: "Die Filmfigur ist eine Version von mir, als ich etwa 19 Jahre alt war. Damals habe ich mehr getrunken und mit ein paar Männern geschlafen", erzählt sie, stellt aber klar: "Ich bin stolz auf mich und auf Amy im Film."
Heute ist Schumer der neueste Star im US-amerikanischen Comedy-Geschäft. Ihre Show "Inside Amy Schumer" auf Comedy Central bekommt nicht nur glänzende Kritiken, sondern ist auch beim Publikum sehr beliebt. Vielleicht, weil sie sich darin schonungslos offen gibt, auch in persönlichen Dingen. Sie lästert hemmungslos über den modernen Alltag, über Beziehungen und Sex, die in der Realität natürlich weitaus komplizierter und schmutziger sind, als es Film und Fernsehen oft suggerieren. Und sie nimmt auch immer wieder genüsslich Sexismus oder unrealistische Schönheitsideale aufs Korn.
So unterläuft auch "Dating Queen" viele Klischees anderer romantischer Komödien. Denn natürlich kann man sich bei Dates und im Bett ziemlich ungeschickt anstellen. "Ich mag Sexszenen in Filmen", sagt Schumer. "Und ich mochte die Sexszenen in unserem Film, denn sie sind so anders." Tatsächlich zeigt eine der witzigsten Szenen den misslungenen Versuch, den Sex mit Dirty Talk aufregender zu machen. Und Amys Mimik dabei verrät, dass Sex auch sehr eintönig und langweilig sein kann. Dass die Sexszenen gleichzeitig sehr lustig und realistisch sind, ist jedenfalls ein gutes Beispiel für Schumers lebensechten und manchmal auch sehr derben Humor.
Ein großartiges Ensemble
Wie in ihrer Comedy-Show hat sie viele eigene Erfahrungen im Film verarbeitet, von der Beziehung zu einem Wrestler bis zur Scheidung der Eltern. Doch sie verpackt das humorvoll: "Ich finde, dass die ehrlichsten Momente, die schmerzhaftesten Momente im Leben auch die lustigsten sein können. Meine Familie hatte eine schwere Zeit und ich denke, dass jede Familie ihre Dramen erlebt. Aber wir haben einen Weg gefunden, über all das zu lachen", erklärt sie. Eines jener Dramen war die schwere Erkrankung ihres Vaters. Auch im Film leidet Amys Vater an der Nervenkrankheit Multiple Sklerose. "Es war sehr wichtig für mich, die Geschichte und Persönlichkeit meines Vaters zu bewahren", sagt Schumer. "Das war eine Möglichkeit, eine Art Liebesbrief an meinen Vater zu schreiben."
Diese dramatischen Konflikte spielen sich im Hintergrund des Films ab. Sie verleihen ihm Substanz und den Charakteren Tiefe, was "Dating Queen" zu einer ungewohnt lebensnahen Romantikkomödie macht. Wobei das Wort Komödie groß geschrieben wird, denn die Witze sind mitunter derb und anzüglich. Schumer hat dafür mit einem Regisseur zusammengearbeitet, der für genau diesen Humor bekannt ist: Judd Apatow steht hinter Serien wie "Freaks and Geeks" und "Girls" und Filmen wie "Jungfrau (40), männlich, sucht" und "Beim ersten Mal". Und er hat immer wieder mit bekannten US-Komikern gearbeitet, darunter Steve Carell, Seth Rogen, James Franco und Paul Rudd.
So hatten Schumer und Apatow bei der Besetzung der Nebenrollen die Qual der Wahl: "Für jeden Film sucht man sich Stück für Stück eine Gruppe zusammen, in der die Chemie stimmt", erklärt Apatow. "Und wenn man die richtige Gruppe zusammenbekommt, ist es hoffentlich lustig." Das ist beiden gelungen: Bill Hader, selbst jahrelang Comedian, spielt Sportarzt Aaron. Tilda Swinton spielt Amys Chefin und macht das so perfide, dass selbst Meryl Streep in "Der Teufel trägt Prada" wie ein zahmes Kätzchen daherkommt. Hinzu kommen witzige Minirollen für Daniel Radcliffe, Marisa Tomei und Matthew Broderick. Doch auch Basketball-Superstar LeBron James überzeugt in einer Nebenrolle. Wie der Film überhaupt viele Anspielungen auf den US-Sport auffährt, von denen viele dem deutschen Publikum aber entgehen dürften. Schumer ist ohnehin wie ihre Figur im Film kein Sport-Fan: "Ich denke nicht, dass Sport doof ist. Ich will ihn nur nicht sehen."
Zu wenig weibliche Komödien
Dafür möchte man Schumer nach "Dating Queen" öfter im Kino sehen. Sie selbst kann sich das auch vorstellen: "Ich liebte es, diesen Film zu machen. Es war die beste Zeit meines Lebens. Das sagt eine Menge aus, denn ich liebe meine TV-Show und ich liebe Stand-up-Comedy." Doch bei den Dreharbeiten sei sie weniger nervös gewesen als sonst. "Wir hatten mehr Zeit und Unterstützung und Geld", erzählt sie. "Bei der Fernsehshow hat man einen Versuch für jede Szene. Im Film konnten wir mehr experimentieren."
Eine Selbstverständlichkeit sind neue Hauptrollen aber nicht. Das verwundert auch Apatow: "Es ist schwer, den Grund zu finden, warum Hollywood nicht mehr Energie in weibliche Komödien steckt." Nur langsam spürt er dabei einen Wandel, was er auf die vielen jungen Comedy-Gruppen oder auf beliebte Webseiten wie Funny or Die zurückführt. "Da gibt es sehr viele brillante Frauen", sagt Apatow. Und weil Frauen die Hälfte der Weltbevölkerung stellten, sollte es auch so viele Filme über und von Frauen geben.
Wenn dabei Streifen wie "Dating Queen" herauskommen - gerne. Der Film erfindet zwar die romantische Komödie nicht neu, dafür setzt Apatow zu sehr auf herkömmliche Stilmittel und eine absehbare Spannungskurve. Doch gleichzeitig wirbelt der Film mit seiner stets präsenten Hauptdarstellerin und ihrem schonungslos offenen und derben Humor das Genre ordentlich durcheinander. Den Namen Amy Schumer sollte man sich zumindest schon mal merken.
"Dating Queen" läuft ab dem 13. August 2015 in den deutschen Kinos.
Quelle: ntv.de